In München könnte es bald mit billigen Alternativen zum Taxi vorbei sein: Während das Taxi-Gewerbe sich bei den Preisen an die Vorgaben der Stadt halten muss, können Unternehmen, die zum Beispiel über Uber oder Bolt Fahrdienste anbieten, ihre Preise je nach Nachfrage festlegen. Sie gelten nicht als Taxis, sondern als Mietwagen. Das bedeutet in der Praxis: Bei hoher Nachfrage werden die Tarife teurer, ist die Nachfrage gering, zahlen Kunden teilweise deutlich weniger als für ein reguläres Taxi.
Das wollen die Fraktionen von SPD/Volt und Grüne/Rosa Liste im Münchner Stadtrat nun ändern. Schon vergangenen Juni haben sie beantragt, dass die Verwaltung prüfen solle, ob man einen Mindestpreis auch für Uber und Co. festlegen könne. Seit 2021 erlaubt dies das Personenbeförderungsgesetz. Die Begründung damals: In den vergangenen Jahren habe sich ein „ruinöser Wettbewerb“ zwischen den verschiedenen Mobilitätsanbietern im Mietwagenverkehr und dem Taxigewerbe entwickelt.
Die beiden Fraktionen gehen davon aus, dass soziale Standards wie der Mindestlohn bei Fahrdienstanbietern im Gegensatz zum Taxigewerbe in den seltensten Fällen eingehalten würden.
Am 29. April soll nun der Kreisverwaltungsausschuss darüber entscheiden. Nach Auskunft der SPD-Fraktion soll es nach derzeitigem Stand künftig einen Grundpreis von 5,42 Euro geben sowie einen Kilometerpreis von 2,60 Euro. Billiger dürfen die Fahrdienste keine Fahrten anbieten.
Die Einführung eines Mindestbeförderungsentgelts für sogenannte Plattform-basierte Mietwagen sei eine Reaktion auf aktuelle Entwicklungen bei Fahrdiensten und Taxis. Mietwagen aus dem Landkreis führen auf Kundensuche unnötig in der Stadt herum, was verstopfte Straßen, Staus und erhöhte Emissionen nach sich ziehe. Zudem blockierten diese Fahrzeuge „wertvolle Parkflächen in unserer ohnehin schon dicht besiedelten Stadt“.
Ein weiterer Vorwurf: Auch soziale Standards würden durch Unternehmen wie Uber und Co. ausgehebelt. Das Taxigewerbe dagegen achte auf Sozialversicherungspflicht, Mindestlohn und Ruhezeiten und sollte daher auch konkurrenzfähig bleiben. „Es braucht einen fairen Wettbewerb. Dumpinglöhne müssen wir verhindern. Deswegen wollen wir Mindestpreise für Fahrdienste“,sagt Grünen-Stadträtin Sibylle Stöhr, die auch Vorsitzende der Taxikommission ist.
Micky Wenngatz, SPD-Stadträtin und Vize-Vorsitzende der Taxikommission, erklärt: „Mit einem Mindestbeförderungsentgelt gestalten wir fairere Wettbewerbsbedingungen und tragen gleichzeitig zu einem nachhaltigeren und schadstoffärmeren städtischen Verkehr bei.“
Was Uber zu den Plänen sagt
Uber bewertet den Vorstoß indes anders. Detailliert äußert sich ein Sprecher nicht, solange noch nichts beschlossen sei. Ganz allgemein weist er aber darauf hin, dass Menschen wieder mehr Privatautos nutzen würden, wenn es keine günstigen Fahrten mehr gäbe. Dies hätten 30 Prozent der Befragten bei einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Civey im Auftrag von Uber angegeben. „Dies würde also nicht zu höheren Taxi-Umsätzen, sondern zu mehr Verkehr und höherer Umweltbelastung führen. Bei Mindestpreisen verlieren somit alle, auch Taxis“, so der Uber-Sprecher.
Die von Uber und anderen Anbietern wie Bolt vermittelten Taxis wären voraussichtlich nicht von der geplanten Regelung des Kreisverwaltungsreferats betroffen. Was die Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen angeht, so bestünden erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Einführung, sagt der Uber-Sprecher. Der Europäische Gerichtshofs habe im Juni 2023 festgestellt, dass rein wirtschaftliche Motive der Taxiunternehmer keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses darstellten und eine Regelung, die Mietwagenunternehmer in ihrer Niederlassungs- und Berufsfreiheit beschränkt, daher nicht rechtfertigen könnten.
Im November habe zudem das Verwaltungsgericht in Leipzig geurteilt, dass die von der Stadt eingeführten Mindestbeförderungsentgelte rechtswidrig gewesen seien. Was der Sprecher nicht sagt: Das Leipziger Urteil erlaubt es durchaus, dass eine Kommune ein Mindestbeförderungsentgelt festlegt. Dem Gericht waren aber die Mindestpreise zu hoch, sie dürften nicht über dem Taxitarif liegen. Das Gericht hat zudem entschieden, dass eine Stadt Rabatte ausschließen darf, damit der Mindestpreis nicht unterlaufen wird, etwa mit Cash-Back-Aktionen.
Das wäre in München nicht der Fall. Das Mindestentgelt für Mietwagen wäre sogar geringer. Aktuell gelten für Taxis ein Mindestpreis von 5,90 Euro und ein Kilometerpreis von 2,70 Euro.
Was die sozialen Standards angeht, so habe die Einhaltung der Gesetze „oberste Priorität“, sagt der Uber-Sprecher. Firmen, mit denen Uber zusammenarbeite, seien vertraglich verpflichtet, die Sozialstandards wie Mindestlohn einzuhalten. Sei das nicht der Fall, würden Anbieter auch schon mal von der Plattform ausgeschlossen.