München:Ude rechnet mit Hoeneß ab

Uli Hoeneß erhält Goldenen Ehrenring der Stadt München, 2010

"Ich habe Uli Hoeneß nicht ein einziges Mal mit Anstand und Gelassenheit verlieren sehen", sagt Ex-Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Aufnahme von 2010

(Foto: Robert Haas)

Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude nimmt kein Blatt mehr vor den Mund. Erstmals nach dem Ausscheiden aus seinem Amt spricht der SPD-Mann im "Spiegel" öffentlich über sein jahrelang gestörtes Verhältnis zum ehemaligen Bayern-Boss: "Ich habe Uli Hoeneß nicht ein einziges Mal mit Anstand und Gelassenheit verlieren sehen."

Für Christian Ude sind es die ersten Tage im Ruhestand. Als Nachfolger im Münchner Rathaus ist SPD-Parteifreund Dieter Reiter untergebracht, am Freitag wurde der Ex-OB dann auch festlich aus dem Amt verabschiedet. Doch in diesen Tagen ist Christian Ude weniger in Feier- als vielmehr in Frotzelstimmung. Schon bei seiner Abschiedsfeier im Deutschen Theater krittelte Ude an den Gesprächen der Koalitionspartner in spe herum.

Am Tag darauf gönnt sich Ude, der von September 1993 bis April dieses Jahres Münchner Oberbürgermeister war, erstmals öffentlich klare Worte über sein jahrelang gestörtes Verhältnis zu Uli Hoeneß. Auslöser ihres Zerwürfnisses sei gewesen, dass die Allianz-Arena zum Unmut des FC-Bayern-Bosses nicht auch mit öffentlichen Mitteln finanziert werden durfte: "Ursprung ist die blanke Geldgier eines Profifußballvereins, der in Gestalt seines Managers den Hals nicht vollkriegen konnte", sagte Ude nun dem Nachrichtenmagazin der Spiegel.

Als Oberbürgermeister habe er Hoeneß "in all den Jahren als schärfsten Eintreiber von Steuergeldern erlebt. Nicht für den Fiskus, sondern vom Fiskus. Für den FC Bayern". Seine Treffen als Oberbürgermeister mit Hoeneß, für den "zum relevanten Teil der Menschheit nur die Bayern-Fans gehören", seien "sehr, sehr kurz angebunden" gewesen, sagte Ude, der bekennender Anhänger des TSV 1860 München ist und 13 Jahre lang in dessen Aufsichtsrat saß. "Hoeneß hat mich ja stets über die Medien und über Dritte wissen lassen, dass ich eine Fehlbesetzung sei", so Ude weiter.

"Klare, einfache Weltsicht"

Die Geschichte der Missverständnisse und Frotzeleien zwischen Stadt und Fußballverein ist lang. Viele Jahre lang piesakten sich der FC Bayern und Oberbürgermeister Christian Ude gegenseitig, wer wem zu wenig Respekt zolle.

Er sei "fassungslos" gewesen, als er im Verlauf des Prozesses gegen Hoeneß von dessen tatsächlich hinterzogenen Steuern in Höhe von 28,5 Millionen Euro erfahren habe, sagte Ude, "Mir schoss durch den Kopf, wie oft er sich vor Entdeckung seiner Steuerstraftat zur Steuermoral geäußert hatte, und zwar äußerst selbstgerecht."

Dabei sei Hoeneß ihm niemals "als Vertreter moralischer Qualitäten aufgefallen". Hoeneß zeichne sich durch "eine klare, einfache Weltsicht" und ein "typisches Freund-Feind-Denken" aus, sagte Ude: "Er hat immer eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft für seine Anhänger gezeigt, aber er war auch immer ein Patriarch mit dem Anspruch: Für mein soziales Engagement haben alle dankbar und unterwürfig zu sein. Und wer das nicht ist, der ist mein Feind."

Dass Hoeneß Anfang Mai bei seiner Abschiedsrede vor Mitgliedern des FC Bayern von "Hass" sprach, den er seit Bekanntwerden seiner missglückten Selbstanzeige verspürt habe, bezeichnet Ude als "bemerkenswert". Der frühere Münchner Oberbürgermeister sagte: "Ich habe Uli Hoeneß in der Vergangenheit sehr oft berechtigt siegen sehen. Aber nicht ein einziges Mal mit Anstand und Gelassenheit verlieren."

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