Sie haben große Pläne. Die Präsidenten der beiden großen Münchner Universitäten wollen expandieren, sie wollen investieren, neue Wissenschaftsgebiete besetzen und sich selbstbewusst dem Wettbewerb mit den weltweiten Spitzen-Universitäten stellen. Doch zuallererst bremsen sie die Euphorie.
Mitte Juli sind die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und die Technische Universität (TU) erneut zu Exzellenz-Universitäten gekürt worden - sie sind die einzigen beiden Unis in Deutschland, die seit der ersten Entscheidung in der Exzellenz-Initiative von Bund und Ländern im Jahr 2006 ununterbrochen gefördert werden. Doch der Staatsregierung ist das nicht genug. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte in der vergangenen Woche, mit nur zwei bayerischen Exzellenz-Unis wolle er sich nicht abfinden, und kündigte an, eine Milliarde Euro in die Wissenschaft zu investieren.
Hochschulen:München hat weiter zwei Exzellenz-Unis
Die Ludwig-Maximilians-Universität und die Technische Universität verteidigen den prestigeträchtigen Titel. Das bedeutet für beide Hochschulen zusätzliche Gelder in Millionenhöhe.
Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) erklärte am Montag am Rande einer Feierstunde nicht nur, dass in München künftig noch mehr Spitzenforschung getrieben werden solle. Sondern auch, wie er gezielt die Unis außerhalb Münchens stärken will. Sie sollen unter anderem modernisiert werden sowie in der Forschung enger zusammenarbeiten. An mindestens zwei weiteren Standorten solle genügend ausgezeichnete Forschung etabliert werden, um sich um den Status einer Exzellenz-Uni bewerben zu können, sagte Sibler. Doch die Münchner mahnen: Der Freistaat dürfe darüber nicht vergessen, was er schon hat.
"Exzellenz ist kein Selbstläufer", sagte LMU-Präsident Bernd Huber am Montag. Eine dritte bayerische Exzellenz-Universität sei "ein schönes Ziel", aber es sei ebenso wichtig, die bisherigen Erfolge zu festigen: In sieben Jahren müssen sich die Münchner Universitäten einer Evaluation stellen. "Der Wettbewerb verschärft sich", warnte Wolfgang Herrmann, der scheidende Präsident der TU. Sein designierter Nachfolger Thomas Hofmann sagte, um den Status zu halten, müssten die Münchner Unis wohl noch an Innovationskraft zulegen.
Was sie verändern wollen, haben Huber, Herrmann und Hofmann am Montag ebenfalls skizziert. Von November an fließt das Geld der Exzellenz-Strategie auf die Konten von LMU und TU. 20 Millionen Euro erhalten beide gemeinsam im Jahr, der Freistaat schießt weitere etwa sechs Millionen Euro zu. Und die TU zum Beispiel wolle dieses Geld nutzen, um sich selbst neue Strukturen zu geben, erklärte Herrmann; wobei das Geld nicht reichen werde. Um den geplanten Umbau zu finanzieren, werde die TU auch 170 Millionen Euro selbst erwirtschaftetes, gespartes oder von Stiftungen erhaltenes Geld ausgeben.
Die wahre Konkurrenz besteht nicht zwischen LMU und TU
Im Einzelnen will die TU ihre Lehrpläne ändern, um die Sozial- und Geisteswissenschaften zu stärken und enger mit den Technikwissenschaften zu verzahnen; diesen Kurs steuert die Universität seit Jahren. Darüber hinaus wolle sie sich von der Gliederung in Fakultäten lösen, um flexibler zu werden und Themen schneller aufgreifen zu können, kündigte Hofmann an.
Die TU wolle außerdem noch internationaler werden, sagte Herrmann. Lange habe sie schwerpunktmäßig in Asien expandiert. Nun wolle sie eine Zweigstelle in London gründen. Dort hat die TU schon Ende 2018 eine Partnerschaft mit dem Imperial College geschlossen. Jetzt soll eine eigene Miniatur-Universität entstehen, vergleichbar mit der 2002 eröffneten Niederlassung der TU in Singapur. Dort bietet die TU Bachelor- und Master-Studiengänge sowie Doktoranden-Programme an; das "German Institute of Science and Technology" ist zudem Brückenkopf für Ausgründungen. Ähnliches sei nun in London geplant - und damit wolle man auch ein Zeichen in Zeiten des Brexit setzen, sagte Herrmann. London werde eine Metropole der Wissenschaft und der Wirtschaft bleiben.
Die LMU hingegen werde die Millionen aus der Exzellenz-Strategie nutzen, um zusätzliche Forscher einzustellen und so einen bevorstehenden Generationswechsel unter den Spitzenwissenschaftlern abzufedern, sagte Huber. So könne man zum Beispiel bereits die Nachfolger von Professoren berufen, bevor jene in den Ruhestand gehen. Außerdem will die LMU Nachwuchsforscher stärker fördern und neue Wissenschaftsgebiete schneller besetzen, so wie zuletzt die mathematische Philosophie, in der die LMU nun führend sei. Darüber hinaus will sich die Universität stärker vernetzen. Ein Fonds soll den Wissenstransfer in die Wirtschaft unterstützen. Und man wolle stärker zum Beispiel mit Museen kooperieren, um die Menschen außerhalb der LMU an die Wissenschaft heranzuführen.
Beide Universitäten haben vor, enger zusammenzuarbeiten. LMU und TU stünden in einem Wettbewerb, und das sei gut, denn der sei eine Triebkraft, sagte Hofmann. Doch die wahre Konkurrenz bestehe nicht zwischen TU, LMU und etwa der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sondern zum Beispiel zwischen dem Raum München, Boston und der Bay Area von San Francisco.