Burgerkette Hans im Glück:Ein freies Leben mit Ketten

Burgerkette Hans im Glück: Thomas Hirschberger hat seine schwedische Frau Gunilla auf einem Kreuzfahrtschiff kennengelernt. Seither sind sie ein Paar, privat und oft auch beruflich.

Thomas Hirschberger hat seine schwedische Frau Gunilla auf einem Kreuzfahrtschiff kennengelernt. Seither sind sie ein Paar, privat und oft auch beruflich.

(Foto: Stephan Rumpf)

Thomas Hirschberger, einer der erfolgreichsten deutschen Gastronomen, hat gerade seine Burger-Läden-Kette verkauft. Über einen Geschäftstüchtigen, der seine Träume verwirklicht - fast alle.

Von Franz Kotteder

Wie fühlt man sich, wenn man gerade um die 25 bis 30 Millionen Euro reicher geworden ist? Und auf der anderen Seite dafür aber irgendwie sein Herzensprojekt in fremde Hände gegeben hat? Gunilla und Thomas Hirschberger wirken sehr entspannt. Sie sitzen in einem stilvoll eingerichteten Raum ihres Familienbüros in der obersten Etage eines Geschäftshauses, mitten in der Münchner Altstadt. Vor einer Woche ist der Verkauf ihrer Burgerkette Hans im Glück mit 81 Filialen über die Bühne gegangen, genauer: von 90 Prozent der Anteile daran. Denn die anderen zehn Prozent hatten sie bereits vor eineinhalb Jahren an eine private Beteiligungsgesellschaft verkauft, für knapp zehn Millionen Euro.

"Klar, man ist da schon auch ein bissl wehmütig", sagt Thomas Hirschberger, "es ist ja auch lange ein wichtiger Teil unseres Lebens gewesen." Seine Frau Gunilla ergänzt: "Man verliert etwas, und man gewinnt etwas." Andererseits wollten sie das Unternehmen ohnehin nicht ewig behalten. Es aufzubauen und zur Blüte zu bringen, das sei eh der spannendere Teil der Geschichte. Und dann war es ja auch nicht das erste Mal, dass sie eine Kette verkauften.

Zuvor hatten sie sich schon 2014 von den letzten Anteilen an Sausalitos getrennt. Die Cocktailbar mit Texmex-Küche hatten sie bereits 1994 erfunden und dann langsam eine Filiale nach der anderen eröffnet. Am Ende waren es mehr als 30. "Ich freue mich auch heute noch jedes Mal, wenn ich an einem Sausalitos vorbeikomme", sagt Gunilla Hirschberger, "weil wir das aufgebaut haben." Sie können das inzwischen, denn auch vor Sausalitos gab es schon einmal einen hübschen Deal.

Die Geschichte von Thomas Hirschberger beginnt in Giesing, wo er als Sohn eines Metzgers auswuchs. Ein besonders prägendes Erlebnis war jener Tag, als er zum ersten Mal mit dem Vater ins Stadion durfte. Er war vier Jahre alt damals, 1966, und es war das Meisterschaftsspiel der Sechziger. Der kleine Bub saß beim Vater auf dem Schoß, jedenfalls die meiste Zeit, bis der TSV 1860 dann Meister war, das erste und einzige Mal in seiner Geschichte.

Den Jubel hat er nicht vergessen, und der Fußball und der Verein sind noch immer seine große Leidenschaft. Auch in den noch düstereren Zeiten der Löwen, als sie es heute sind, hielt er ihnen die Treue, fuhr regelmäßig zu den Auswärtsspielen. Eine Dauerkarte auf Lebenszeit - Kostenpunkt 1860 Euro, selbstverständlich - besitzt er sowieso. Auch deshalb ist er jetzt wieder als Kandidat für die Löwen-Präsidentschaft im Gespräch. Kandidiert hat er schon einmal, zog aber den Kürzeren, weil er nicht genug vernetzt war im Verein. "Das war schon immer so der Traum", sagt er jetzt, "aber bei der derzeitigen Konstellation macht das doch keinen Sinn." Mit Hasan Ismaik im Kreuz, dem Investor, könne man als Präsident nicht wirklich etwas erreichen. Also: keine Kandidatur.

Hirschberger wollte die Welt sehen

Hirschberger hat sich ja genug andere Träume verwirklicht, kann man so sagen, und keine schlechte Karriere hingelegt für einen Schulabbrecher. Mit 15 beschloss er an einem Freitag, mit der Schule aufzuhören und meldete sich kurzerhand ab. Ein folgenschwerer Entschluss, der den Eltern überhaupt nicht passte. "Der Vater hat dann das Wochenende über herumtelefoniert", erzählt Hirschberger, "und am Montag musste ich als Kochlehrling im Hofbräukeller anfangen. Das hat mir überhaupt nicht geschmeckt, aber es half ja nichts!" So erhielt er drei Jahre lang eine solide Ausbildung in Sachen Schweinsbraten und Semmelknödel, Würstl und Bratkartoffeln. Am schwierigsten war der Kaiserschmarrn, den mussten sie so oft machen, bis er passte - Pädagogik in den späten Siebzigerjahren, eben.

Immerhin kommt man als Koch auch herum in der Welt, und die wollte Thomas Hirschberger sehen. Nach der Bundeswehr ging er nach Südafrika und arbeitete als Koch in einem Hotel in Johannesburg. Dann ging es weiter nach Simbabwe. Die Rebellenregierung unter Robert Mugabe hatte dort die Macht übernommen, in der Hauptstadt Harare sollte ein großes Kultur- und Kongresszentrum entstehen, und Hirschberger war einer von drei Profiköchen, die dort 200 ehemalige Söldner zu Gastronomen umschulen sollten. "Da musste man bei Null anfangen", sagt er heute, "da gab es keinerlei Grundlagen, die waren ja vorher im Bürgerkrieg gewesen."

Eigentlich war das aber schon die Vorstufe für den Einstieg in die Systemgastronomie: Die muss ja schließlich auch funktionieren mit Personal, das oft nur angelernt wird und dann standardisierte Handgriffe ausführt.

Kaum hatten Hirschberger und die Profiköche den Job erledigt, hieß es aber schon wieder Abschied nehmen. Sie wussten jetzt auch, warum sie mit dem Flieger, vorbei an allen Passkontrollen, ins Land geholt worden waren: Denn wegen ihres südafrikanischen Visums wurden sie umgehend ausgewiesen. Die Regierung von Simbabwe boykottierte auf diese Weise das Apartheid-Regime in Südafrika.

81 Filialen

ihrer Burgerkette Hans im Glück haben Thomas und Gunnila Hirschberger vor einer Woche verkauft. Oder genauer: Sie haben sich von 90 Prozent der Anteile getrennt. Denn die anderen zehn Prozent hatten sie bereits vor eineinhalb Jahren an eine private Beteiligungsgesellschaft verkauft.

Die Wanderjahre waren damit freilich noch nicht zu Ende. Nach mehreren Zwischenstationen heuerte Hirschberger schließlich auf einem Kreuzfahrtschiff an. Auf Gibralter stieß eine junge Schwedin aus Göteborg dazu, die eigentlich Sprachen lernen wollte und Wirtschaft studierte, aber nun Geld brauchte und deshalb als Stewardess aufs Schiff kam.

Was soll man sagen? Es blieb für die beiden nicht beim Soßenrühren und Senioren-Bespaßen. Die beiden lernten sich kennen und lieben, nach ein paar Tagen zogen sie schon zusammen in eine Kabine von ungefähr zwei mal zwei Metern, die andere vermieteten sie an Handwerker, die mehr Platz wollten. Eine gewisse Geschäftstüchtigkeit war dem jungen Paar also nicht fremd. "Und wenn man nach 14, 15 Stunden Arbeit auf so engem Raum zusammenlebt", sagt Hirschberger, "dann weiß man ziemlich schnell, ob man es grundsätzlich miteinander aushält oder nicht." Die Sache war schnell entschieden.

"Ich hab' immer schon gewusst, was mein Preis ist"

Als Hirschberger am Ende seiner Tour war und wieder nach München wollte, machte seine Frau ihre Tour zwar noch fertig, entschloss sich aber dann, zusätzlich zur Muttersprache Schwedisch, zu Spanisch und Englisch auch noch Deutsch zu lernen und zwar in München. Man hört es bis heute, dass der Lehrer unter anderem Thomas Hirschberger war, denn das Deutsch seiner Frau hat einen lustigen bayerischen Einschlag, der recht sympathisch wirkt.

Fünf Jahre wollten sie bleiben, um dann weiter in der Welt herumzuziehen, so der Plan. "Jetzt sind es 31 Jahre geworden", sagt Gunilla Hirschberger, und natürlich bereut sie es nicht. Thomas arbeitete als selbständiger Mietkoch, übernahm immer mal kleine Jobs. So auch im Jagdschlössl am Rotkreuzplatz. Der Sohn des Wirts brauchte übergangsweise eine Hilfe am Herd. Hermann Weiffenbach hieß der Sohn, der eigentlich BWL studierte, und er erzählt heute noch, dass er erst erschrocken war über die Gehaltsvorstellungen des Aushilfskochs. "Ich hab' immer schon gewusst, was mein Preis ist", sagt Hirschberger heute und lacht. Und tatsächlich war Weiffenbach so beeindruckt, dass er sich dachte: "Wenn ich mal was mit Gastronomie mache, dann zusammen mit dem. Der weiß, wie man damit Geld verdient."

Es entstand dann tatsächlich eine geschäftliche Partnerschaft. Die beiden taten sich zusammen, übernahmen eine heruntergewirtschaftete Gaststätte an der Theresienstraße, um eine Crêperie daraus zu machen. Mitten im Umbau stellten sie fest, dass es plötzlich mexikanische Restaurants in der Stadt gab, die schnell richtig voll waren. Also schwenkten sie kurz vor der Eröffnung noch einmal um und erfanden das erste Enchilada.

Es war der leicht chaotische Beginn einer fast beispiellosen Erfolgsgeschichte, der Weiffenbach und Hirschberger zu den wohl erfolgreichsten deutschen Gastronomen, zumindest ihrer Generation machte. Denn aus Enchilada wurde mittels Franchise, Eigenbetrieben und eines konsequent durchgehaltenen Konzepts von der Einrichtung bis zu Speisen und Getränken eine höchst profitable und schnell wachsende Kette - mit heute sehr vielen, anders gelagerten Ablegern wie etwa der Salatbarkette Dean & David, bei einem Jahresumsatz von 120 Millionen Euro und einem Personal von 3500 Mitarbeitern. Die Hirschbergers ließen sich schon nach fünf Jahren, nach der ersten großen Expansion, auszahlen. "Unsere Interessen waren sehr unterschiedlich", sagen sie. Nicht, dass es Streit gegeben hätte, man sei ja heute noch befreundet. "Aber wir hatten schon zwei Kinder", sagt Thomas Hirschberger, "der Hermann war Single und ging viel zum Surfen. Da führt man halt ganz verschiedene Leben."

Doch weder Gunilla noch Thomas Hirschberger beschränkten sich auf den heimischen Herd, im Gegenteil. Bei einer Reise nach Kalifornien kamen sie ins Vergnügungsviertel von San Francisco. Sausalitos hieß es, und die Stimmung dort, meinten die Hirschbergers, müsse man eigentlich nach Deutschland übertragen. So entstand sie also, die Sausalitos-Kette, mit den Cocktails und den Texmex-Speisen und dem ganzen Drumherum. Die Stimmung war wichtig, so Thomas Hirschberger, damit vor allem die jungen Mädchen kamen: "Mädels sind wichtig. Wer will schon in eine Bar, wo nur Burschen hocken?"

Es saßen offenbar genug Mädels in den Sausalitos-Läden, denn als die Hirschbergers die Kette verkauften, waren sie wirklich so richtig reich. Das Geld investierten sie in Hans im Glück. Die nächste Kette.

Auch so eine merkwürdige Idee: 2010, und dann ausgerechnet Burger? Wo doch die größten gastronomischen Unternehmen in Deutschland, McDonald's und Burger King, den Markt damals schon komplett beherrschten. Aber Thomas und Gunilla sahen in London, wo sie sich immer mal wieder gastronomische Inspirationen holen, kleine Gourmetburger-Shops, die offenbar ganz gut liefen. "Das machen wir daheim auch", sagten sie. Die Kinder steuerten den Märchentouch bei, irgendwas mit Birken wollte die Schwedin in der Familie haben, und fertig war das Grundkonzept.

"Man muss Spaß haben, sonst macht das alles keinen Sinn", sagt Gunilla Hirschberger, angesprochen auf den Antrieb hinter all den geschäftlichen Aktivitäten. Den Spaß werden sie weiterhin haben, meinen sie. Der Sohn führt ja weiterhin noch die Hans-im-Glück-Restaurants in Singapur, wo er lebt. Tochter Anja betreibt das Café 48 im ehemaligen Roxy an der Leopoldstraße. Und dann gibt es ja noch das Premium-Steakhaus Little London im Tal, das die Hirschbergers im ehemaligen Maggi-Kochstudio eingerichtet haben. Es ist eingerichtet wie ein englisches Landhaus, aber benannt nach dem Spitznamen von Gunillas Heimatstadt Göteborg, die immer schon engste Handelsbeziehungen zu England unterhielt.

Freilich, zu allem Spaß fand sich auch immer wieder jede Menge Ärger; es kam zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit einem norddeutschen Franchisenehmer oder einer Innenarchitektin, die für die Raumausstattung der Burgerfilialen zusätzliches Honorar einforderte. Bei all diesen Geschehnissen und dem märchenhaften Aufstieg wundert es einen fast, dass Hirschberger sehr normal geblieben ist. Immer, wenn man ihn in einer seiner Filialen traf, hatte man den Eindruck: Der sieht nicht so aus wie der Chef von allem, sondern eher wie einer dieser gereiften Väter, der halt seine 15-jährige Tochter im Burgerlokal abholen muss.

Eigentlich ist er die perfekte Verkörperung des Sinnspruchs: In der Ruhe liegt die Kraft. Regt ihn eigentlich gar nichts auf? Thomas Hirschberger zuckt mit den Schultern. "Im Geschäftsleben ist's oft besser, wenn man gar nichts sagt", erklärt er trocken und grinst, "aber im Stadion bin ich schon manchmal sehr unruhig." Da sieht man: Als Fan von 1860 München kann einen alles andere gar nicht mehr erschüttern.

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