Süddeutsche Zeitung

Erfahrungen mit Mitreisenden:"Was macht die Ziege in der U-Bahn?"

Bauernhof auf dem Bahnsteig, verschmähte Rosen und Nacktfotos nachts in Fröttmaning. Wir haben SZ-Leserinnen und Leser nach unvergesslichen Erlebnissen in der Münchner U-Bahn gefragt.

Illustrationen: Jessy Asmus

Seit fünf Jahrzehnten fährt die U-Bahn unter München, am 19. Oktober 1971 wurde sie feierlich eröffnet. Vielleicht hätten schon die Fahrgäste am Premierentag einiges zu erzählen gehabt, denn etliche Sitznachbarn dürften ziemlich angeheitert gewesen sein: Zur Feier des Tages gab es die Mass Bier für 99 Pfennig. Weil man selten allein in der U-Bahn sitzt, haben wir SZ-Leserinnen und Leser nach unvergesslichen Erlebnissen gefragt und überraschende Einblicke bekommen: Wie mitfühlend rivalisierende Fußball-Fans sein können, dass wahre Riesen einem Platz verschaffen - und dass mehr als ein Ehepaar in der U-Bahn zusammenfand.

Sehr verehrte Fahrgäste, liebe Ziege ...

An einer Haltestelle schaue ich gedankenversunken aus dem Fenster und sehe am Bahnsteig: ein Kind, einen Mann mit Hut, eine ältere Dame, eine Ziege, einen bunten Kinderwagen... Moment! Eine Ziege? Da steht doch tatsächlich ein total unauffälliger Typ (also kein Landwirt in Stallhose) und hat einen Strick in der Hand, an dem eine Ziege angebunden ist. Und die ist noch dazu völlig tiefenentspannt. Da niemand der vielen Passanten so richtig auf das Tier reagiert, reibe ich mir wortwörtlich die Augen, um sicherzugehen, dass mir das Sandmännchen nicht einen Streich spielt. Aber nein: Es ist eine Ziege, mit Hörnern, Euter und allem drum und dran. Macht wohl einen Ausflug in die Innenstadt. Laura, 31 Jahre

Granteln können sie, die Münchner

Reaktion auf einen wirklich sehr gesprächigen Fahrgast: "Is erna da Frisör gstorbn?" Bella

Mei, geh weida!

In der U 6 von Schwabing Richtung Innenstadt: Älterer Herr, Zeitung lesend, friedlicher Foxterrier dösend daneben. An der Giselastraße steigen ein: ein Schäferhund mit Besitzerin. Abneigung auf den ersten Blick zwischen Foxl und Schäferhund mit sofortiger lautstarker Eskalation. Die Schäferhundbesitzerin versucht verzweifelt, ihren Hund zu beruhigen. Der Foxterrierbesitzer blickt immerhin von seiner Zeitung auf. Am Odeonsplatz verlassen Schäferhund und Frauchen entnervt die U-Bahn. Foxl lässt sich umgehend wieder nieder, um erneut einzudösen. Die Türen schließen sich. Der Foxlbesitzer wendet sich seinem Hund zu und spricht milde: "Hod des jetzt sei miassn!" Foxl schaut unschuldig. Ulrike S.

Man sieht sich zum Glück zweimal

Ich habe meine jetzige Frau in der Bahn von Rosenheim nach München kennengelernt. Wir unterhielten uns köstlich, tauschten aber keine Kontakte bei der Ankunft am Hauptbahnhof aus. Glücklicherweise trafen wir uns vier Wochen später in der U6 wieder - dieses Mal fragte Kiera mich nach meiner Telefonnummer. Wir leben jetzt seit 20 Jahren zusammen mit unserem Sohn Theo in Kieras Heimat Melbourne. Tobias Titz

Völlig unverfroren

Vor einigen Jahren habe ich zu später Stunde und im tiefen Winter erlebt, wie ein Pärchen an der Haltestelle Fröttmaning trotz frostiger Temperaturen ein (vermutlich nicht von der MVG genehmigtes) Nackt-Fotoshooting abgehalten hat. Cyril Gosselin, 36 Jahre

Trost aus der Aktentasche

Münchner Rush Hour. In der vollen U-Bahn steht eine weinende junge Frau. Plötzlich kramt der sehr ernste und beschäftigt aussehende Geschäftsmann in seiner Aktentasche und zaubert eine Tafel Schokolade hervor, welche er ihr mit den Worten "hilft bei mir immer" anbietet. Das Lächeln hat alle Tränen verschwinden lassen. Sam, 27 Jahre

Persönliche Komfortzone

Ich war Azubi bei den Stadtwerken München und dienstlich mit der U-Bahn unterwegs. Eine Frau, vielleicht 60 Jahre alt, stieg zu. Mit dabei hatte sie einen Esszimmerstuhl. Soweit so gewöhnlich, wie sonst soll man sonst im Stadtgebiet einen Stuhl transportieren, ohne Auto? Die Dame stellte den Stuhl vor die Tür des U-Bahnführers und setzte sich darauf, weil sonst kein Sitzplatz frei war. Das klingt banal, aber man sah der Frau an, dass sie sehr stolz war auf diese kleine, ungewöhnliche, vielleicht sogar ein bisschen illegale Aktion. Sie freute sich richtig, dass sie alle ansahen mit einem Blick, der ausdrückte: Respekt! Peter Doll, 35 Jahre

Still, still, still, weil's Kindlein sich nicht ängstigen will

Es ist Anfang November. Bayern spielt gegen Eindhoven, Champions League. Am Marienplatz steigen an der mittleren Tür singende, feiernde Eindhoven-Fans zu. An der Tür in meinem Rücken drängen etwas aggressiv wirkende Bayern-Fans rein. Sie trommeln ans Dach, grölen, trinken. Ich fühle mich schon wie die lebende Knautschzone zwischen den zwei Gruppen, doch Irrtum: Die beiden "batteln" sich nicht körperlich, sie singen gegeneinander an und lassen sich dabei immer höflich zu Ende singen. Aber sie sind laut, sehr laut. Dazu kommen rumpelnde Tanzeinlagen. Das ängstigt einen kleinen Jungen auf dem Schoß seines Vaters dann doch sehr. Ein Fahrgast bietet seinen Gehörschutz an. So sitzt der Kleine mit erschrockenen Augen da und klammert sich an seinen Papa. Ein Eindhoven-Fan sieht den Jungen und erkennt die Situation sofort. Es beginnt ein Spektakel: Er und seine Freunde beruhigen den kompletten Waggon. Es wird so leise, man könnte eine Stecknadel fallen hören. Als auch der letzte Fahrgast seinen Mund hält, singt ein einzelner Niederländer mit wirklich beeindruckend schöner Stimme für den kleinen Jungen: "Sti-hi-lle Naaacht". Annette Schürzinger, 42 Jahre

Riese mit Herz für alte Damen

U6, später Berufsverkehr. Ich, ganz Gentleman, helfe einer Dame mit Rollator in die Bahn. Diese ist nicht übermäßig voll, es gibt nur keine Sitzgelegenheit mehr. "Ich setzte mich auf den Rollator", sagt die Dame verzagt. Da sie in ihren späten 80ern, wenn nicht frühen 90ern sein muss, bitte ich vier Jugendliche, ob nicht einer seinen Platz frei machen könnte. Sie reagieren brüsk: "Nö, soll doch einfach eine andere Bahn nehmen!" "Nicht mein Problem Alter!" Ich bin so perplex dass ich keinen Satz mehr rausbringe. "ICH MACH DAS GLEICH ZU DEINEM PROBLEM!" Als ich mich zum Sprecher umdrehe, muss ich das tun, was ich nicht oft machen muss als 1,84 Meter großer Mann: nach oben schauen. Der Mann wiegt geschätzt das eineinhalbfache von meinen 95 Kilogramm, ist mindestens zwei Meter groß und trägt eine ansehnliche Muskelmasse allein auf den Schultern. Der ganze Waggon applaudiert. Mit hochroten Köpfen nehmen die vier Halbstarken an der nächsten Station Reißaus. Die weitere Fahrt unterhalten sich der nette, hilfsbereite Riese und die höfliche, alte Dame angeregt. Und mein Vorurteil, das ich beim Einsteigen noch beim Anblick des Muskelbergs im Kopf hatte, wurde angenehm widerlegt. Johannes J.

Muss man sich Sorgen machen?

Da finde ich tatsächlich noch einen freien Sitzplatz. Gegenüber zwei Männer, die sich unterhalten. Daneben ein weiterer Mann, scheinbar unbeteiligt. Nach einer Weile, während der ich der traurigen Unterhaltung ungewollt lausche, mache ich mir selbst schon Sorgen um deren Freund. "Wia ma nur so saufa ko. Da müss ma was unternehmen." "Was der schluckt, schlimm is des." "Und des geht jetzt scho so lang a so." Irgendwann mischt sich der dritte Mann ein, der ungeahnt zu der Gruppe gehört: "Des Saufa is ja des oana, aber erst der Motorschaden!" Da kann ich ein lautes, erleichterndes Auflachen nicht unterdrücken, die drei Männer schauen verwundert. Und lachen, weil ich dachte, sie sprächen von einem alkoholkranken Bekannten: Nein, junge Dame, von unserem neuen, alten Oldtimer. Annette Schürzinger, 42 Jahre

Wir wünschen den Fahrgästen nur das Beste

Ein Fahrgast niest beim Verlassen des Zugwaggons laut - und aus der Lautsprecherbox am Bahnsteig schallt: "Gesundheit!" Florian Ricci, 36 Jahre

Bitte (fast) alle aussteigen

Ich steige wie jeden Morgen am Hauptbahnhof in die schon heillos überfüllte U2 Richtung Königsplatz - gemeinsam mit gefühlt tausend Anderen. Neben mir steht ein Bär von Mann. Es quetschen sich immer mehr und mehr Leute rein, dabei war kein Zentimeter mehr Platz. Da packt's den Bären: In dem Moment, als der U-Bahnfahrer "zurückbleiben bitte" sagt und die Türen schließt, reißt er beide Monsterarme (war wirklich ein Tier, der Kerl) weit auf und schiebt bestimmt zehn Leute in einem gewaltigen Rutsch nach draußen. Bing, die Türen schließen. Alle, die noch drinnen sind, atmen tief durch. Nun ist viel mehr Platz, man kann sich bewegen und natürlich laut lachen angesichts der verdutzt schauenden und verärgerten Gesichter am Bahnsteig, als die U-Bahn ohne sie losfährt. Ich hab den Typen noch ein wenig gefeiert. Wobei ich natürlich glücklich sein konnte, dass ich nicht auf der anderen Seite war. M. Roth

Dann regnen die roten Rosen eben woanders

Beziehungsstreit in der U-Bahn. Ein junger Mann kommt mit einem Strauß roter Rosen, sie wollte aber weiße. Nachdem sie sich weigert, sie zu nehmen, schenkt er die verschmähten Rosen einer alten Dame. Susanne, 35 Jahre

Konter ... und versenkt

Das beste Erlebnis in der Münchner U-Bahn nach dem Spiel Deutschland-Schweden bei der WM 2006: In einem relativ leeren Wagen einer der geliebten alten Züge mit den schönen Plastiksitzen und dem typischen Geruch, der sich seit den 80er Jahren nicht verändert hat. Am einen Ende eine Gruppe deutscher Fans, am anderen Ende eine Gruppe schwedischer Fans. Die Deutschen singen zur Melodie des Refrains von "Yellow Submarine": "Ihr seid nur ein Möbellieferant, Möbellieferant, Möbellieferant! Ihr seid nur ein Möbellieferant, Möbellieferant, Möbellieferant...!" Die Schweden bleiben ruhig, warten auf ihren Einsatz und kontern zur selben Melodie: "Wir sind reich, weil ihr die Möbel kauft, ihr die Möbel kauft, ihr die Möbel kauft...!" Daniela Moncher, 49

Bildungslücke am Bahnsteig

U6, gegenüber sitzt ein Paar im mittleren Alter. Am Goetheplatz öffnet sich die Tür, vom Bahnsteig klingt klassische Musik. Sie: "Oh, hör doch mal, hier läuft klassische Musik!" Er (schulmeisterlich): "Ja, das ist hier immer so. Weil es der Goetheplatz ist, läuft hier immer Musik von Goethe." Sie: "Äh, war Goethe nicht ein Dichter?" Er (kleinlaut): "Ja auch, aber hauptsächlich hat er komponiert." Kai G., 53

Ganz normal

Feierabendauslastung in der U2. Eine Person mit Hoodie und Sporthosen steigt zu und setzt sich neben eine junge Frau mit geglättetem schwarzen Haar und Gelnägeln, die mit zwei Daumen Textnachrichten in ihr Handy tippt. Die Person streift den Hoodie ab - und alle im Abteil scheinen zu erstarren und den Atem anzuhalten. Das Gesicht des Mannes ist von Brandnarben vollkommen entstellt. Die junge Frau hat aufgehört zu schreiben und schaut auf die Sporthose des Typen. Dann schaut sie ihn an und sagt: "Hey, echt cooles Label. Suche ich schon lange. Wo hast du die her?" Das Aufatmen aller war förmlich zu spüren. Claudia Frank, 56 Jahre

Das wäre doch nicht nötig gewesen

22 Uhr. Zwei junge Männer, wohl Studenten, stehen mit einem roten Zweiersofa am Bahnsteig. Die U-Bahn fährt ein. Bestimmt schimpft der Fahrer und schickt sie weg, denke ich. Schon knarzen die Lautsprecher: "Sitzplätz' braachts ned extra mitbringa. Mir hamma gnua. Bitte einsteigen, Türen schließen sich." Und das Sofa rollte gen Osten seiner neuen Bestimmung entgegen. Peter G., 52

Was tun bei Stromausfall?

Zu ungemütlicher Jahreszeit, eine viel zu volle U-Bahn, gestresste Menschen. Stromausfall. Und ein unendlicher Kuss mit einer Unbekannten und nun mir sehr gut Bekannten. Lars, 42

Bitte nicht stören!

Habe einem sehr laut telefonierenden Mann den Schweigefuchs gezeigt - große Erheiterung rundum. Hannah

Nachhaltig verstörender Ausflug

Ich war als Tourist in München unterwegs in der U-Bahn, als plötzlich ein älterer Herr neben mir seine Sandalen auszieht und seine Fußnägel schneidet, die in mehrere Richtungen (auch in andere Sitzgruppen) fliegen. Damen kreischen vor Ekel und fordern den Mann auf, damit aufzuhören. Er macht ungerührt weiter. Als wenn dies nicht genügt hätte als "Erlebnis", bietet mir beim Aussteigen ein weiterer, jüngerer Herr Drogen zum Kauf an. Diesen München-Besuch werde ich immer lebhaft in Erinnerung behalten. Markus E., 39 Jahre, aus Stuttgart

Strandurlaub in der Stadt

Zwei Damen stehen bestens gelaunt in der U-Bahn - nur mit Handtüchern umwickelt, Frotteeschlappen aus dem Hotel an den Füßen und einer Luftmatratze unter dem Arm. An der Giselastraße steigen sie aus. Es ist Mittwochmorgen, 6.45 Uhr. Saskia, 34 Jahre

Fast verpasst

Am 7. Mai 2019 stieg ich auf meinem Arbeitsweg am Harras in die U6. Gleichzeitig mit mir ist ein ziemlich heißer Typ zugestiegen. Wir standen ein paar Meter voneinander entfernt, zwischen uns viele andere Arbeitspendler:innen und bis auf ein paar kurze "flirty Blicke" war es eine ganz normale U-Bahnfahrt. Wenige Stationen später, am Sendlinger Tor, stieg der heiße Typ dann ohne ein weiteres Lächeln oder ein "Tschüss" oder sonstige Kontaktaufnahme aus. Ich war davon ziemlich irritiert und wusste nicht, was ich tun sollte. Als bereits wieder Menschen in die Bahn drängten, bin ich kurzentschlossen aus der Bahn gesprungen und ihm die Treppen hoch gefolgt. Oben angekommen, habe ich ihm mit laut klopfendem Herzen auf die Schulter getippt und meinte, dass das ein ganz schön schneller Abgang war und ich ihm nur noch einen schönen Tag wünschen wollte. Nachdem ich mich zum Gehen wandte, brachte er endlich die Frage nach meiner Nummer über die Lippen. Wenige Monate später sind wir zusammengezogen, vor ein paar Wochen hat Martin mir einen sehr romantischen Heiratsantrag gemacht und wir werden am 7. Mai 2022 - unserem dreijährigen Kennenlernen - heiraten! Tamara, 32

Sie haben da was vergessen!

Ich fahre mit der U5 nachmittags von Neuperlach zum Odeonsplatz und halte dabei ein Nickerchen. Am Odeonsplatz weckt mich die Ansage und ich will raussprinten. Da ruft mir ein gegenüber sitzender Fahrgast nach: "Sie haben da was vergessen!" Er drückt mir eine Tüte in die Hand, die wohl unter meinem Sitz gestanden war. Darin: eine Flasche Rotwein, eine Flasche Weißwein, Kekse und eine Postkarte. Ich bedanke mich schlaftrunken, die U-Bahn fährt los, und ich stehe da mit einer Tüte, die mir nicht gehört. Albert Wirth

Darf auch ein Ultra früher gehen?

Ich verlasse ein paar Minuten vor Spielende das Fußballstadion, um dem Stau auf dem Bahnsteig zu entgehen. Wie viele andere auch, wie ich dann erkenne. Wie durch ein Wunder ergattere ich trotzdem einen Sitzplatz - neben einem Ultra. Ich studiere die Aufnäher auf der Jeansweste und wundere mich bei einigen über deren Inhalt - oder auch nicht: Schließlich stellt man sich einen Ultra genau so vor. Doch etwas passt so gar nicht ins Bild. Ich nehme also allen Mut zusammen und frage: "Dürfen denn Ultras auch früher gehen?" Die anderen Fahrgäste in der Nähe schauen erschrocken auf. Man sieht förmlich auf deren Stirn den Schriftzug "Ja, spinnt denn die?" stehen. Der Ultra blickt auf, schaut ertappt und piepst ganz leise mit hoher Stimme: "Bei mir ist Schienenersatzverkehr, i komm sonst nimma heim." Der Arme. Annette Schürzinger, 42 Jahre

Bereichernde Begegnung

Letzten Monat bin ich in der U5 einem Mann begegnet, der andere Fahrgäste in einem krassen Tempo porträtiert hat. Kinder, Erwachsene, Jugendliche - und beim Aussteigen hat er ihnen das Bild in die Hand gedrückt. Das war so faszinierend und nett, es hat einigen Menschen den Tag versüßt. Ich habe auch ein Bild bekommen. Jennifer H.

Geteilte Freude

Ein Heiratsantrag in der U3, genau vor mir. Alle in der U-Bahn haben geklatscht und gejubelt. Ben, 18 Jahre

Schöner Mahnen

Ich freue mich immer über kreative Ansagen der U-Bahn-Fahrer:innen. Mein Favorit bisher, in der Vorweihnachtszeit am Marienplatz: "Verehrte Fahrgäste, diese U-Bahn ist kein Adventskalender: Sie dürfen alle 24 Türchen auf einmal öffnen!" Stephanie H.

(Noch) Eine Weihnachtsgeschichte

Es ist mehr als 20 Jahre her, aber ich denke so oft daran: Es war der 24. Dezember, ich fuhr mit der U6 nach Hause. Am Bahnsteig am Odeonsplatz riss eine Einkaufstüte. Ein sehr freundlicher Mann hat mir sofort geholfen alles aufzusammeln und mir "eine seiner leeren Tüten" gegeben. Er war ziemlich offensichtlich obdachlos, aber sah sehr gepflegt aus. Wir sind dann bis zur Münchner Freiheit zusammen gefahren und er hat mir etwas über seine Geschichte erzählt. Da ich schon immer an Weihnachten ab 22 Uhr ein "open house" für Freunde und deren Anhang habe, lud ich ihn spontan ein, doch auch zu uns zu kommen. Und tatsächlich stand er dann vor der Tür. Es war ein toller Abend in vollkommen gemischter Runde. Wir spielen an diesem Abend immer Charade und Lothar erwies sich als großes Talent - was haben wir mit ihm gelacht. Lothar war einer der letzten Gäste, die am frühen Morgen gegangen sind. Er hatte so viel aus seinem Leben zu erzählen, Trauriges und sehr Interessantes. Wir denken immer an Weihnachten an ihn und hoffen, dass er es geschafft hat, aus der schweren Situation rauszukommen. Er wollte nach Berlin gehen, weil es da leichter für Leute wie ihn sei. Claudia M.

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