Zielfahnder aus Nordrhein-Westfalen haben am Montagmittag in Düsseldorf einen 30 Jahre alten Polen gefasst und anschließend an die Münchner Polizei überstellt. Diese hatte den Mann wegen eines Tötungsdelikts im Alten Botanischen Garten gesucht. Dort war am vergangenen Mittwoch ein 57 Jahre alter Münchner im Zuge eines Streits mit einer vierköpfigen Gruppe ums Leben gekommen. Überwachungskameras hatten unter anderem aufgezeichnet, dass der 30-Jährige seinen Kontrahenten ins Gesicht getreten hatte, woraufhin dieser zu Boden gegangen und liegengeblieben war. Das Opfer wurde zwar noch ins Krankenhaus gebracht, starb dort jedoch wenig später.
Als Todesursache war bei der Obduktion ein Herzinfarkt und eine mögliche Erstickung durch die erschlaffte Zunge des Mannes festgestellt worden, teilte Stephan Beer, der Leiter der Münchner Mordkommission, am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit. Der Tatvorwurf wird von der Staatsanwaltschaft München I deshalb inzwischen als Körperverletzung mit Todesfolge bezeichnet. „Wir gehen derzeit davon aus, dass der Täter nicht mit Tötungsvorsatz handelte“, erklärte Pressesprecherin Anne Leiding. Der Tatverdächtige hat sich zwar bislang nicht zum Geschehen geäußert, in den Videoaufzeichnungen sei aber zu sehen gewesen, dass er seinem Opfer nach einigen Minuten Wasser ins Gesicht geschüttet habe. Dies sei als Erste-Hilfe-Maßnahme gewertet worden.
Der in der Innenstadt gelegene Alte Botanische Garten gilt seit einiger Zeit als Kriminalitätsschwerpunkt und Treffpunkt von Drogen- und Obdachlosenszene. Deshalb wurde dort im Juni eine Videoüberwachung mit mehreren Kameras installiert. Die Aufzeichnungen aus diesen Kameras seien „essenziell“ für die Aufklärung des Falles gewesen, sagte Stephan Beer. Mit ihrer Hilfe hätten sich seine Ermittler ein minutengenaues Bild vom Geschehen machen und auch die Tatbeteiligten schnell identifizieren können: vier Männer zwischen 30 und 38 Jahren, alle mit polnischer Staatsbürgerschaft und ohne Wohnsitz in Deutschland, alle bereits polizeibekannt, auch wegen Körperverletzungen.
Der Grund der Auseinandersetzung zwischen den Männern ist nach wie vor unklar. Nach Beers Schilderung war es am vorigen Mittwoch um kurz vor 10 Uhr an einer Parkbank nahe des Neptunbrunnens zunächst zu einem verbalen Austausch zwischen ihnen gekommen. Nachdem der Münchner im Vorbeigehen dem Quartett den Mittelfinger gezeigt hatte, sei er von einem der vier Polen mit der Hand gegen den Hinterkopf geschlagen und von einem anderen anschließend ins Gesäß getreten worden, wodurch er hinfiel. Als er wieder aufgestanden sei, habe ihn dann der 30-Jährige ins Gesicht getreten.
Ehe der Rettungsdienst eintraf, sei das Opfer etwa 15 Minuten reglos auf dem Boden liegengeblieben, ohne dass sich vorbeikommende Passanten um ihn gekümmert hätten, berichtete Beer weiter. Nur eine Person habe sich zu dem Mann hinuntergebeugt – und ihm das Handy geklaut. Auch das hatten die Kameras festgehalten.
Dem Hauptbeteiligten, der am Montag in Düsseldorf widerstandslos in einem Flixbus verhaftet wurde, droht nun eine mehrjährige Haftstrafe. Der 35-Jährige, der das Opfer ins Gesäß getreten hat, wurde wegen Körperverletzung angezeigt; die beiden anderen Männer aus der Gruppe werden derzeit nur als Zeugen geführt.