Stadtentwicklung:"Total verpasste Chance"

Geplanter Büro-Neubau im Wiesnviertel fällt in der Stadtgestaltungskommission durch

Von Sebastian Krass

Es ist ein Gebäude, in dem über die Jahre sehr viele Menschen gegessen, getrunken und geschlafen haben - und an dem noch viel mehr Menschen auf dem Weg zum Oktoberfest vorbeigegangen sind: Das Gebäude an der Mozartstraße 4, zwischen Goetheplatz und Theresienwiese, in dem eine Gaststätte und ein Hostel untergebracht sind, soll einem neuen Bürogebäude weichen. Der Entwurf des Münchner Büros Oliv Architekten stand am späten Dienstagnachmittag zur Diskussion in der Stadtgestaltungskommission.

Vor zwei Jahren habe man das Grundstück gekauft, sagt Georg Randlkofer, bekannt als Miteigentümer von Dallmayr und in diesem Fall als Privatperson Bauherr des Projekts, das Ende 2021 mit dem Abriss beginnen und 2024 fertig werden soll. Das bisherige Gebäude habe eine schlechte Bausubstanz, deshalb habe man einen Architektenwettbewerb für einen Neubau ausgerichtet, erklärt Randlkofer, "der Entwurf von Oliv war mit Abstand das beste Ergebnis". Es handele sich mit dem "Eintritt vom Goetheplatz ins Wiesnviertel" um einen "typisch Münchner Standort". Dem habe man gerecht werden wollen, sagt wiederum Igor Brncic, Gesellschafter von Oliv Architekten. Man habe bewusst kein Flachdach und keine moderne Gebäudeform gewählt, sondern "einen relativ klassischen Entwurf mit einem Satteldach". Bewusst haben man sich gegen eine Fassadendämmung aus Kunststoff entschieden. Die äußere Erscheinung des Gebäudes solle "viel Handwerklichkeit vermitteln", erläutert Brncic, "mit verschieden graduierten Putz und heimischen Steinen, mit Elementen aus Kupfer und mit schmiedeeisernen Brüstungen". Die Fenster seien aus lackiertem Holz geplant.

Die für die Baugenehmigung zuständige Lokalbaukommission hält das Projekt grundsätzlich für zulässig, hat aber Bedenken wegen der Tiefgarageneinfahrt von der Mozartstraße aus. Zudem meldete der Denkmalschutz Zweifel an der Wandhöhe und der Form des Daches an. Deshalb kam das Vorhaben vor die Stadtgestaltungskommission, ein Beratungsgremium für Bauprojekte von besonderer Bedeutung.

Deren Urteil fiel überwiegend kritisch aus. Die Münchner Architektin Ruth Berktold fand die "historisierende Fassade" unpassend, da es doch mit der im Stil der Neuen Sachlichkeit gebauten Post am Goetheplatz und dem "Royal"-Kino ganz andere Referenzpunkte in unmittelbarer Nachbarschaft gebe. Karin Schmid, ebenfalls Architektin aus München, fand die "massive Höhenentwicklung" und die Überhöhung an der Ecke zur Haydnstraße fragwürdig. Der Berliner Architekt Matthias Sauerbruch nannte das Projekt eine "total verpasste Chance auf einem tollen Grundstück". Der Entwurf mische zu viele Elemente, so dass man "nicht weiß, was gesagt werden soll. Wenn Sie klassische Architektur machen wollen, dann schauen Sie sich Beispiele an, die durchstrukturiert und einfacher sind". Die Amsterdamer Architektin Birgit Rapp wiederum widersprach: Sie könne den historisierenden Ansatz nachvollziehen, weil das Haus zu einem Block gehöre, "wo diese Häuser vorkommen". Das Dach fand sie aber "von Form und Volumen" verbesserungswürdig. Auch die überdachte Tiefgarageneinfahrt stieß auf viel Kritik. Auf die Frage, ob man über einen Zugang per Auto-Aufzug nachgedacht habe, antwortete Architekt Brncic: Das habe man verworfen, weil die Aufzüge oft defekt seien und Rückstaus entstünden, wenn Autos gleichzeitig einfahren wollten.

In ihrem einstimmig gefassten Fazit bat die Kommission Architekten und Bauherrn, "das Projekt noch einmal grundsätzlich zu überdenken" und zur Wiedervorlage zu bringen.

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