Wenn der neue Chef des amerikanischen Generalkonsulats in München von einem „historischen Ereignis in dieser Woche“ spricht, hört man gleich genauer hin. Kamala Harris? Donald Trump? Wer wird zum US-Präsidenten oder zur Präsidentin gewählt? Wie sind die Prognosen und Hoffnungen? Doch James Miller, seit September der neue US-Top-Diplomat für München und Bayern mit Sitz im hochgesicherten Generalkonsulat am Englischen Garten, meint etwas ganz anderes: Es geht um das Spiel der amerikanischen Football-Liga NFL in München am kommenden Sonntag.
Ende der Woche rücken die New York Giants gegen die Carolina Panthers in der Fröttmaninger Arena an. Es ist ein gigantischer Aufwand: Die je 53 Mitglieder eines Footballteams benötigen mit ihren Mitarbeitern ein eigenes Flugzeug, der Umbau der Arena inklusive Verlängerung des Rasens dauert ein paar Tage, und dann kommt noch der Aufbau des Drumherums hinzu, wozu Merchandising-Shops und Kioske zählen. Denn das erste von vier NFL-Spielen in Deutschland vor zwei Jahren war ein Riesenerfolg – in kommerzieller Sicht, um den europäischen Absatzmarkt für Football zu vergrößern. Und auch aus Fankultur-Sicht: Neun Millionen Menschen sahen das Spiel live, davon rund 1,6 Millionen in Deutschland.
James Miller, Cambridge- und Harvard-Absolvent, zuvor tätig in der Abteilung für europäische Angelegenheiten im US-Außenministerium, Nahost-Experte mit Dienststationen in Botschaften wie Bagdad, Tel Aviv oder Tripolis, besinnt sich am Montag auf die angenehmen Seiten seines Jobs. Im Restaurant Brenner an der Maximilianstraße präsentiert er mit Gastronom Rudi Kull ein sogenanntes Touchdown Menu für die NFL-Week. Das gibt es die ganze Woche bis zum NFL-Spiel, denn die transatlantische Freundschaft lebe schließlich auch von der gegenseitigen Pflege der Kultur. Das sind in diesem Fall Spezialitäten aus Carolina und der Ostküste wie Crabcakes, Manhattan Clam Chowder, Prime Filet Mignon oder Pecan Pie.
Kulinarische Genüsse dürften auf jeden Fall der amerikanischen Community dabei helfen, die Nervosität vor dem Wahlgang am 5. November plus Zeitverschiebung zu überbrücken. Da gibt es ja noch einige gesellschaftliche Aufschläge, bevor das Wahlergebnis klar ist. Und was sagt man da nur? Etwa beim traditionellen Silbertee, zu dem der Deutsch-Amerikanische Frauenclub München an diesem Dienstag in den Kaisersaal der Residenz einlädt. Zu der Charity-Veranstaltung kommt auch der neue US-Generalkonsul, dazu Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann, Justizminister Georg Eisenreich und die Frau des Ministerpräsidenten, Karin Baumüller-Söder. Allesamt als Ehrengäste angekündigt, und alle wollen natürlich irgendwie über die US-Wahl reden, obwohl man da noch nichts Genaues weiß. Miller, ganz der Diplomat, hat selbstredend die passende Antwort: „Egal, was in Washington passiert, meine Arbeit bleibt die gleiche. Ob Demokratin oder Republikaner, es wird keine Änderung geben.“
Die Wahlbeteiligung der US-Bürgerinnen und Bürger, die in Deutschland leben, ist übrigens meist sehr niedrig. Nur 25 Prozent von ihnen haben im Jahr 2020 gewählt. Ein Grund dafür ist auch das komplexe Verfahren, um Briefwahlunterlagen anzufordern. Jeder amerikanische Bundesstaat hat hier eigene Regeln.