Tiere im Münchner Zoo:"Die haben zwischendrin schon ein bisschen verdutzt geschaut"

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Direktor des Tierparks Hellabrunn: Rasem Baban. (Foto: Stephan Rumpf)

Welche Auswirkungen hat die Corona-Ruhe auf das Leben im Tierpark Hellabrunn? Direktor Rasem Baban über verwirrte Primaten und den ersten Schneeeulen-Nachwuchs seit 35 Jahren.

Interview von Linus Freymark

Im Tierpark Hellabrunn gibt es, wie jedes Jahr, neue Tierbabys. Wenn die Temperaturen steigen, nutzen viele Zoobewohner das mildere Klima, um ihren Nachwuchs großzuziehen. Gab es in diesem Jahr, nach der coronabedingten Schließung, mehr Geburten als sonst? Hat die Corona-Ruhe die Paarungsbereitschaft der Tiere gesteigert? Nein, sagt Tierpark-Direktor Rasem Baban - und erklärt, warum.

SZ: Heck-Rinder, ein Yak-Kälbchen, zwei Katta-Babys - der Tierpark Hellabrunn freut sich derzeit über einigen Nachwuchs. Erleben Sie gerade einen Baby-Boom?

Rasem Baban: Dass die Tiere um diese Jahreszeit vermehrt Nachwuchs bekommen, ist eigentlich normal. Jede Art hat ihre bevorzugten Zeiträume, beim Elch finden die Geburten beispielsweise meistens im Mai oder Juni statt. Die Tiere können die Jahreszeiten einschätzen, ihre innere biologische Uhr funktioniert besser als bei uns Menschen. Aber auch wenn die Geburtenrate in diesem Jahr bislang im Durchschnitt liegt, freut es uns natürlich, dass wir jetzt gerade wieder Jungtiere bekommen haben - wir deuten das als Zeichen, dass es den Tieren bei uns gut geht. Denn nur, wenn sie entspannt sind, wenn keine Gefahr droht und genug Futter vorhanden ist, paaren sie sich.

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Wie viele Geburten gab es denn im vergangenen Jahr? Und wie viele waren es denn in diesem Jahr schon?

Wir erstellen jedes Jahr eine ganz genaue Übersicht über unsere Bestände. Dabei werden natürlich auch die Geburten registriert. Ich könnte jetzt mit Zahlen herumjonglieren, aber das würde bei unserer Artenvielfalt und den vielen verschiedenen Lebewesen wenig Sinn ergeben, da wir bis auf ein paar Ausnahmen wirklich jedes bei uns lebende Exemplar erfassen. Natürlich, bei Fischen oder den Blattschneiderameisen wird das Zählen irgendwann schwierig, die werden dann in Kolonien zusammengefasst. Interessierte kann ich da auf unseren Geschäftsbericht verweisen, da kann man das alles noch einmal nachlesen. Aber bei den Geburten haben wir definitiv keine nennenswerten Ausschläge nach oben.

Als Laie hätte man ja durchaus meinen können, dass die Corona-Pandemie und die Ruhe den Winter über, als der Tierpark für Besucher geschlossen war, eine Auswirkungen auf die Paarungsbereitschaft der Tiere hat. Wir Menschen sind dabei ja auch lieber ungestört.

Nein, die pandemiebedingte Schließung des Zoos hatte überhaupt keinen Einfluss darauf. Unsere Tiere sind an die Besucher gewöhnt und lassen sich nicht von ihnen stören. Sie leben einfach ihr Leben. Aber was interessant war: Manchen Arten hat man angemerkt, dass sie sich wundern, wo denn auf einmal die ganzen Leute bleiben.

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Bei welchen Arten?

Am meisten hat man es bei den Primaten gemerkt. Die Schimpansen und Orang-Utans haben zwischendrin schon ein bisschen verdutzt geschaut, wenn schon wieder keine Besucher vor ihrem Gehege standen. Wir haben uns dann nochmal ganz besonders um sie gekümmert und ihnen etwas Abwechslung geboten. Gerade für Primaten ist die Interaktion mit den Besuchern wichtig. Apropos, das dürfte Primaten wie Besucher gleichermaßen freuen: Nach den Pfingstferien ist der Besuch bei uns unter der Woche auch wieder ohne vorherige Terminbuchung möglich.

Kommen wir noch einmal zu den Jungtieren zurück: Was passiert mit den Jungtieren? Bleiben sie in Hellabrunn? Und wer entscheidet das eigentlich?

Für jede Art gibt es einen Zuchtkoordinator, der ein sogenanntes Zuchtbuch führt. Darin ist genau aufgelistet, in welchem Tierpark auf der Welt welche Arten leben und wo es Nachwuchs oder Todesfälle gab. Anhand dieser Statistik entscheiden wir dann, ob wir ein bei uns lebendes Exemplar mit einem aus einem anderen Zoo paaren und was mit den Jungtieren passiert. Das ist ein hochkomplexer zoologischer Komplex, bei dem es darum geht, die betreffenden Arten vor dem Aussterben zu schützen. Oft leben die letzten Exemplare einer Art in zoologischen Einrichtungen, weil ihr natürlicher Lebensraum zerstört wurde. Unsere Aufgabe ist es dann, alles dafür zu tun, um ihren Erhalt sicherzustellen.

Bei welchen Arten erwarten Sie denn demnächst weiteren Nachwuchs? Und worauf freuen Sie sich dabei am meisten?

Besonders freue ich mich, dass wir zuletzt bei unseren Schneeeulen Eier im Nest gefunden haben. Das wäre der erste Schneeeulen-Nachwuchs bei uns seit 35 Jahren. Das ist dann schon etwas Besonderes. Allerdings ist es nicht hundertprozentig sicher, dass es klappt. Die Eltern haben sich beide das erste Mal gepaart, das birgt immer Risiken. Beide sind unerfahren, das kann zu Fehlern führen. Und es ist auch noch nicht ganz klar, ob die Eier auch wirklich befruchtet sind. Aber wir können beobachten, dass sich die Eltern kümmern, das ist schon mal ein gutes Zeichen. Deshalb haben wir ihr Gehege auch für den Publikumsverkehr gesperrt, wir wollen den Tiere ihre Ruhe lassen. Aber vielleicht können wir den Abschnitt bald wieder öffnen - und unseren Besuchern die jungen Schneeeulen zeigen. Das wäre wirklich toll.

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