Heinz Meyer, Chef und mittlerweile nahezu einziger Aktivist der rechtsextremistischen Pegida München, darf am kommenden Freitag, dem Beginn des Schabbats, nicht vor der Synagoge gegen den jüdischen Glauben agitieren. Meyer, der für die NPD-Tarnliste BIA als Oberbürgermeisterkandidat bei der Kommunalwahl antreten will, möchte "Beschneidung von Säuglingen und Kindern verbieten". Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat die Kundgebung auf dem Jakobsplatz untersagt. Die Stadt begründete das am Montag damit, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch die Versammlung unmittelbar gefährdet seien. Mit einer Verlegung werde aber der Gefahr "ausreichend begegnet", so das KVR. Pegida darf nun 100 Meter von der Synagoge entfernt an der Ecke Sendlinger Straße und Dultstraße die Kundgebung durchführen.
"Sehr enttäuschend" ist es für Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, "dass die Verwaltung eine Demonstration mit so deutlich antisemitischer Themensetzung in Hörweite des Jüdischen Zentrums gestattet". Ein Verbot wäre aus ihrer Sicht die einzig richtige Reaktion gewesen. "Ich werde immer wieder gefragt, was staatliche Stellen konkret gegen den aufflammenden Judenhass tun können", berichtet Knobloch. Ihre Antwort sei: "Man darf ihm keine Plattform bieten." Es könne doch nicht sein, dass "offener Hass und solche volksverhetzenden, die Religionsfreiheit missachtenden Inhalte im Herzen unserer Stadt öffentlich verbreitet werden dürfen".
Ganz ähnlich sieht das der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung gegen Antisemitismus, Ludwig Spaenle. Für ihn ist die Entscheidung des KVR lediglich ein erster Schritt in die richtige Richtung. "Aber er reicht nicht aus. Eine wehrhafte Demokratie darf potenziellen Brandstiftern keinen Raum geben", so der CSU-Politiker.
"Auch in der Sendlinger Straße ist diese Zusammenrottung der Pegida völlig unerträglich", sagt der einzige jüdische Stadtrat in München, Marian Offman. Zusammen mit seinen Fraktionskollegen von der SPD hatte er vergangene Woche einen Antrag eingebracht, die Pegida-Kundgebung auf dem Jakobsplatz zu verhindern. Offman: "Eine geplante offensiv antisemitische Veranstaltung am Ort des jüdischen Zentrums ist eine schlimme Provokation gegen Jüdinnen und Juden, aber auch gegen die gesamte Münchner Stadtgesellschaft."
Die geplante Pegida-Kundgebung in Sichtweite der Synagoge sei auch nach der Verlegung in die Sendlinger Straße "Antisemitismus pur", urteilt das Bündnis "München ist bunt". Der Verein hält deshalb an seiner um 16 Uhr beginnenden Menschenkette fest, mit der das jüdische Gemeindezentrum, die Synagoge und ihre Besucher geschützt werden sollen.
Bei Pegida München tauchte mehrmals einer jener Neonazis auf, die 2003 einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung der Synagoge geplant hatten. Mit einem weiteren wegen der Anschlagspläne Verurteilten soll Meyer - so der Verdacht der Bundesanwaltschaft - vor Jahren eine Terrorgruppe zu bilden versucht haben. Meyer, den die Sicherheitsbehörden als rechten Gefährder einstufen und der erst kurz vor Weihnachten wegen Volksverhetzung und einem Sprengstoffdelikt verurteilt worden ist, hat seine Kundgebung offensichtlich bewusst auf den späten Freitagnachmittag gelegt. An diesem Tag, dem 27. des jüdischen Monats Tewet, beginnt der Schabbat mit Sonnenuntergang in München um Punkt 17 Uhr. Wenige Minuten zuvor werden die Kerzen angezündet, das Abendgebet zur Begrüßung des Feiertags ("Mincha - Kabbalat Schabbat") beginnt um 16.48 Uhr.
Marian Offman hofft, dass eine große Gegendemonstration zeigen werde, "dass sich die ablehnende Haltung eines ganz überwiegenden Teils der Bevölkerung gegen Antisemitismus nicht geändert hat". Auch Charlotte Knobloch wünscht sich das. "Die Stimmen für das Miteinander, für Toleranz und Respekt müssen jetzt besonders laut sein."