Krieg in der Ukraine:1700 Geflüchtete kommen pro Tag in München an

Krieg in der Ukraine: Im Luisengymnasium richtete die Stadt für eine Woche eine Notunterkunft ein.

Im Luisengymnasium richtete die Stadt für eine Woche eine Notunterkunft ein.

(Foto: Catherina Hess)

Die Stadt bemüht sich, die Menschen aus der Ukraine unterzubringen, stellt zusätzliches Geld bereit - und ist dennoch von der Situation überfordert.

Von Sven Loerzer

Im Durchschnitt kommen derzeit Tag für Tag rund 1700 Geflüchtete aus der Ukraine in München an, allein seit Beginn der Erfassung am 9. März waren es knapp 14 000 Personen. Wie viele von ihnen weiterreisen, lässt sich nicht sagen. Insgesamt acht Notunterkünfte mit 4112 Betten seien vom Katastrophenschutz aufgebaut worden, berichtete der Leiter des städtischen Krisenstabs, Wolfgang Schäuble, dem Sozialausschuss des Stadtrats. 4000 Privatquartiere sind belegt, weitere 7000 stünden noch zur Verfügung. "Wir müssen sehen, ob das auf Dauer hält", meinte Schäuble.

Anders als bei Asylbewerbern, bei denen die Verlegung nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgt, könne die Verteilung der Geflüchteten auf Landkreise in Oberbayern und Schwaben nur freiwillig erfolgen. Bislang seien in drei Tagen 700 Geflüchtete in Quartiere außerhalb Münchens gezogen, "wir hoffen in Richtung 500 pro Tag zu kommen", sagte Schäuble. Er regte an, die Züge mit Geflüchteten aus Polen in andere Bundesländer umzuleiten.

Mit Blick auf die steigenden Flüchtlingszahlen warnte Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD), "die Ballungsräume können nicht die Hauptanlaufstelle für die Unterbringung sein". Man müsse zur Unterbringung stärker die strukturschwachen Gebiete einbeziehen und die Verteilung entsprechend regeln, forderte Schiwy.

München habe bereits 12 000 Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern untergebracht, "wir können nicht auch noch 17 000 Geflüchtete aus der Ukraine unterbringen". Für so viele Menschen zusätzlich müsste München nach bestehenden Regelungen Quartiere schaffen, wenn eine Million Menschen aus der Ukraine in die Bundesrepublik kämen.

Bis Freitagnachmittag, 4. März, sei geregelt gewesen, dass die Verteilung und Unterbringung ausschließlich über die Regierung von Oberbayern zu erfolgen habe. Die habe dann gegen 17 Uhr mitgeteilt, dass im sogenannten Ankerzentrum keine Aufnahme mehr möglich sei, erklärte Schiwy.

Daraufhin habe man das Luisengymnasium für eine Woche als Unterkunft in Beschlag genommen, außerdem das Hotel Regent innerhalb von fünf Werktagen angemietet und als Anlaufstelle aufgebaut. Die Versorgung der Menschen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sei schlichtweg aus dem Stand nicht leistbar gewesen: "Bisher hatten wir 50 Anträge in der Woche, jetzt bearbeiten wir 1000 am Tag."

Trotz des verkürzten Antragsverfahrens sehe das Gesetz keine Online-Antragstellung vor, "sondern von Angesicht zu Angesicht eine vereinfachte Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse". Zelte, zusätzliche Toiletten, Catering und Sanitätsdienst sollen das Warten vor dem Amt in der Werinherstraße erleichtern, außerdem sollen Anträge in den Unterkünften direkt bearbeitet werden.

Fraktionsübergreifend gab es viel Lob für die Bemühungen der Verwaltung. "Unsere Rolle ist es, mit Ressourcen dabei zu unterstützen, die Bewältigung der Krise darf nicht am Geld scheitern", sagte SPD/Volt-Fraktionschefin Anne Hübner. "Wir müssen jetzt alles in unserer Macht Stehende tun, um eine sich anbahnende humanitäre Krise abzuwenden", bekräftigte auch Clara Nitsche (Grüne/Rosa Liste).

Es gehe um ein "Gesamtpaket, das unsere Stadtgesellschaft zusammenrücken lässt", meinte Alexandra Gaßmann (CSU). So beschloss dann der Sozialausschuss einstimmig, das für die Hilfe nötige Netz von Organisationen wie Caritas, Diakonie, Münchner Freiwilligen und Gorod mit zusätzlichen Zuschüssen zu stärken. 756 000 Euro wurden für Deutschkurse bereitgestellt, zusätzliches Geld gibt es auch für die Sozialbetreuung Geflüchteter.

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