Bürokratie, Energiepreise, Digitalisierung: Wirtschaftsvertreter geben dem Standort Bayern und damit auch München nur mittelmäßige Noten. Die Stimmung verharrt in vielen Branchen im Dauertief. Dies ist das Ergebnis der Frühjahrs-Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK). Der Wirtschaft fehle der "Aufwind unter den Flügeln", so BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. "Hauptursachen sind hausgemachte Standortprobleme sowie immer mehr Handelshürden als Folge der geopolitischen Spannungen."
Der Konjunkturindex des BIHK für Bayern stieg gegenüber dem Jahresbeginn zwar um sechs Punkte; mit 107 Zählern liegt er aber weiterhin unterhalb des langjährigen Durchschnitts von 112 Punkten. Ein ähnliches Bild zeigt der IHK-Konjunkturindex für die Stadt München sowie die Landkreise Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, München und Starnberg: Es geht ein wenig aufwärts, aber der Anstieg ist mühsam und das alte Hoch noch weit entfernt.
80 Prozent der Befragten beklagen die staatliche Bürokratie, die erstmals abgefragt wurde. Über fehlende Nachfrage und Personalmangel klagen jeweils mehr als die Hälfte der Betriebe. An der größten Konjunkturbefragung im Freistaat hatten sich rund 3500 Unternehmen beteiligt. Gößl rechnet nicht damit, dass sich die trübe Stimmung in den kommenden Monaten aufhellt.
Besonders unzufrieden mit ihrer Geschäftslage sind die Industrieunternehmen und das Baugewerbe. Nach jahrelangem Boom ist insbesondere der Wohnungsbau stark eingebrochen, seitdem Zinsen und Baukosten in die Höhe geschnellt sind. In den vergangenen Monaten wurden viele Projekte storniert; neue Aufträge bleiben nach wie vor aus. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) warnt angesichts der Krise bereits vor Entlassungen und Insolvenzen in der Branche.
Hoffnung macht man sich dagegen im Einzelhandel. Seit die Inflation zurückgeht und in vielen Branchen Lohnzuwächse erwartetet werden, geben Haushalte wieder etwas mehr Geld aus. Die Konsumbereitschaft der Deutschen nahm im April zum dritten Mal in Folge zu, wenn auch auf niedrigem Niveau, zeigt der Indikator der Marktforschungsgesellschaften GfK und NIM. Deshalb hofft der Einzelhandel der BIHK-Umfrage zufolge auf ein Ende der Durststrecke und setzt darauf, dass der private Konsum langsam wieder anzieht.
Richtig gut läuft das Geschäft mit Touristen in München. Mit 1,8 Millionen Ankünften (plus 11,8 Prozent) und 3,7 Millionen Übernachtungen (plus 9,6 Prozent) ist das erste Quartal des Tourismusjahres 2024 so erfolgreich verlaufen wie keines zuvor, zeigen neue Zahlen des Referats für Wirtschaft und Arbeit. Auf einen sehr guten Januar und einen Rekord-Februar folgte der beste März seit Beginn der Aufzeichnung. Mit 681 00 Ankünften (plus 11,6 Prozent) und 1,4 Millionen Übernachtungen übertraf er den Rekord-März des vergangenen Jahres.
Stärkster Auslandsmarkt sind die USA
Das stärkste Wachstum im Zeitraum Januar mit März zeigten die Marktsegmente Amerika (plus 18,2 Prozent bei den Übernachtungen), Asien (plus 16,5 Prozent) und Westeuropa (plus 12,2 Prozent). Reisende aus China sorgten für doppelt so viele Übernachtungen wie im ersten Quartal 2023 (plus 107,7 Prozent). Der stärkste Auslandsmarkt sind die USA. Hier wiesen die Übernachtungen ein Plus von 14,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf.
Das Wirtschaftsreferat hofft angesichts des gelungenen Starts auf einen "sehr erfolgreichen Sommer für die Münchner Tourismuswirtschaft", so ein Sprecher. Dafür sprächen Erfolge im Kleinen: Die jüngste Auer Dult am Mariahilfplatz beispielsweise sei "enorm gut gelaufen". Doch der beliebte Markt, wo von Antiquitäten über Filzpantoffeln bis hin zu Saftpressen alles zu bekommen ist, was den Haushalt mit neuem Krempel füllt, ist ein eher kleines Ereignis verglichen mit dem, was noch kommt. Eine Vielzahl an Großveranstaltungen - Messen, Kongresse, Konzerte, Fußball-EM sowie das Oktoberfest - soll in den Sommermonaten und im Herbst für weitere wachsende Tourismuszahlen sorgen. Highlight dürften die zehn Open-Air-Konzerte des Superstars Adele im August werden, zu denen allein schon rund 800 000 Fans aus aller Welt erwartet werden, trotz stattlicher Ticketpreise. Von diesen Events profitieren vor allem Hotellerie und Gastronomie, aber auch im Einzelhandel dürfte einiges Geld hängen bleiben. Schätzungsweise macht der Tourismus rund 40 Prozent der Umsätze in der Münchner Innenstadt aus.
Stabil laufen die Geschäfte in der Dienstleistungsbranche, die für die Münchner Wirtschaft eine große Rolle spielt. Beratungsunternehmen sowie die Finanz- und Versicherungsbranche rechnen in den kommenden Monaten mit besseren Geschäften. Risiken sehen die Betriebe in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und im Mangel an Arbeitskräften.