Süddeutsche Zeitung

Verpackungsmüll:Auf der Suche nach dem Königsweg

Die Idee, den Einsatz von Mehrweg-Geschirr finanziell zu fördern, mag schwierig umzusetzen sein, sie ist aber richtig. Einstiegsprojekte auf lokaler Ebene sind jedenfalls besser als keine

Kommentar von Thomas Kronewiter

Bei der Diagnose mit ihren diversen Aspekten dürften sich noch alle einig sein. Niemand mag sich die immer wieder verdreckten Wertstoffinseln in der Stadt weiter anschauen, niemand mag die Berge von Kunststoffverpackungen weiter anhäufen. Immerhin dürfte auch dem ignorantesten Nutzer von Einweggeschirr klar sein, dass die meist schlecht abbaubaren Kunststoffe nicht gut sind für die Umwelt. Und dass, jenseits der durch Corona wieder angeschwollenen Flut von Styropor-Warmhalteboxen und Plastikbesteck, die Wiederverwendbarkeit von Tellern und Schüsseln den Königsweg darstellt.

Wie man auf dem Weg zur nachhaltigen Nutzung vorankommt, ohne die ohnehin gebeutelte Gastronomie weiter zu belasten, löst dann aber schwierigere Debatten aus, wie sich schon auf der untersten lokalpolitischen Ebene zeigt. Soll man fördern und fordern, wie dies in der Au und in Haidhausen diskutiert worden ist? Genügen Appelle, wie auf der Schwanthalerhöhe vorgeschlagen? Und wie reicht man rechtskonform Zuschüsse aus, ohne gegen Haushaltsrecht zu verstoßen, wenn man solch eine Anschubfinanzierung für nötig hält?

Im beliebten Ausgehviertel Au-Haidhausen will man den eigenen Vorstoß als einen Versuchsballon verstanden wissen, mit dem man das Thema voranzubringen hofft. Dass der Bezirksausschuss dafür um die 10 000 Euro aus dem eigenen, nicht gar so üppigen Budget in die Hand zu nehmen gedenkt, unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Idee (und demonstriert die Dominanz der Parteien, die sich ökologischen Gedanken verpflichtet fühlen). Möglicherweise finden sich nun gerade angesichts der Corona-Sondersituation mit ihren diversen Hilfspaketen Chancen, solche Anschubgelder tatsächlich an die richtige Stelle zu bringen. Aber selbst wenn man nur den gemeinnützigen Gastro-Ausbildungsbetrieb oder das Catering für Stadtviertel-Feste unterstützen darf, wäre ein Anfang gemacht, das Thema, wie es die Haidhauser formuliert haben, "zum Fliegen" zu bringen.

Appelle allein, ob an Gastronomen oder an Gastro-Kunden gerichtet, werden nicht helfen. Sie zeigen nur, dass den Appellierenden zu diesem drängenden Thema eigentlich nichts eingefallen ist.

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Quelle:
SZ vom 05.05.2021
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