Fußball-Nachwuchs:Ex-Schalke-Trainer Baum trainiert jetzt Kinder beim TSV Trudering

Lesezeit: 3 Min.

"Geht's halt mal gscheid in Zweikampf", ruft der Trainer den kleinen Kickern zu. (Foto: Florian Peljak)

Bis Dezember 2020 arbeitete der 42-Jährige noch für den Verein aus Gelsenkirchen. Und jetzt: F-Jugend. Warum bindet einer Schnürsenkel von Achtjährigen, der sonst Bundesligaprofis über den Platz scheucht?

Von Ilona Gerdom

Vor Manuel Baum stehen 19 pinke Hütchen auf dem Rasen. "Tanzen mit dem Ball. Auf geht's", ruft der ehemalige Augsburg- und Schalke-Trainer. Es sind keine Bundesliga-Profis, denen er das zuruft - es sind 19 Kinder, die auf Kommando ihre Kugel um die Kegel herumspielen. "Hol ihn dir! Schneller! Gut", ruft Baum. Wer ihn heute überzeugt, darf in Zukunft in der F-Jugend des TSV Trudering kicken. Bundesligatrainer Baum inklusive. Aber dafür müssen sich die Sieben- und Achtjährigen erst beweisen. Für eine Reihe von Übungen haben sie eineinhalb Stunden.

Die Bälle fliegen hoch in die Luft, darunter drehen sich die Kinder. Sie sehen aus wie Farbkleckse, manche haben ein blaues Sechzger-Trikot an, andere ein rotes des FC Bayern. Acht von ihnen sind schon Teil der Mannschaft. Der Rest will es werden. Platz gibt es nur noch für einen bis zwei, erklärt Ulf Martensmeier. Er und Norbert Stockinger sind neben Baum Trainer des Teams.

Die drei scheinen ihren Job gut zu machen. Zumindest trug die U8-1 einige Siege nach Hause. Messen kann sich der Jahrgang 2014 in München in den Kategorien "schwach", "mittel" und "stark". In der dritten hätten die jungen Truderingerinnen und Truderinger in der vergangenen Saison beinahe alle Spiele gewonnen. Am Wochenende sei man das zweite Mal Meister geworden, sagt Martensmeier stolz.

Bis Dezember 2020 trainierte Manuel Baum die Profis von Schalke 04 ... (Foto: Florian Peljak)
... jetzt sucht er Talente in Trudering. (Foto: Florian Peljak)
Dabei müssen auch mal die Schlappen kontrolliert werden. (Foto: Florian Peljak)

Es hat sich ausgetanzt. "Stellt euch vor, es ist ein Gesicht auf dem Ball und ihr versucht, die Nase zu treffen", lautet die Aufgabe jetzt. Weniger metaphorisch klingen andere Anweisungen, die Baum an die Kleinen richtet. Alle paar Minuten schallt über das Sportgelände: "Konzentriert euch auf die Übung!" Oder: "Macht keinen Blödsinn!"

Solche Sätze hätten vor Kurzem noch nicht so gut in Baums Alltag gepasst. Bis Dezember 2020 trainierte der 42-Jährige die Profis von Schalke 04, vor dem letzten Bundesligaspiel des Jahres wurde er dann freigestellt. Aber er findet: "Inhaltlich geht es überall um das Gleiche." Profi wie Nachwuchs - die Techniken würden sich nicht groß unterscheiden. Baum hat auch schon Erfahrung mit jüngeren Spielern, er war schon Coach der deutschen U-18-Nationalmannschaft. Heute sei er vor allem als Fernsehexperte für Verbände tätig, sagt er. Und seit etwa eineinhalb Jahren engagiert er sich ehrenamtlich beim TSV Trudering.

Die pinken Hütchen sind weg. Die kleinen Kicker dribbeln jetzt durch blaue Markierungen. Dann muss es schnell gehen: Auf's Tor zielen, schießen, bestenfalls treffen. Und wenn nicht? Chance vertan? Nicht unbedingt. Heute wird auf "Bewegungstalent" geschaut, erklärt Baum. Es geht nicht nur ums Gewinnen. Das gilt auch für die Mannschaft. Zwar sei man "leistungsorientiert", im Zentrum stehe aber "die Entwicklung der Kids". Stichwort "Wertevermittlung". Die Kinder sollen auf "bestimmte Herausforderungen" vorbereitet werden und Verantwortungsbewusstsein lernen. Wer mitspielen mag, muss zum Beispiel ein Jahr lang verlässlich zum Training und zu den Spielen kommen. Gute Aussichten, Teil der Gruppe zu werden, hat, wer an diesem Nachmittag "Eigenmotivation, sprich Spaß am Ganzen" und "Lernfähigkeit" zeigt.

Es geht nicht nur ums Gewinnen, sagt Baum. Sondern darum, Werte zu vermitteln. (Foto: Florian Peljak)

"Geht's halt mal gscheid in Zweikampf", dröhnt es über den Platz. Die Talentsichtung hat die letzte Runde erreicht: Die Kinder zeigen im Drei-gegen-Drei, was sie können. Je ein Trainer schaut zu - zumindest meistens. Manchmal müssen sie sich um anderes kümmern. Am Spielfeldrand tröstet Martensmeier zum Beispiel einen Jungen. Er weint. Ein anderer ist ihm aus Versehen mit den Stollenschuhen auf den Fuß gestiegen.

Und Baum? Kniet auf dem Boden. Ein Mädchen mit blonden Haaren streckt ihm den Fuß hin. Die Schnürsenkel sind offen. Eine Schleife kann sie noch nicht binden. Auch das gehört hier zu den Aufgaben.

Warum bindet einer Schnürsenkel, der sonst Profis trainiert? Baum gibt mehrere Antworten. Die praktische: "Wir wohnen gleich um's Eck." Die zweite hat mit der Familie zu tun. Der siebenjährige Sohn spielt hier. Die dritte mit Idealen: Baum will "auch mal was zurückzugeben".

Rote Wangen, die Haare kleben an der Stirn. Nach gut eineinhalb Stunden sind die Fußballerinnen und Fußballer außer Puste. Baum pfeift ab. "Schönes Turnierchen", lobt er. Und? Talente gesichtet? "Ein, zwei sind schon dabei", findet Manuel Baum. Ob sie sich heute ins Team gespielt haben, wollen die Trainer vor den Sommerferien entscheiden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

20 Jahre Petueltunnel
:Röhre gegen die Schneise des Grauens

Der Petueltunnel war als Teil des Mittleren Rings politisch einst hart umkämpft. Doch wo einst Lärm und Gestank herrschten, genießen die Anwohner dank des Baus heute das Grün und die Ruhe.

Von Andreas Schubert

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: