Süddeutsche Zeitung

Tierpark Hellabrunn:Neue Mitbewohner in der Eisbären-WG

Lesezeit: 2 min

Weil Eisbärendame Giovanna ganz allein im Eisbärengehege lebte, suchte man nach passender Gesellschaft. Jetzt sind Nanook und Nanuq eingezogen. Eine Bärin muss aber noch ihren Namen ändern.

Von Stefan Simon

Ein freier Platz in einer WG, das setzt in München einiges in Gang. Man will ja auch nicht jeden bei sich wohnen lassen, und auf dem Selbstauskunftsbogen steht immer nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Bewerber, die vor einer leicht angeschickerten Jury am Ende nur ihren Namen vortanzen müssen, um in das völlig überteuerte Zimmer einziehen und das viel zu kleine Fach im Kühlschrank nutzen zu dürfen, können sich noch glücklich schätzen. Eisbären haben es da bedeutend leichter.

Im Tierpark Hellabrunn gibt es jetzt eine WG, bei der die Vorgaben, wer einziehen darf, von vornherein sehr klar formuliert waren: ausschließlich Frauen, gerne etwas jünger als die schon dort lebende Mitbewohnerin, und unbedingt Pelzträgerinnen, keine Diskussion, man ist hier ja nicht irgendwo. Die Suche ist geglückt, die Neuen sind am Donnerstag eingezogen, und in der Polarwelt gibt es nun wieder mehr als einen Eisbären zu bestaunen.

Giovanna heißt das 14 Jahre alte Weibchen, das im Münchner Zoo erst die Zwillinge Nela und Nobby zur Welt brachte und später noch das Bärenkind Quintana. Alle drei sind aus dem Haus, sie leben jetzt in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden. Vater Yoghi war schon 2017 unerwartet an Nierenversagen gestorben, und seit Juli lebte Giovanna deshalb allein hinter den dicken Glasscheiben der Eisbärenanlage, doch damit ist es nun vorbei.

Nanook und Nanuq heißen ihre neuen Gefährtinnen, was ein bisschen ulkig ist, weil beide Namen exakt gleich ausgesprochen werden; es ist, als würden ein Ralf und ein Ralph in eine Menschen-WG einziehen. Der Tierpark hat aber andere Möglichkeiten als andere Vermieter. Im Steckbrief, den Hellabrunn über Nanuq veröffentlicht hat, steht bereits der Hinweis: "Eisbärin wird noch umbenannt."

Nanuq ist das Inuit-Wort für Eisbär

Nanuq, die also nicht mehr lange nach dem Inuit-Wort für Eisbär benannt sein wird, wurde im Zoo Mulhouse im Elsass geboren, im November wird sie vier Jahre alt; zuletzt lebte sie in der Normandie, im Zoo de Cerza bei Lisieux. Nanook wiederum kommt aus Nordrhein-Westfalen und hat es dort im Dezember 2017 als erster Eisbären-Nachwuchs des Gelsenkirchener Zoos zu einer zumindest lokalen Berühmtheit gebracht; vielleicht ist deshalb sie diejenige, die ihren Namen behalten darf.

Den drei Eisbärinnen wird's egal sein, für sie beginnt nun die Kennenlernphase, die für Mensch und Tier gleichermaßen spannend ist, im Idealfall aber frei von Spannungen. Nanuq und Nanook kamen am Donnerstag in Transportkisten nach München, sie sollen in diese freiwillig eingestiegen sein. "Eine Narkose, die immer mit einem gewissen Risiko verbunden ist, konnte dadurch vermieden werden", schreibt der Tierpark. Ein Kran hob sie dann am Ziel in die Eisbären-Anlage, wo die Tiere zunächst in separate Schlafhöhlen geleitet wurden.

Dass beide Neulinge am selben Tag eingezogen sind, hat seinen Grund: Keines der Weibchen soll sich gegenüber dem anderen einen Heimvorteil verschaffen können. Nanuq und Nanook werden die Tundra- und Felsenanlage in den nächsten Tagen jeweils alleine erkunden, danach lernen sie erst einmal sich kennen und am Ende dann auch ihre Mitbewohnerin Giovanna. Manchmal werden die Bärinnen dafür ein bisschen Ruhe brauchen. "Aufgrund der Eingewöhnungen kann es zu kurzfristigen Sperrungen der Besucherwege in der Polarwelt kommen", erklärt Baeatrix Köhler, die Kuratorin für Eisbären und Zoologische Leiterin in Hellabrunn ist. Bis auf diese Momente hätten Besucher aber grundsätzlich schon die Möglichkeit, die Zusammenführung zu beobachten.

Im Osten Grönlands übrigens wird der Eisbär auch Tornassuk genannt, der Herr der helfenden Geister. Drei davon können in einer Stadt wie München sicher nicht schaden.

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