"Pronesta lebt innovative Altbausanierung" - mit diesem Slogan wirbt das Immobilienunternehmen aus Feldafing am Starnberger See auf seiner Homepage für sich. Unter den "Referenzen" findet sich mit dem Projektnamen "Meisterstück Edition II" eine Sanierung mit Neubauten an der Augustenstraße 7 in der Maxvorstadt. Im "Bau-Blog" sind Bilder von einer Baustelle an der Herzogparkstraße 1 in Bogenhausen zu sehen, es soll das "Meisterstück IV" werden.
Gut möglich, dass das 1879 erbaute Wohnhaus an der Thalkirchner Straße 80 in der Isarvorstadt bald auch als "Meisterstück" firmiert. Denn nach einer kurzen Phase der Hoffnung für die Mieterinnen und Mieter, die Stadt könne das Anwesen kaufen, ist nun klar, dass Pronesta mit ihrer Tochtergesellschaft T80 GmbH den Zuschlag bekommen hat. Im Grundbuch ist die Firma bereits eingetragen, im Kaufvertrag ist ein Preis von 22,5 Millionen Euro für das Anwesen mit Vorder- und Hinterhaus und insgesamt 26 Wohnungen festgeschrieben. Die neuen Eigentümer hätten sich schon bei den verbliebenen sechs Mietparteien vorgestellt, erzählt Tilman Schaich, einer der sechs. "Ende Mai sollen die ersten Baumaßnahmen beginnen."
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Dieses Haus ist einerseits eines von vielen, das durch die Hände verschiedener Investoren gegangen ist und dessen Bewohner seit Jahren mit der Angst vor Verdrängung leben müssen, auch hier haben viele schon aufgegeben und sind ausgezogen. Andererseits hat die Hausgemeinschaft, unter ihnen viele Menschen mit kreativen Berufen, es vermocht, die Thalkirchner Straße 80 unter dem Schlagwort "Künstlerhaus" über einen langen Zeitraum in der Öffentlichkeit zu halten, bis hin zu einem Solidaritätsbesuch durch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) im Jahr 2019. Schaich ist zum Kopf der Initiative "Ausspekuliert" geworden, in der sich Mieterinnen und Mieter vernetzen.
Ende vergangenen Jahres verkündete Reiter, die Stadt überlege, das Haus zu kaufen. Das Kommunalreferat war beauftragt, Kontakt zum Insolvenzverwalter aufzunehmen, weil die vorige Eigentümerfirma pleite gegangen war. Doch die Stadt hatte offenbar kaum Chancen. Der Makler habe erklärt, die Verhandlungen mit Privaten seien weit fortgeschritten, schrieb Kommunalreferentin Kristina Frank Ende März in einer nicht-öffentlichen Stadtratsvorlage, die der SZ vorliegt. Dennoch sei man am Ball geblieben. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag, die das Haus hätte bekommen sollen, gab eine Stellungnahme ab: Auf Basis einer "rudimentären Informationslage", auch weil man das Objekt nicht habe besichtigen können, erscheine der vom Makler aufgerufene Kaufpreis von 24,5 Millionen Euro "überdurchschnittlich hoch". Zudem kalkulierte die Gewofag mit Sanierungskosten von gut neun Millionen Euro.
Was die neuen Eigentümer vorhaben, bleibt noch im Dunkeln
Dennoch habe man am 14. Februar "ein schriftliches Kaufangebot unterbreitet", schreibt Frank, "unter Vorbehalt einer positiven Stadtratsentscheidung". Dem Vernehmen nach soll sich das Angebot im Bereich der geforderten gut 24 Millionen bewegt haben, also höher als der vom Investor gezahlte Preis. Doch am 22. Februar wurde die Stadt informiert, dass der Verkauf an eine private Partei tags zuvor beurkundet worden war. Der Makler, so gibt Frank ihn wieder, habe versichert, "dass der Käufer den Mietern anbieten wolle, im Objekt verbleiben zu können. Der Mieterschutz sei gewährleistet".
Die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) resümierte, man habe "keine reelle Chance" gehabt - eine Einschätzung, die auch in der Stadtratsopposition und von den Mieterinnen und Mietern geteilt wird. Was die neuen Eigentümer vorhaben, bleibt noch im Dunkeln. Auf eine SZ-Anfrage antwortet Pronesta, man werde "momentan keine Gespräche führen", und bittet um "ein wenig Geduld (2-3 Monate)".
Es erscheint aber wenig wahrscheinlich, dass die Mieterinnen und Mieter auf Dauer zu bezahlbaren Preisen im "Künstlerhaus" wohnen können. Schließlich muss Pronesta den Kauf plus Sanierung finanzieren und will eine Marge erzielen. Dafür ist es von Vorteil, dass das Haus schon in Eigentumswohnungen aufgeteilt wurde, die sich einzeln verkaufen lassen - was von 2027 an Eigenbedarfskündigungen nach sich ziehen könnte, wie Schaich erklärt. Denn in fünf Jahren laufe ein in früherer Zeit vereinbarter Kündigungsschutz aus.
Dem Investor wäre es vermutlich lieber, das Haus schnell leer zu bekommen. "Bei einem zweiten Besuch haben sie angefragt, wie es mit der Bereitschaft aussieht, gegen eine Abfindung auszuziehen", berichtet Schaich. Und wie sieht es aus mit der Bereitschaft? Schaich sagt: "Als Gemeinschaft wollen wir nach Möglichkeit bestehen bleiben und sind offen für Angebote in alle Richtungen."