Streit um FahrtkostenUber-Fahrer protestieren gegen Festpreise

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Auf der Theresien-Wiese demonstrierten Uber-Fahrer gegen Preisbindung, Taxi-Fahrer hielten dagegen.
Auf der Theresien-Wiese demonstrierten Uber-Fahrer gegen Preisbindung, Taxi-Fahrer hielten dagegen. (Foto: Johannes Simon)

Nach Willen von SPD und Grünen in München sollten die Taxi-Festpreise bald auch für Fahrten von Uber oder Bolt anfallen. Während die Unternehmen protestieren, wirft das Kreisverwaltungsreferat diesen systematische Regelverstöße vor.

Von Andreas Schubert

Am Mittwoch haben etwa 50 Uber- und Bolt-Fahrer von der Theresienwiese aus eine Sternfahrt Richtung Stadtzentrum unternommen, um gegen Fixpreise zu demonstrieren. Bei der Kundgebung am Marienplatz hielten etwa zwei Dutzend Demonstranten Schilder mit Aufschriften wie „Stoppt das Preisdiktat“ oder „Saupreis“ in die Höhe. Nur ein paar Meter weiter versammelten sich Taxiunternehmer und Fahrer zur Gegendemo mit Schildern wie „Uber raus“ oder „Uber go to Trump“.

Für Taxifahrten hat die Stadt einen Grundpreis von 5,90 und einen Kilometerpreis von 2,70 Euro festgelegt. Jetzt fordert ein Stadtratsantrag der SPD und der Grünen, der am 29. April im Kreisverwaltungsausschuss behandelt werden soll, einen Mindestpreis auch für Taxi-ähnliche Mietwagenfahrten. Im Gespräch sind eine Grundgebühr von 5,42 Euro und ein Kilometerpreis von 2,60 Euro.

Damit solle ein fairerer Wettbewerb gewährleistet werden. Denn Uber und Bolt gestalten ihre Preise flexibel, teils mit deutlichen Rabatten. Bei niedriger Nachfrage werden Fahrten angeboten, die manchmal nur halb so viel kosten wie mit einem regulären Taxi. Davon sollen Menschen profitieren, die sich sonst kein Taxi leisten können. Bei hoher Nachfrage wiederum, etwa an Wochenenden, steigen die Preise und liegen teilweise höher als bei den Taxlern. Das soll nach Ansicht der Vermittlungsplattformen und der Mietwagenanbieter auch so bleiben.

Christoph Biastoch, Versammlungsleiter der Mietwagen-Demo und Chef eines deutschlandweit agierenden Mietwagenunternehmens, sieht in den fixen Taxi-Tarifen ein veraltetes Modell. Er spricht sich für einen freien Wettbewerb aus, bei dem die Unternehmen die Fahrpreise selbst festlegen können.

Das Münchner Kreisverwaltungsreferat hingegen wirft Mietwagenunternehmen, die für Plattformen wie Uber oder Bolt Fahrgäste befördern, regelmäßige Verstöße vor. „Im Rahmen der aufsichtlichen Tätigkeit ist festzustellen, dass ein großer Anteil der Unternehmen im taxiähnlichen Mietwagenverkehr systematisch gegen die Pflichten des Personenbeförderungsrechts (unter anderem Rückkehrpflicht, Aufzeichnungspflicht) sowie arbeits- und sozialrechtlichen Pflichten (unter anderem Mindestlohngesetz, Arbeitszeitgesetz) verstoßen“, teilte das KVR am Mittwoch auf Nachfrage mit.

Aktuell sind nach Angaben der Behörde etwa 1800 solcher Mietwagen regelmäßig in München unterwegs. Viele sind in Nachbarlandkreisen gemeldet. Für Betriebsprüfungen sind die dortigen Behörden zuständig, mit denen das KVR nach eigenen Angaben kooperiert. „Obgleich die Überwachung arbeits-, sozial- und steuerrechtlicher Vorschriften in der Zuständigkeit anderer Behörden (unter anderem Hauptzollämter, Finanzämter) liegt, nehmen Pflichtverletzungen unmittelbar Einfluss auf die persönliche Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden“, so das KVR. Die Folge: „Ist ein Gewerbetreibender aufgrund schwerer Verstöße gegen die benannten Pflichten unzuverlässig geworden, wird die Genehmigung zum Verkehr mit Mietwagen entzogen.“

Mutmaßlich illegales Geschäftsgebaren ist unter anderem der Grund, warum sich die Vermittlungsplattform Freenow aus dem Mietwagengeschäft zurückgezogen hat, wie Alexander Mönch, Freenow-Chef für Deutschland und Österreich, erklärt. Uber und Bolt halten dagegen, dass man die Unternehmen vertraglich zur Einhaltung aller Gesetze verpflichte, dies auch kontrolliere und bei Verstößen Firmen aus den Plattformen ausschließe. Vereinzelte schwarze Schafe, so ist zu hören, gebe es immer.

Taxiunternehmer wehren sich schon seit Jahren gegen die missliebige Konkurrenz von Mietwagenanbietern, die sich nicht an die Regeln halten. Eine Beförderungspflicht gibt es für die Mietwagen nicht, dafür eine sogenannte Rückkehrpflicht zum Firmensitz, der oftmals außerhalb der Stadt liegt. Das heißt: Eigentlich müsste nach einer gebuchten Fahrt der Fahrer zum Stützpunkt zurückkehren. Dabei darf er aber per App gebuchte Folgeaufträge annehmen, was in der Praxis bedeutet, dass die Autos trotzdem die ganze Zeit durch die Stadt kurven und so eine hohe Auslastung erzielen.

Mittlerweile hat sich sogar Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zu dem Thema geäußert. In einem Radio-Interview bei Gong 96.3 sprach er sich dabei kürzlich gegen die Ausweitung der Festpreise aus. Uber künstlich zu verteuern sei der falsche Weg, so Reiter. Die Stadt sei teuer genug. Die SPD im Rathaus rudert nun anscheinend etwas zurück: „Die Position des Oberbürgermeisters ist nachvollziehbar“, teilt Fraktionschefin Anne Hübner mit. „Die Fraktion diskutiert in ihrer nächsten Sitzung, wie sie mit dem Thema angesichts der rechtlichen Unsicherheiten und der drohenden Mehrkosten für Mobilität bei jüngeren Menschen umgeht.“

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