Letztendlich waren die Organisatoren aus dem rechten politischen Spektrum einen Tick zu optimistisch. Statt der angemeldeten 5000 bis 10 000 Teilnehmer kamen nach Angaben der Polizei gerade einmal rund 550 zur Demo „Gemeinsam für Deutschland“ auf die Theresienwiese. Wer sich die Reden ein Weilchen anhörte, wurde kaum überrascht: Putin-Freunde, Pandemieleugner, Gegner der Zuwanderung und Verfechter geschlossener Grenzen - alles dabei.
Als die rechte Aktivistin Christl Fischer das Mikro nimmt und zuallererst mit ihrem Oberpfälzer Akzent verkündet, sie sei nicht geimpft, jubelt die Menge. Die besteht vornehmlich aus Menschen mittleren bis höheren Alters und hat sich dort auf der Theresienwiese versammelt, wo zu fröhlicherem Anlass sonst die Oide Wiesn steht.
Ein paar hundert Meter weiter nordöstlich haben sich die Gegendemonstranten des Bündnisses „Gemeinsam gegen Rechts“ versammelt. Der parteilose Stadtrat Thomas Lechner leitet die Versammlung und erklärt gleich zu Beginn: „Wir bleiben so lange da, bis die anderen wieder verschwunden sind.“

Es ist ein außergewöhnlich schöner Frühlingsnachmittag, an dem man eigentlich lieber im Biergarten sitzen sollte. Doch die Gegendemonstranten, unter denen auch die Linke und die Grüne Jugend ihre Fahnen und die „Omas gegen Rechts“ ihre weißen Regenschirme schwenken, sehen es als ihre bürgerschaftliche Pflicht an, auf den rechten Aufmarsch zu reagieren. Nach Angaben der Polizei sind es 100 Menschen, vorwiegend jüngere. Doch es dürften locker doppelt so viele gekommen sein. Immer wieder macht die Menge ihrer Ablehnung des rechten Aufmarsches lautstark Luft.
Viele Aktivisten, auf deren Fahnen etwa „Antifaschistische Aktion“ steht, versuchen, möglichst nahe an den politischen Gegner heranzukommen. Doch die Polizei stoppt sie etwa hundert Meter vorher. „Siamo tutti antifascisti“, rufen sie unter anderem den auf derartigen Demos beliebten italienischen Spruch, also „wir sind alle Antifaschisten“. Wahlweise sind in Dauerschleife auch Slogans wie „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und Ähnliches zu hören.
So geht das eine Stunde lang, bis sich die Versammlung der Rechten in Bewegung setzt und zunächst über die Poccistraße und Lindwurmstraße das Gelände verlässt und eine große Schleife um die Theresienwiese dreht.
Ähnliche Aufmärsche finden zu selben Zeit in anderen deutschen Städten statt, etwa in Frankfurt, Schwerin oder Düsseldorf. Überall gibt es mehr oder minder großen Widerstand. In Mainz schaffen es Gegendemonstranten, den Aufmarsch zu blockieren. In München versuchen die Gegendemonstranten spontan, dem Zug der „Gemeinsam für Deutschland“-Menge zu folgen. Weil die Polizei sie daran hindert, muss sie sich Schmähparolen anhören: „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten.“
Doch das gehört zum Geschäft auf solchen Veranstaltungen. Damit es bei aller Ernsthaftigkeit des Themas nicht gar zu trocken zugeht, wird auch Musik gespielt. Bei der angemeldeten Versammlung von „Gemeinsam gegen Rechts“ dröhnt zuweilen recht punkige Musik aus den Boxen, die auch zur Haartracht und zum Outfit so mancher Teilnehmer passt. Unter die Gruppe, die den Rechten hinterher wollte, hat sich eine Bläser-Combo samt Percussion gemischt und sorgt mit Balkan-Klängen für Stimmung.
Bei einer Blockadeaktion im Bereich der Bayer- und Herrmann-Lingg-Straße gab es, wie die Polizei mitteilt, einige Rangeleien mit den Einsatzkräften. Letztlich sei aber alles friedlich verlaufen. Anfeindungen bleiben verbal, bis sich die Demos am fortgeschrittenen Nachmittag langsam auflösen. „Wir wollen, dass die Demokraten zusammenhalten und sich gemeinsam positionieren“, sagt Thomas Lechner, der für die Fraktion Linke/Die Partei im Stadtrat sitzt. Es wird dazu noch die eine oder andere Notwendigkeit geben.