Süddeutsche Zeitung

3-G-Regel im Münchner Nahverkehr:Abfahrt für Ungeimpfte nur nach Abstrich

Nur noch Geimpfte, Genesene und Getestete dürfen in München mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Nicht alle Passagiere halten sich daran, doch die Kontrollen sind derzeit eher symbolisch.

Von Martin Bernstein und Andreas Schubert

"Toll, endlich weniger Impfmuffel in der U-Bahn", freut sich ein Fahrgast auf Twitter. Ein anderer hat gleich noch einen Tipp für Polizei und Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) parat: "Ihr solltet aber auch in der S-Bahn kontrollieren", empfiehlt er, "Zig ohne Maske oder nur chirurgische". Und die Polizei? Die berichtet am Mittwochmittag davon, dass die Stimmung am Stachus trotz der Kontrollen "gut" gewesen sei, es aber auch "leisere Unmutsäußerungen" gegeben habe. Vor allem von denen, die wieder weggeschickt wurden, weil sie nicht geimpft, genesen oder getestet waren. 19 Personen sollen das bei ihm gewesen sein, lautete die persönliche Bilanz eines der eingesetzten Polizisten - binnen zwei Stunden.

Im Zwischengeschoss des ÖPNV-Knotenpunkts am Stachus haben sich die Postenketten aufgestellt, vor allem MVG-Mitarbeiter, dazu eine Handvoll Polizisten. In den ersten zwei Stunden wird der Zugang kontrolliert, dann bis Mittag diejenigen, die aus der U4 oder U5 nach oben wollen. Richtig: der Zugang. Denn die Kontrolleure haben nur einen der Abgänge im Auge, den vorm Cafe Rischart. Am Lenbachplatz kann jeder kommen und gehen, wie er mag. Eine zunächst einmalige Schwerpunktaktion sei das gewesen, heißt es am Mittag seitens der Polizei. Danach werde man mit der MVG zusammen eine "Bestandsaufnahme" machen.

Die haben einige Twitter-User für sich schon getroffen. "Stichproben?" fragt einer verwundert. "Mal ehrlich, dann kann man es auch gleich lassen." Immerhin wird es auch künftig die gemischten Streifen von Polizei und MVG-Personal geben. Und die werden künftig nicht nur Fahrkarten, sondern auch Impfnachweise und Testzertifikate sehen wollen. Und die Einhaltung der Maskenpflicht überwachen. Am Mittwoch aber soll es offenbar vor allem um das Symbol gehen: Schaut her - wir schauen hin. Wer aus der U-Bahn kommt und nach der Fahrt ohne gültigen Nachweis erwischt wird, muss in der Regel 55 Euro Verwarnungsgeld berappen, "abhängig vom Einzelfall", wie ein Polizeisprecher sagt.

Verdi warnt vor eskalierenden Situationen mit Fahrgästen

So richtig begeistert sind sie bei den Verkehrsbetrieben nicht über die neue 3-G-Regel im öffentlichen Nahverkehr. Seit Mittwoch dürfen nur noch Passagiere an Bord, die gegen das Coronavirus geimpft sind, davon genesen oder negativ darauf getestet. Davon ausgenommen sind Schülerinnen und Schüler sowie Kinder unter sechs Jahren. Schon vorab verlautbarte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) seine Skepsis. Nur schwer sei die Einhaltung zu kontrollieren, hieß es. Dies sei nur stichprobenartig möglich, teilten sowohl die Deutsche Bahn (DB) als auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mit. Das übernehmen dann die Fahrscheinkontrolleure, die Bus- oder Tramfahrer können dies nicht. Denn das würde bedeuten, dass alle Fahrgäste an der vordersten Tür einsteigen müssten und würde dem Bestreben, sie möglichst im Fahrzeug zu verteilen, widerstreben. Die Gewerkschaft Verdi wiederum warnt vor eskalierenden Situationen mit Fahrgästen.

Verstöße könne man - anders als bei Passagieren ohne gültiges Ticket - nicht selbst ahnden, heißt es bei DB und MVG. Das sei bei der Bahn Aufgabe der Bundes-, in U-Bahnen der Landespolizei. Und um zu zeigen, dass die das auch macht, ist am Mittwoch die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer zum Münchner Karlsplatz gekommen. Und weil sie da ist, auch der Polizeivizepräsident. Sie schauen zu, wie einer von zwei Zugängen vier Stunden lang kontrolliert wird. Wie viele Personen weggeschickt wurden und wie viele Verstöße sanktioniert wurden, stand am Mittag noch nicht fest.

Wie viele Ausreden aber 3-G-Verweigerer parat haben, konnte man schon mal in der Kommentarspalte unter dem Twitter-Account der Münchner Polizei besichtigen. Die Haltung fasste ein Twitter-User so zusammen: "Komisch, dass alle, die über die Modalitäten schimpfen, immer einen 100-h-Job haben und Lichtjahre vom nächsten Testzentrum entfernt wohnen."

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