Arbeitgeber als Vermieter:Wo Busfahrerinnen und Bademeister günstig wohnen

Arbeitgeber als Vermieter: OB Dieter Reiter (rechts) und Stadtwerke-Geschäftsführer Werner Albrecht übergeben einen symbolischen Schlüssel an die neuen Bewohner der Werkswohnungen an der Hanauer Straße.

OB Dieter Reiter (rechts) und Stadtwerke-Geschäftsführer Werner Albrecht übergeben einen symbolischen Schlüssel an die neuen Bewohner der Werkswohnungen an der Hanauer Straße.

(Foto: Stephan Rumpf)

Bis 2030 wollen die Stadtwerke so viele Werkswohnungen bauen, dass sie fast jedem dritten ihrer 10 000 Beschäftigten einen Mietvertrag anbieten können. In Moosach wurde ein weiteres Haus mit 118 Einheiten fertig.

Von Ulrike Steinbacher

Ein wenig neidvoll blickt Dieter Reiter auf die Loggien des Neubaus an der Hanauer Straße 20. Einen Balkon hat er bei sich daheim in Sendling nicht. "Da haben Sie's besser erwischt als der Oberbürgermeister", sagt er zu der kleinen Schar Bewohner, die am Mittwoch zur symbolischen Schlüsselübergabe für 118 neue Werkswohnungen der Stadtwerke München (SWM) gekommen sind.

Wohnungen mit relativ günstigen Mieten für die eigenen Beschäftigten eines Betriebs sind dem OB ein Herzensanliegen. Er erwarte eigentlich auch von Unternehmen in der Stadt, dass sie mit Werkswohnungen den angespannten Mietmarkt entlasten, sagte Reiter. "Was mir nix hilft, sind Aussagen von Dax-Konzernen, ihre Mitarbeiter verdienen so viel, die finden schon was." Das treibe nur die Preise weiter in die Höhe und erschwere dringend benötigten Fachkräften mit geringeren Einkommen die Suche immer mehr.

Die Stadtwerke dagegen bauen schon seit zehn Jahren für ihre Mitarbeiter. 3000 Werkswohnungen bis 2030 sieht die Ausbauoffensive vor, eine Bleibe für fast jeden dritten der 10 000 Beschäftigten. Man investiere "einen hohen dreistelligen Millionenbetrag", sagt eine Sprecherin. Gebaut wird auf SWM-eigenen Grundstücken, wo bisher Betriebshöfe, Umspannwerke, Parkplätze oder Heizzentralen untergebracht sind, die verkleinert oder nicht mehr benötigt werden - eine betriebsinterne Flächenkonversion sozusagen.

Tausend Einheiten sind inzwischen geschafft, knapp 400 davon seit 2011 neu gebaut. Zu ihnen gehören acht Werkswohnungen an der Isoldenstraße in Schwabing, 36 an der Kuglerstraße in Haidhausen, 114 an der Postillonstraße in Moosach. 56 möblierte Apartments an der Dantestraße in Nymphenburg sind begrenzt auf ein Jahr für neue Mitarbeiter von auswärts vorgesehen.

2023 sollen 85 Werkswohnungen plus Kita an der Katharina-von-Bora-Straße in der Maxvorstadt fertig werden, zwei Jahre später 230 Einheiten im Quartier an der Hanauer Straße, 2028/29 folgen die großen Brocken: 140 Wohnungen am Michaelibad, 330 im Kreativquartier an der Dachauer Straße und insgesamt 570 auf dem Busbetriebshofgelände an der Westend-/Ecke Zschokkestraße in Laim. Erste Pläne gibt es außerdem für das SWM-Gelände südlich der Isarphilharmonie und für das Umspannwerk an der Ecke Landshuter Allee/Nymphenburger Straße.

Ob die Zielmarke 3000 Werkswohnungen angesichts steigender Baupreise und wackelnder Lieferketten bis 2030 tatsächlich zu schaffen ist, muss sich zeigen. "Aber an unserer grundsätzlichen Absicht, da weiterzumachen, soll sich nichts ändern", sagte Werner Albrecht, SWM-Geschäftsführer Personal, Immobilien, Bäder, bei der Schlüsselübergabe an der Hanauer Straße.

Dieses neue achtstöckige Wohngebäude schließt an den Stadtwerke-Komplex "Hybrid M" an. Dort sind neben dem Busbetriebshof der Münchner Verkehrsgesellschaft eine Hochgarage und ein sechsstöckiges Bürogebäude untergebracht. Der Riegel schirmt die 118 Werkswohnungen vom Georg-Brauchle-Ring ab.

Auf dem 7000 Quadratmeter großen Grundstück sind etwa 9500 Quadratmeter Wohnfläche entstanden, aufgeteilt in Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen mit 43 bis 125 Quadratmetern. Gut die Hälfte ist barrierefrei, 17 Einheiten lassen sich rollstuhlgerecht ausbauen. Die Mieten orientieren sich am unteren Ende des Mietspiegels, erklärt die SWM-Sprecherin. Heißt zum Beispiel: Zwei-Zimmer-Wohnungen kosten bei einer Durchschnittsfläche von 66 Quadratmetern 1047 Euro warm, im freiwilligen München Modell der SWM 880 Euro.

Arbeitgeber als Vermieter: Die Mieten für die Wohnungen im neuen Gebäude orientieren sich am unteren Ende des Mietspiegels.

Die Mieten für die Wohnungen im neuen Gebäude orientieren sich am unteren Ende des Mietspiegels.

(Foto: Stephan Rumpf)

Voraussetzung für den Einzug ist ein Arbeitsvertrag. Erstmals vergeben die Stadtwerke die Wohnungen aber nicht nur an ihre eigenen Mitarbeiter, sondern starten ein Pilotprojekt zur Kooperation mit anderen städtischen Töchtern. In fünf Einheiten darf der Altenheim-Träger Münchenstift Mitarbeitende unterbringen, in fünf weiteren die München Klinik.

Dabei sind schon bei den Stadtwerken allein die Wartelisten voll. Zwei Jahre hat einer der neuen Bewohner der Hanauer Straße auf seinen Einzug warten müssen, nur eine Handvoll Wohnungen stehen derzeit noch leer. 58 Prozent der Mieter kämen aus dem Bereich Mobilität, berichtet Werner Albrecht. Hassan Hussein gehört nicht dazu. Er ist Saunameister nebenan in der Olympia-Schwimmhalle und freut sich, dass er seit September nur noch zehn Minuten in die Arbeit braucht und nicht mehr eine Stunde von Germering herüberradeln muss. Die Wohnung ist schön, der zehnjährige Sohn hat einen Platz im Fußballverein gefunden, nur Kitaplätze fehlen noch. Die aber wird's erst 2026 geben, wenn die beiden nächsten SWM-Häuser fertig sind.

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