Neues Referat:Diese Frau wird Münchens neue Umweltreferentin

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Bei den Stadtwerken hat Christine Kugler schon eine Firma in der Firma geleitet. Künftig ist sie für ein ganzes Referat zuständig. (Foto: Robert Haas)

Christine Kugler war bislang die Chefin der SWM-Bäder. Nun soll sie Münchens neues Umwelt- und Klimareferat leiten. Sie bringt viel Erfahrung mit.

Von Heiner Effern, München

Das Prinzip des Kreislaufs ist in der Ökologie bestens bekannt, und für die Frau, die künftig den Klima- und Umweltschutz in München an vorderster Stelle verantworten soll, schließt sich ein solcher Kreis. Die 49 Jahre alte Christine Kugler sammelte einst erste Berufserfahrungen als Praktikantin im Umweltreferat, schrieb eine Diplomarbeit über die Münchner Umweltpolitik - und soll nun am 16. Dezember vom Stadtrat zur neuen Referentin für Klima- und Umweltschutz gewählt werden. Das gab die Fraktion der Grünen, die laut Koalitionsvertrag das Vorschlagsrecht besitzt, am Dienstag bekannt.

Kugler ist in der Münchner Stadtpolitik aber keine Unbekannte: Sie arbeitet seit 18 Jahren in verschiedenen Funktionen für die Stadtwerke München (SWM), seit 2007 ist sie Leiterin der Bäder. "Christine Kugler ist die ideale Besetzung für das Referat für Klima- und Umweltschutz: Sie ist führungserfahren, bestens vernetzt und verfügt über die nötige Fachexpertise", sagt Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne). Ihre Partei und Fraktion hat damit die zweite Schlüsselposition besetzt, mit der sie die Ziele aus dem Wahlkampf politisch umsetzen will.

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Im Oktober bestellte der Stadtrat auf Vorschlag der Grünen Georg Dunkel zum neuen Mobilitätsreferenten, der die Verkehrswende in der Stadt vorantreiben soll. Die beiden Personalien weisen unübersehbare Parallelen auf. Die Grünen haben bundesweit und intensiv gesucht, sich dann aber für eine Kandidatin und einen Kandidaten entschieden, die die Stadt und ihre Verwaltung bestens kennen und die man nicht unbedingt auf dem Zettel der Favoriten hatte. Dunkel leitete bisher die Verkehrsplanung im Planungsreferat. Beide Referenten sind zudem nicht Mitglied bei den Grünen und sollen am 1. Januar den neuen Job antreten.

Bei der Auswahl sei es alleine um die fachliche Qualifikation gegangen, zudem sollte die Arbeit schnell und effektiv mit Tag eins losgehen, sagt Habenschaden. Christine Kugler habe in verschiedenen Führungspositionen bei den Stadtwerken "immer die großen Transformationsaufgaben auf den Gebieten des Klima- und Umweltschutzes im Blick und hat auch als Bäderchefin ihren Betrieb in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickelt", sagt Fraktionschef Florian Roth. Die beiden Grünen-Politiker zeigen sich "hocherfreut, dem Stadtrat eine so kompetente und erfahrene Fachfrau auf so vielen Gebieten des Klima- und Umweltschutzes, der Energiewirtschaft und des nachhaltigen Wirtschaftens vorschlagen zu können."

Wer sich als normaler Schwimmbadbesucher nun fragt, was der Job als Bäderchefin denn groß mit Umweltschutz zu tun hat, für den hat Kugler mehr als einen Satz und eine Idee parat. Das Schöne an ihrem jetzigen Job sei, dass sie bei den Stadtwerken eine Firma in der Firma leite und so große Freiheiten bei der Gestaltung habe, schickt sie voraus. Also hat sie für ihren Betrieb eine Gemeinwohlbilanz eingeführt, in der alle Entscheidungen auch auf ihre ökologische Nachhaltigkeit, verträgliche Lieferketten oder die Achtung der Menschenwürde geprüft werden. Dazu seien bei den Bädern auch ein CO₂-Fußabdruck, energetisches Bauen und die Verwendung regenerativer Energien wichtige Themen, sagt Kugler. Sie sei eine "Überzeugungstäterin" im Umwelt- und Klimaschutz.

Vor ihrer Zeit als Bäderchefin durchlief sie bei den Stadtwerken verschiedene Stabsstellen. Sie leitete unter anderem den Bereich Energiestrategie. "Dann kam der Sprung in die Bäder, vom Elfenbeinturm ins operative Geschäft", sagt Kugler. In dieser Zeit sattelte sie auf ihren Hochschulabschluss in Verwaltungswissenschaften, den sie in Konstanz erworben hat, noch einen Masterabschluss an der Uni Bern berufsbegleitend nach. Das Studienthema: nachhaltige Entwicklung. Diese will sie gerade im Energiebereich, da ist sie mit der Fraktion der Grünen einig, mit ihrem jetzigen Arbeitgeber SWM in einer Schlüsselposition vorantreiben.

Die Stadtwerke verabschieden sie, etwas vorzeitig, dann auch mit warmen Worten. Kugler habe "die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz stets im Blick gehabt und aktiv vorangetrieben. Ich bin überzeugt, dass sie dieses Engagement in ihrer neuen Rolle als Klima- und Umweltschutzreferentin erfolgreich weiterführen wird", sagt Werner Albrecht, bei der SWM Geschäftsführer für Personal, Immobilien und Bäder. Nicht minder positiv äußert sich der Koalitionspartner SPD. Oberbürgermeister Dieter Reiter sagt, er schätze die "kompetente" Bäderchefin. "Sie kennt sich auch im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz bestens aus." Neben der fachlichen Expertise würdigt Fraktionschef Christian Müller die "Führungskompetenz", die Kugler als langjährige Stadtwerke-Mitarbeiterin gezeigt habe.

Der Kreis schließt sich für das neue Gesicht der Münchner Klimaschutzpolitik aber auch politisch. Bevor sie 2002 zu den Stadtwerken wechselte, arbeitete die in Backnang (Baden-Württemberg) aufgewachsene Kugler drei Jahre für die Stadtratsfraktion der Grünen. Ihre Themen damals: Energie- und Umweltpolitik. Nun soll sie laut Fraktionschef Roth dafür sorgen, dass die Stadt ihre Klimaziele erreicht. Dafür gelte es eine Strategie zu entwickeln und umzusetzen. Was sie im Speziellen und darüber hinaus voranbringen soll, haben Grüne und SPD im Koalitionsvertrag festgehalten. Klar definierte Ziele gibt es etwa bei der Klimaneutralität. Die Verwaltung soll bis 2030 soweit sein, die gesamte Stadt 2035. Die Stadtwerke sollen zudem die Klimaneutralität bei der Fernwärme ebenfalls 2035 erreichen, und nicht erst wie jetzt vorgesehen im Jahr 2040.

Die Grünen haben also hohe Erwartungen an ihre Referentin, im Gegenzug haben sie ihr trotz der pandemiebedingten desolaten Haushaltslage das volle geplante Umweltbudget von 100 Millionen Euro bewahrt. Damit soll sie vor allem die energetische Ausstattung und Sanierung von Gebäuden forcieren. Alles in allem eine "wahnsinnig reizvolle Aufgabe", sagt Kugler. Sie habe die Verschiebung der Macht in Richtung Grüne "mit Spannung" verfolgt und dann Interesse signalisiert. Aus den Gesprächen wurde schnell mehr, und nun kann Kugler wieder dort anknüpfen wo sie beruflich begonnen hat. Genau zur richtigen Zeit, sagt sie. Wenn die Corona-Krise vorüber sei, werde der Klimaschutz "auf der politischen Agenda Top eins sein".

© SZ vom 18.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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