Typisch deutsch:Die dritte Mitbewohnerin

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Ein Moment, den niemand sonderlich schätzt: Die Waschmaschine ist hin. (Foto: Kzenon/imago/Panthermedia)

Nach drei Jahrzehnten Handreinigung ist unsere Autorin inzwischen stolze Besitzerin einer Waschmaschine. Doch diese streikt.

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Im Mädchenalter war der Begriff Waschmaschine nicht Teil meines Wortschatzes. Zum Reinigen unserer Kleidung nutzten wir die Trampeltechnik - oder wuschen mit der Hand. Durch unser Dorf floss ein Bach mit Beton an den Seiten. Wenn man so will, war der Bach unsere halbautomatische Waschmaschine. Als ich dann in die Großstadt Kampala zum Unistudium zog, säuberte ich meine Wäsche im Waschbecken. Mein ganzes Leben vor 30 war ich nie in die Nähe einer Waschmaschine gekommen. Und so war meine erste Begegnung hier in München wie ein Wunder. Wie habe ich es genossen, der Elektrizität bei der Arbeit zuzusehen.

Für uns beide ist die Waschmaschine wie eine dritte Mitbewohnerin geworden. Anders als ich seinerzeit, hilft meine Tochter Taliah aufgrund dieser Maschine sehr gerne beim Waschtag mit. Beim ersten Mal setzte sie sich vor die Maschine und sah sich das Waschprogramm mehr als eine Stunde lang komplett an. Sie war genauso fasziniert wie ich. Sie unterstützt mich mit ihren kleinen Fingerchen zunächst beim Öffnen der Tür. Wenn sie das Wäscheknäuel packt, um es in die Öffnung zu stopfen, verschwindet sie komplett dahinter. Ich hüte mich, den Startknopf zu drücken, das ist allein ihr Job, darauf besteht sie.

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Unser Autor war lange ein überzeugter Verweigerer jeglicher Art von Hautcremes. Dann traf er am Flussufer Sonnenanbeter mit spezieller Hautfarbe - und so kam es, wie es kam.

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Leider begann unsere Mitbewohnerin unlängst, ein Problem zu haben. Die Trommel füllte sich mit Wasser, bewegte aber die Kleidung nicht mehr und weigerte sich standhaft, zu schleudern und abzutropfen. Ich hatte noch nie eine Waschmaschine auseinandergenommen, aber mit Hilfe von Youtube und eines Akkuschraubers gelang es mir. Nur: Wie repariert man so etwas? Die Trampeltechnik, so meine Vermutung, würde hier weniger helfen.

Die Schmutzwäsche quoll inzwischen langsam aber sicher über den Wäschekorb hinaus. Nach eingehender Untersuchung kam ich schließlich zu dem Ergebnis, dass der Fehler an einem kleinen Trumm festzumachen sein muss: einem metallenen Deckelschalter, der offenbar brüchig war und Wasser dorthin fließen ließ, wo es nicht hinsoll. Ich habe das Ersatzteil online gefunden und bestellt. Aber wegen des Wochenendes kam und kam es nicht an. Ich stellte fest, dass es nicht schneller geht, nur weil man ein Paket obsessiv per Online-Tracking verfolgt.

Inzwischen hätte ich zwei, eher drei Wäschekörbe füllen können. Kaum zu glauben, was ein kleiner und ein großer Mensch an Synthetikmengen besitzen können. In Uganda war das deutlich simpler: wenig Stoff - winzige Kleiderhügel. Keine Berge weit und breit.

Und jetzt das. Nach vier Tagen hatte sich das Wasser in der Maschine zu einem molochartigen Gebräu verwandelt, was man vor allem am Geruch ausmachen konnte. Handwäsche kam mir trotz guter Grundausbildung nicht in den Sinn. Es hätte wohl Tage gedauert. Waschsalon? Hier schreckte mich der fällige Schwertransport ab. Dann kam das Ersatzteil endlich an. Ich bin mir sicher, dass von dem Paket ein heller Glanz ausging wie auf einem Heiligenbild. Ein guter Freund half mir und Thalia, den Deckelschalter einzubauen. Yay! Unsere dritte Mitbewohnerin ist genesen.

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