Schon mal was von Spiegelneuronen gehört? Nein? Nun, wir wollen die Dinge nicht unnötig kompliziert machen. Nur so viel: Die Ausrede "Ich kann nicht tanzen" ist wissenschaftlich völlig unhaltbar. Wir alle haben den inneren Drang, einem Rhythmus zu folgen und uns mit anderen Menschen zu synchronisieren. Angeborenes Taktgefühl! Weshalb die Füße bei kaum jemandem stillstehen werden am Samstag, 25. Mai, wenn es wieder heißt "Tanz den Gasteig", und das ganze HP8, selbst die Isarphilharmonie zum Dancefloor werden. Bei freiem Eintritt bietet dieses größte Tanzfest der Stadt mehr als 40 Veranstaltungen, von Hula-Hoop, Volkstanz, Voguing oder Waacking bis hin zu Salsa, Swing-Moves, Robot-Dance oder gepflegtem Tanztee. Und ein neu-olympisches Special gibt es auch: ein Breakdance-Battle.
Power-Moves

In ein paar Wochen wird Breaking bei den Spielen in Paris sein olympisches Debüt als neue Sportart geben. Längst hat das athletische Tanzen sich diese Anerkennung verdient. Man könnte es natürlich auch anders sehen und den Ausverkauf einer Subkultur beklagen, die besser auf Abstand bliebe zu Leuten wie IOC-Präsident Thomas Bach. Im Münchner Gasteig aber werden die B-Girls und B-Boys, wie sich die Breaker nennen, am Samstag nicht um Medaillen kämpfen, sondern um Applaus beim Live-Battle auf der Bühne der Isarphilharmonie. Los geht's dort, eins-gegen-eins, um 20.30 Uhr, dann zeigen sie dort ihr Können, fordern sich mit Dynamik, Musikalität, aber auch Charisma heraus.
Head Spin, Elbow Freeze, Rückwärts-Salto - diese Power-Moves der Könner wird man da sehen. Aber auch Battle-Profis und Olympioniken haben mal klein angefangen. So gibt es im Gasteig Breakdance Basics für Kids (Halle E, 15 Uhr) und Erwachsene (Probensaal, 16, 17 Uhr)
Breaking ist nicht Hip-Hop, da könnte man jetzt ganz weit ausholen, um die Unterschiede zu erklären und würde am Ende womöglich doch donnernd scheitern. Also am besten vorbeischauen und mitmachen bei den Hip-Hop-Basics (Kids, Probensaal 15 Uhr) und beim Femal-Hip-Hop (für Frauen, Halle E, 19 Uhr).
Swing, swing, swing

Auch der Swing macht es einem mit seinen vielen schönen Spielarten nicht ganz leicht. Charleston, Lindy Hop, Shag, Stroll, Balboa, Boogie-Woogie, Rockabilly Jive, Blues - all das ist geboten, und der Gasteig wird zum großen Ballroom. Denn bekanntlich hat München eine enthusiastische, energiegeladene Swingtanz-Community. Da gibt es Herren, die stilecht mit Tweedmütze und Hosenträger ihre Partnerinnen durch die Luft schleudern, sie kopfüber am Rücken entlang hinunterstürzen lassen, durch die Beine ziehen, um dann sofort weiter zu tanzen. Aber so ehrgeizig muss man gar nicht sein, man kann sich einfach von der Musik der Ära mitreißen lassen und mitswingen, etwa beim Tanztee mit dem Odeon-Tanzorchester und der Tanzschule Wolfgang Steuer (Isarphilharmonie, 15 Uhr), oder mit den Swing Lyons auf Zeitreise gehen in die späten Dreißiger- und Vierzigerjahre (Probensaal, 18, 19 Uhr, Vintageparty, 20 Uhr).
Queerlesque, Waacking und Vouging

Unlängst erst hat sie das erste Münchner Drag-Festival kuratiert, jetzt kann man Performerin Ruby Tuesday bei der Probenarbeit zuschauen. Sie gibt beim Gasteig-Tanztag Workshops in "Queerlesque" (Haus K, Bewegungsraum OG5, 19 und 20.30 Uhr). Ihre eigene Kursbeschreibung: "Jenseits von klassischer Weiblichkeit und Vintage-Rollenbildern stehen hier Bewusstsein für den eigenen Körper und individuelle Ausdrucksfähigkeit im Mittelpunkt. Wir entdecken weiche, sinnliche Bewegungen und flirten mit unserem Spiegelbild. Wir üben, selbstbewusst den Raum einzunehmen und uns zu modernen Songs zu bewegen. Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte und Philosophie des Burlesque erarbeiten wir eine einfache Choreografie." Alle Geschlechter und Körpertypen willkommen, und bitte in Wollsocken!
Selbstbewusst, expressiv und körperbetont - darum geht es auch bei zwei anderen Tanzstilen, die aus den LGBTQ+-Communitys in Los Angeles und New York stammen: Wer wissen will, was Waacking (18 Uhr) und Voguing (20.30 Uhr) zu faszinierenden Trends gemacht hat, kommt in den Saal X.
Tanzen wie Travolta

John Travolta tanzt. Da denken die meisten jetzt an jenen kongenialen Twist mit Uma Thurman in "Pulp Fiction". Aber der Mann hat schon früher bewiesen, dass er's kann. Im Tanzfilm "Saturday Night Fever" (1977) und vor allem in "Grease" (1978), der auf dem gleichnamigen Musical von 1971 beruht und immer noch ein Bühnenhit ist. In einem Workshop studieren die Profis von der Abraxas Musical Akademie München Choreografien im Stil der Fünfzigerjahre mit den Teilnehmern ein (Isarphilharmonie, 17.45 Uhr). Wer zu Hause im Halloween-Fundus noch etwas Gruseliges zum Überwerfen hat, kommt im Kostüm zum "Tanz der Vampire", ein Musical, das auf Roman Polańskis legendärem Film von 1967 beruht. Wie Vampire tanzen? Wie die hüftsteifen Zombies in Michael Jacksons "Thriller"? Nun, die Abraxas-Leute kennen die Choreo (Isarphilharmonie 19 Uhr).
Immer schön aus der Hüfte

Blutleer und hüftsteif geht bei diesem Tanz gar nicht: Denn beim Salsa kommt der Schwung direkt aus der Hüfte. Das würde so auch Teresa Grosso von der Tanzschule Salsa y Corazon formulieren. Sie gibt am Samstag interessierten Paaren und Einzelmenschen einen ersten Einblick in den stilistisch sehr vielfältigen Salsa-Kosmos. (Halle E 20.30 Uhr), DJ Hec legt auf. Im Anschluss an den Kurs kann man sich und der Welt bei der Salsa-Party beweisen, dass man es - uno, dos, tres - schon ein wenig drauf hat, das mit der Hüftrolle.
Geradezu unglaubliche Körperbeherrschung verlangt der "Umzansi", ein traditioneller Tanz des Zulu-Volkes (heute Südafrika). Er erzählt die Geschichte, wie die Zulu-Krieger die Briten in der historischen Schlacht von Isandlwana nur mit ihren Speeren bewaffnet besiegten. Die Tanzlehrerin Busisiwe Klimt aka Busi wird ihn vorführen zu den Rhythmen der Gruppe Mbollo-Percussion (Halle E 17 Uhr). Coole, kreative Tanzschritte aus Nigeria und Ghana zeigt Ariane Fritzsche (Halle E, 17.50 Uhr).
Und jetzt alle

"Der Gasteig ist offen für alle Menschen, auch mit besonderen Bedürfnissen", werden die Angebote des Tanztages im Gasteig beworben. Darüberhinaus wird etwa im Workshop "Community Dance - Tanz inklusive!" (Saal X, 15 Uhr, 16.30 Uhr) eine Gebärdendolmetscherin übersetzen. Jeder, ob mit Beeinträchtigungen oder nicht, kann sich zur Musik ganz frei bewegen, in seinem Tempo, seiner eigenen Art.
Unter Leitung der Initiative "Barrierefrei Feiern" ist am Samstag ein mobiles Service-Team im Einsatz, an das sich Gäste mit Behinderung bei Fragen oder Unterstützungsbedarf wenden können. Das Team ist an den weißen Westen zu erkennen, man kann es am Meeting-Point ansprechen, es ist telefonisch unter 01573 879 5555 (auch Whatsapp) zu erreichen, oder man klärt Fragen etwa zur Anreise im Vorfeld via Mail an info@barrierefrei-feiern.de.
Informationen zur Barrierefreiheit im Gasteig HP8 findet man auf der Website unter www.gasteig.de
Silent Disco und Clubbing

Für gehörlose Menschen ein völlig normaler Anblick: Leute, die hingebungsvoll tanzen, aber es herrscht Stille. Denn bei der sogenannten Silent Disco kommt die Musik aus Funkkopfhörern, die jeder individuell nach seinen Lautstärke-Bedürfnissen regeln kann. Klingt nach einer Super-Sache für alle, die überlaute Musik aus den Lautsprechern schon immer quälend fanden.
Aber natürlich gibt es am Samstag auch Clubbing mit voll aufgedrehten Reglern: Die Münchner Drag-Pionierinnen Janisha Jones & Pasta Parisa, die regelmäßig zur Party-Reihe "WIGZ" im Milla Club einladen. Und Garry Klein - die queere Reihe des Harry Klein - bringt einen Auszug der Show ins HP8. Umrahmt von feinen Sets von DJ Sonnenblumenöl aka MRTI & Louis EMP und Visuals von VJ Proximal (22 bis 2 Uhr Saal X).
Roboter und Hula-Hoop

"Wir funktionier'n Automatik/ Jetzt woll'n wir tanzen: Me'kanik" singen die vier Herren von Kraftwerk in ihrem Welthit " Die Roboter" (1978) und bewegen sich im dazugehörenden Video doch sehr minimalistisch. Dass es als Menschen-Maschine auch dynamischer geht, bewiesen ein paar Jahre vor den Düsseldorfer Elektronikern schon die Jackson Five in ihrer Choreografie zu ihrem Song "Dancing Machine". Und Michael, der berühmteste der Brüder, war später dann eh als "Moonwalker" ein Meister der abrupten wie geschmeidigen "Robot"-Moves. In diese faszinierende Bewegungswelt können die Kinder im Gasteig hineinschnuppern, zwei Workshops gibt es um 16.30 und um 17 Uhr im Probensaal.
Ob je ein Roboter einen Hula-Hoop-Reifen erfolgreich um seinen Bauch hullern wird? Vier Mini-Kurse für kleine und große Menschen gibt es bei "Tanz den Gasteig" zur vollen und halben Stunde (von 15 Uhr, Platz "Am Kulturkraftwerk"). Denn eigentlich kann ihn jeder erlernen, den Hoop-Dance, und auch vieles andere. Denn, Stichwort Spiegelneuronen, die Ausrede "Ich kann nicht tanzen", die gilt nicht.
Tanz den Gasteig, Samstag, 25. Mai, 15 bis 22 Uhr, Gasteig HP8, Hans-Preißinger-Straße 8, Infos zum Programm unter www.gasteig.de