Süddeutsche Zeitung

München und Freising:Erzbistum nimmt 735.000.000 Euro ein

  • Das Erzbistum München und Freising verzeichnet einen neuen Rekord-Etat: 735 Millionen Euro.
  • Und das obwohl tausende Menschen im vergangenen Jahr aus der katholischen Kirche ausgetreten sind.

Von Jakob Wetzel

Das Erzbistum München und Freising verzeichnet Rekorde, im Guten wie im Schlechten. 20 552 Menschen sind hier im vergangenen Jahr aus der katholischen Kirche ausgetreten, fast so viele wie im Missbrauchsjahr 2010. Ende 2014 lebten nur noch 1,739 Millionen Katholiken auf dem Gebiet des Erzbistums, so niedrig war diese Zahl seit mehr als 50 Jahren nicht mehr. Doch finanzielle Konsequenzen für die Kirche hat der Mitgliederschwund offenbar kaum.

Am Donnerstag hat das Erzbistum seinen Etat für das Jahr 2015 veröffentlicht und einmal mehr einen Rekord präsentiert. Die Kirche rechnet mit Einnahmen und Ausgaben in Höhe von jeweils 735 Millionen Euro; das sind 36,5 Millionen Euro beziehungsweise 5,2 Prozent mehr als im Jahr 2014, der Haushalt ist ausgeglichen. Nie hat das Erzbistum mehr umgesetzt - und dabei ist die tatsächliche Finanzkraft der Kirche voraussichtlich noch einmal erheblich höher.

Etwa drei Viertel der Einnahmen stammen aus der Kirchensteuer - und trotz der hohen Austrittszahlen kalkuliert die Kirche hier mit deutlich mehr Geld, nämlich mit insgesamt 545,3 Millionen Euro. Das ist ein Zehntel mehr als noch im Haushalt für 2014. Die neue Zahl sei wie in den vergangenen Jahren bewusst niedrig veranschlagt, sagte Markus Reif, der Finanzdirektor des Erzbistums. So könne die Kirche dank zu erwartender Mehreinnahmen flexibel auf aktuelle Herausforderungen reagieren.

Was die Austritte der Kirche kosten

2014 etwa hatte die Kirche zunächst mit Kirchensteuer-Einnahmen in Höhe von nur 495 Millionen Euro gerechnet, tatsächlich aber dann 564 Millionen Euro kassiert. Insgesamt überstiegen die Einnahmen den Haushaltsplan um 121 Millionen Euro. Das zusätzliche Geld legte das Erzbistum zum Großteil für Bauvorhaben wie den Umbau des Freisinger Dombergs oder die Generalsanierung der Garmischer Schule Sankt Irmengard zurück, stockte damit die Rücklagen von Kirchenstiftungen auf oder steckte es in Sanierungen von deren Kirchen und Pfarrgebäuden.

Die Kirchenaustritte hätten das Erzbistum 2014 grob geschätzt etwa zehn Millionen Euro an Kirchensteuern gekostet, sagte Finanzdirektor Reif auf Nachfrage. Die wegbrechenden Mitglieder hätte die Kirche aber zumindest finanziell durch Zuzüge sowie durch die steigenden Einkommen der Gläubigen kompensieren können. Die Kirchensteuer ist an die Einkommenssteuer gekoppelt; steigen die Einkommen, steigen deshalb auch die Einnahmen der Kirche. So hat das Erzbistum im vergangenen Jahr gar um 2,7 Prozent mehr Kirchensteuer eingenommen als 2013, trotz der hohen Zahl von Kirchenaustritten.

Warum die Kirche nicht von einem Erfolg sprechen will

Von einem erfolgreichen Jahr 2014 wollte Generalvikar Beer am Donnerstag dennoch nicht sprechen. Die Austrittszahlen machten ihn traurig, die Kirche müsse sich fragen, was sie besser machen könne, sagte er. Der Verlust an Gläubigen sei nicht kompensierbar. "Der Erfolg der Erzdiözese bemisst sich nicht an den Kirchensteuereinnahmen, sondern daran, wie wir den Menschen helfen können." Hier aber dürfe die Kirche nun nicht in Hektik verfallen, sondern müsse verantwortlich mit dem Geld der Gläubigen umgehen.

Beer nannte drei Bereiche, in denen sich die Kirche engagieren müsse: Sie müsse sich um das Bestehende kümmern, etwa um das Diözesanmuseum oder um kirchliche Schulen. Dann müsse sie sich den Herausforderungen der Gegenwart stellen, allen voran der Hilfe für Flüchtlinge. Im Etat für 2015 sind hierfür fünf Millionen Euro an "Sondermitteln" ausgewiesen. Die Kirche könne aber nicht staatliche Aufgaben ersetzen, warnte Beer.

Und schließlich müsse sie sich um ihre Zukunftsfähigkeit sorgen. Dazu gehöre unter anderem, ihre Seelsorger zu entlasten. So sieht der aktuelle Haushalt zum Beispiel 800 000 Euro vor, mit denen ab Herbst die ersten Verwaltungsleiter bezahlt werden sollen, die den Pfarrern in den Pfarreien helfen sollen.

Überhaupt fließen mehr als 400 Millionen Euro und damit mehr als die Hälfte des eingenommenen Geldes wie in den vergangenen Jahren in das Personal des Erzbistum und der Pfarreien. Die meisten dieser Mitarbeiter arbeiten in kirchlichen Kindertagesstätten.

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SZ vom 24.07.2015/mmo
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