Tauben in München:Gurrende Stimmungsbarometer

Tauben in München, 2018

Des einen Freud, des andern Leid: die Münchner Stadttauben.

(Foto: Alessandra Schnellegger)

Viele Münchner durchleben in der Corona-Krise schwierige Zeiten. Doch inzwischen schimpfen viele schon wieder laut über die Tauben in der Stadt - ein gutes Zeichen.

Kolumne von Philipp Crone

Zwischen Fan und Feind: Die Beziehung des Menschen, besonders des Münchners, zu Tauben wandelt sich im Laufe des Lebens. Während das gerade lauffähige Stadtkind kaum etwas spannender findet als den gurrenden Vögeln nachzurennen und sie zum Flattern zu zwingen, nimmt die Fang-Liebe mit dem Stimmbruch deutlich ab. Von dem Moment an, wenn junge Menschen auch gerne mal in gemütlichen Ecken hocken, wird die Taube zur Plage. Auf einmal freut sich der oder die Heranwachsende an jedem Taubenspießgerüst, das auf Querbalken befestigt ist und den Vögeln die Landung und damit auch das Abwerfen von Kotbomben unmöglich macht.

In dieser Zeit der Taubenfeindschaft nimmt man natürlich vor allem die schwierigen Eigenschaften der Columbidae wahr. Wie sie scheinbar absichtlich auf Ästen über Parkbänken sitzen, nur um ein gerade erstandenes Kleidungsstück schmierweiß zu markieren. Ab und an gibt es auch die Tiefflieger, die aus Angriffslust oder wegen amateurhafter Flugfähigkeiten bei Start und Landung menschliche Passanten zum Ducken zwingen. Der Lebensabschnitt der Taubenfeindschaft ernährt einen ganzen Handelszweig. Vom vergleichsweise harmlosen Plastikraben bis zu Dienstleistern mit Namen wie "Tauben-Abwehr".

Später dann, wenn der Mensch seinen Frieden mit den Tieren gemacht hat, kommt die Freude an ihnen zurück. Statt sie zu jagen, werden sie nun gefüttert. Da auch das Füttern zuletzt wegen der Corona-Pandemie oft ausfiel, hätte man sich beinahe Sorgen um den Fortbestand der Münchner Tauben machen müssen. Die aber kamen durch. Und jetzt sind manche Exemplare schon wieder derart wohlgenährt, dass sie kaum mehr zum Fliegen abheben können. Und so kann man an ihnen auch wieder die Stimmung in der Stadt ablesen. Denn es ist ja so: In normalen Zeiten, wenn ein ernstes Problem für viele Münchner lediglich der Föhn ist, wird lautstark gemosert, sprich - gegrantelt. Und da derzeit schon wieder sehr viele Menschen sehr laut über die Tauben schimpfen, ist das durchaus ein gutes Zeichen.

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