Streit um MindestpreiseHunderte Taxifahrer demonstrieren gegen Uber und Bolt

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Rund 500 Taxifahrerinnen und -fahrer sind auf den Marienplatz gekommen.
Rund 500 Taxifahrerinnen und -fahrer sind auf den Marienplatz gekommen. (Foto: Johannes Simon)

Die Fahrerinnen und Fahrer werfen der Billig-Konkurrenz Sozialdumping und Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz vor. Die Branche fordert Mindestpreise. Das Rathaus vertagt den geplanten Beschluss.

Von Andreas Schubert

Der Lärm der Trillerpfeifen übertönte sogar das Glockenspiel am Rathaus. Am Montagmittag haben auf dem Marienplatz etwa 500 Taxifahrerinnen und -fahrer sowie Taxiunternehmer für einen Mindestpreis für Mietwagen in München demonstriert. Sie wollen einen fairen Wettbewerb auf der Straße und wehren sich gegen die teilweise weitaus billigere Konkurrenz, die von Plattformen wie Uber und Bolt vermittelt wird. Nun hoffen die Taxler, dass der Stadtrat einem Antrag von SPD und Grünen vom vergangenen Jahr folgt und ein Mindestentgelt für die Taxi-ähnlichen Fahrten mit Mietwagenunternehmen beschließt.

Die Entscheidung hätte eigentlich an diesem Dienstag im Kreisverwaltungsausschuss fallen sollen. Doch nun ist sie erst einmal vertagt auf Wunsch der Fraktionen von CSU/Freie Wähler und SPD/Volt. Man werde erneut mit allen Beteiligten reden und sich noch einmal alle Argumente anhören, sagte SPD-Stadträtin Micky Wenngatz, die auch stellvertretende Vorsitzende der Taxikommission ist. Ziel müsse es dabei sein, Gleichheit im Wettbewerb zu erzielen.

Das hält die Taxibranche ohne Mindestentgelte für unmöglich und wirft der Konkurrenz systematische Vergehen vor, um die günstigen Preise überhaupt zu ermöglichen. Auf einem Flyer listen die Organisatoren der Taxi-Demo folgende Vorwürfe auf: Steuerhinterziehung und fehlende Sozialabgaben, keine Gewerbesteuerzahlungen in München, da die Mietwagenfirmen großteils im Umland beheimatet sind, unzureichenden Versicherungsschutz der Fahrgäste, teilweise nicht registrierte Fahrzeuge, systematische Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz. Auch das Kreisverwaltungsreferat erklärt, man habe systematische Verstöße gegen diese Regeln festgestellt. Das will der Mobilitätsanbieter Free Now nicht mehr unterstützen und zieht sich deswegen aus der Vermittlung von Taxi-ähnlichen Fahrdiensten mit Mietwagen zurück.

Die günstigen Preise und Rabatte seien möglich, weil die Auslastung der Mietwagen höher sei als bei Taxis, argumentieren Uber und Bolt, doch das lässt die Taxibranche nicht gelten. So lasse sich die These, dass hohe Auftragszahlen niedrige Fahrpreise ausgleichen können, in München nicht halten. Bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit im Stadtverkehr von 18 Kilometer pro Stunde seien wirtschaftlich tragfähige Fahrdienste nur mit Mindestpreisen realisierbar. Der notwendige Stundenumsatz zur Kostendeckung müsste laut Berechnungen des Taxigewerbes bei 40 Euro liegen. Tatsächlich liege er aber bei rund 28 Euro, den Fehlbetrag glichen die Unternehmen eben mit Einsparungen aus, unter anderem bei Löhnen, Steuern und Sozialabgaben.

Uber und Bolt widersprechen dem vehement. Beide Unternehmen betonen, dass die Mietwagenfirmen, die für die App-basierten Plattformen fahren, vertraglich zur Einhaltung aller Regeln verpflichtet seien und gegebenenfalls von den Plattformen verbannt würden. Uber etwa erklärt, die Berechnungen der Taxibranche basierten auf falschen Annahmen, zum Beispiel bei der Durchschnittsgeschwindigkeit, die in Wahrheit höher liege.

Streit um Fahrtkosten
:Uber-Fahrer protestieren gegen Festpreise

Nach Willen von SPD und Grünen in München sollten die Taxi-Festpreise bald auch für Fahrten von Uber oder Bolt anfallen. Während die Unternehmen protestieren, wirft das Kreisverwaltungsreferat diesen systematische Regelverstöße vor.

Von Andreas Schubert

Ohne die Rechnungen der beiden Gegenseiten aufzudröseln, lassen sie sich kurz zusammenfassen: Uber und Bolt sagen, dass die Mietwagenunternehmen hochrentabel arbeiteten, ganz ohne Verstöße. Die Taxler bleiben bei ihrer Ablehnung der aus ihrer Sicht illegalen Wettbewerber. Denn für sie gelten Regeln wie Betriebspflicht und Beförderungspflicht, was bedeutet, dass der Dienst immer angeboten werden muss und sich die Fahrer beziehungsweise Unternehmen die Kunden nicht aussuchen dürfen.

Das erlebt man bei den Mietwagen durchaus. Es kann vorkommen, dass ein Fahrer eine per App gebuchte Fahrt annimmt, sie aber kurzfristig wieder storniert, wenn sich ein lukrativerer Auftrag mit einer längeren Strecke ergibt.

Uber und Bolt erklären, dass durch das Mindestentgelt die Preise im Schnitt um 45 Prozent steigen werden. Dadurch könnten sich viele Menschen Fahrten nicht mehr leisten. Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler gibt sich offen für Gespräche. Einfach nur alles teurer zu machen, sei keine Lösung. Diese Argumentation teilt auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der sich ebenfalls gegen Mindestpreise ausspricht. Stefan Jagel, Vorsitzender der Fraktion Die Linke/Die Partei, sagte als Redner bei der Demo am Montag: Dies sei eines sozialdemokratischen Oberbürgermeisters nicht würdig.

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