Klimaaktivismus:Umweltinitiativen pochen auf Umsetzung von Bürgerbegehren

Klimaaktivismus: Gegner der dritten Startbahn am Flughafen München, hier bei einer Demo vor der Allerheiligenhofkirche, waren zum Auftakt des 13. Klimaherbstes im Münchner Rathaus.

Gegner der dritten Startbahn am Flughafen München, hier bei einer Demo vor der Allerheiligenhofkirche, waren zum Auftakt des 13. Klimaherbstes im Münchner Rathaus.

(Foto: Catherina Hess)
  • Zum Auftakt des 13. Klimaherbsts fordern die Umweltinitiativen die Stadtpolitik auf, die Ziele der Bürgerbegehren und -entscheide umzusetzen.
  • Zu den Bündnissen zählen "Aufgemuckt" gegen eine dritte Startbahn am Flughafen, "Sauba sog i" für sauberere Luft, "Raus aus der Steinkohle" und "Fridays for Future".
  • Benedict Boucsein, Professor für Urban Design der Technischen Universität München, fordert "eine Kulturänderung" der Gesellschaft.

Von Thomas Anlauf

Sie sind alle noch da - und sie bleiben in ihren Zielen hartnäckig: die Initiatoren der Bürgerbegehren von "Aufgemuckt" gegen eine dritte Startbahn am Flughafen, von "Sauba sog i" für sauberere Luft in München, von "Raus aus der Steinkohle" gegen das Kohlekraftwerk im Münchner Norden und die erfolgreichen Aktivisten des Radentscheids.

Gemeinsam mit zwei jungen Mitstreitern von "Fridays for Future" stehen sie alle auf der Bühne im Alten Rathaus - als Zeichen dafür, dass sich Hunderttausende Münchner in den vergangenen Jahren auf Demonstrationen, mit Unterschriften und bei Abstimmungen für mehr Umwelt- und Klimaschutz in München stark gemacht haben. Zum Auftakt des 13. Klimaherbsts forderten die Umweltinitiativen die Stadtpolitik auf, die Ziele der Bürgerbegehren und -entscheide nun auch umzusetzen.

CSU-Politiker Manuel Pretzl, als Zweiter Bürgermeister sozusagen Hausherr des Münchner Klimaherbsts, tut sich in seiner Begrüßungsrede am Dienstagabend etwas schwer, schließlich sind viele Forderungen der Münchner nicht unbedingt die der Staatsregierung und der CSU-Stadtratsfraktion - ob das nun der Stopp der dritten Startbahn ist oder der Ausbau des Radverkehrs auf einer Schnelltrasse über die Leopoldstraße.

"Wir haben auch im Vorfeld das ein oder andere getan", sagt Pretzl. Die Image-Kampagne "Cool City" etwa, die noch sein Bürgermeister-Vorgänger und Parteifreund Josef Schmid eröffnet hatte, sei so ein Beitrag zum Klimaschutz. Daran sehe man, "Klimaschutz kann auch Spaß machen". Pretzl erinnert auch an die Planungen für neue Busspuren und daran, dass München die Radverkehrspauschale von fünf auf nun 25 Millionen Euro pro Jahr angehoben hat, um die Infrastruktur auszubauen. Dafür erntet der Zweite Bürgermeister auch reichlich Applaus von den etwa 300 Gästen im Alten Rathaus.

Dann rechnet Jessica Le Bris von der Münchner Umweltorganisation Green City vor, dass die Münchner Autofahrer 140 Stunden pro Jahr im Stau stehen und andere Großstädte längst das Autofahren finanziell möglichst unattraktiv gestalten, etwa Tokio, wo ein öffentlicher Stellplatz 700 Euro im Monat kostet - in München sind es 30 Euro pro Jahr für eine Anwohner-Parklizenz. Le Bris appelliert jedoch, nicht Einzellösungen für das Verkehrsproblem zu suchen, sondern einen Mix aus vielen Angeboten von öffentlichen Verkehrsmitteln, über Carsharing und Radfahren bis zum Fußverkehr in München zu fördern. "Es geht ums Kombinieren", sagt Le Bris. Das Auto als Verkehrsmittel bezeichnet sie hingegen als "Dilemma der Moderne".

Benedict Boucsein, Professor für Urban Design der Technischen Universität München, fordert "eine Kulturänderung" der Gesellschaft, um die Verkehrswende und die Herausforderungen des Klimawandels zu meistern. Er ist sich sicher, dass die Menschen in eine neue Epoche aufbrechen müssen, in der die ständige Beschleunigung des Lebens und des Fortbewegens der Vergangenheit angehören. Es müssten neue Maßstäbe gesetzt werden - nicht das Bruttoinlandsprodukt sei wichtig, sondern die allgemeine Lebensqualität. Und die Gesellschaft müsse sich neue Ideale setzen, etwa, dass es selbstverständlich sei, sich nur noch mit der Kraft der Sonne fortzubewegen.

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hingegen ist der Ansicht, "dass wir das Rad nicht neu erfinden müssen". Er sehe insbesondere in der Wärmedämmung von Gebäuden "das größte Potenzial", um den gesteckten Klimazielen näher zu kommen. Zudem sei es "wichtig, dass wir darüber nachdenken, wo wir Energie eigentlich gar nicht brauchen". Glauber fordert deshalb Umweltorganisationen, Wissenschaftler und Unternehmen auf, sich der bayerischen Klima-Allianz der Staatsregierung anzuschließen und für den Klimaschutz aktiv zu werden. Der Münchner Klimaherbst ist seit Dienstagabend nun auch offiziell Partner der Allianz, er sieht sich als Plattform, nicht als Aktionsbündnis. Andreas Schuster vom Bündnis Radentscheid mahnt deshalb zur Eröffnung: "Ungemütlich bleiben und dranbleiben."

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