Süddeutsche Zeitung

München/Unterschleißheim:Hundert Bäume für die große grüne Mauer

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Circa hundert Bäume will Maximilian Girbinger im und um das im Bau befindliche Handelszentrum setzen und zum Gedeihen bringen

Im heißen Wüstensand einen Mango- oder Limonenbaum zu pflanzen, der bei 42 Grad im Schatten nicht gleich am nächsten Tag den Hitzetod erleidet, das ist eine Kunst. Circa hundert Bäume will Maximilian Girbinger im und um das im Bau befindliche Handelszentrum setzen und zum Gedeihen bringen. Der 74-Jährige sieht sein Vorhaben als weiteren Beitrag für den Klimaschutz und als Teil der "großen grünen Mauer", mit der die Afrikanische Union seit 2007 dem Klimawandel und der Desertifikation begegnen will. Damit schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Das Projekt hat nicht nur einen ökologischen Nutzen, es bietet jungen Leuten im Ort auch die Möglichkeit, wenigstens ein wenig Geld mit der Pflege der empfindlichen Setzlinge zu verdienen.

Um die Ausgaben finanzieren zu können, hat der findige Metallbaumeister in Rente die "Aktion Klima" ins Leben gerufen und bietet Interessenten seit einigen Wochen die Übernahme einer oder mehrerer Baumpatenschaften an. "Sie sind sein Pate - er trägt ihren Namen" heißt es im Untertitel der Aktion. Jedem Baum wird also ein Schild mit den Namen seines Paten umgehängt, der denn auch ein Foto seines Baumes zugeschickt bekommt. Der Pate bezahle ausschließlich die Ausgaben, die ihm selbst entstehen, betont Girbinger - und das sind 133 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Kosten für den Wurzelballen und das unbedingt notwendige Drahtgitter zum Schutz vor Wildverbiss (37 Euro) und dem Lohn für Jugendliche, die den Baum ein ganzes Jahr lang täglich pflegen und gießen, monatlich acht Euro.

Aus seiner alten Heimat sind bereits die ersten Bestellungen eingegangen. "Diese Baumpflanz-Aktion ist einfach genial und sollte sich schnell ausbreiten", sagt Inge-Marie F. aus Olching, die für ihre beiden Enkelinnen bereits je eine Patenschaft geordert hat, "in der Hoffnung, dass sie in der Schule Werbung dafür machen", wie sie sagt. Sie konnte zwischen Mango, Limone, Orange, Baumwolle und Behennuss wählen.

Ausgerechnet zwei Mangos hat sie bestellt. "Alles wächst wie wild, nur der Mango macht Probleme, der verträgt die Sonne nicht", teilt Girbinger mit. Drei von vier sind eingegangen, jetzt hat er neue gekauft und zieht sie in einer Schale im Büro hoch. Einer trägt den Namen von Christine Gningue aus Unterschleißheim, einer mit einem Senegalesen verheirateten gebürtigen Senegalesin, die Girbinger von erster Stunde an beisteht.

Durch 80 Zentimeter Sand muss man hier am Rande der Sahara graben, um auf Naturboden zu stoßen. Danach wird eine bereits gedüngte Pflanzmischung in das Loch geschüttet, der Wurzelballen mit schwarzer Erde eingesetzt und ein rundes Drahtgitter darüber platziert, weil Ziegen, Büffel und Kamele das junge Grün zum Fressen gerne haben. "Jetzt haben wir sogar Holzdeckel draufgelegt, weil die ihre Nase tief reinstecken können", berichtet Girbinger. Danach steht ein Jahr Pflege an. Mit dem Pferdefuhrwerk wird das Gießwasser jeweils für drei, vier Tage in leeren Ölfässern angekarrt. Damit wird ein Jahr lang jedes Bäumchen gegossen, morgens und abends. "Nach einem Jahr dürften die Bäume aus dem Schneider sein", glaubt der 74-jährige. Bald wird es mehr Schattenplätze geben hier in der Wüste - und auch frisches Obst. Einen Solartrockner hat Girbinger bereits gebaut. Potenzielle Baumpaten finden weitere Informationen auf der Website der Genossenschaft Centre Sen Creatif www.centre-sen-creatif.com (Kontakt: centre-sen-creatif@web.de).

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SZ vom 07.05.2021 / mm
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