Süddeutsche Zeitung

Stadtwerke:Sechster Stock, schlechte Aussicht

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Stadtwerke-Chef Florian Bieberbach residiert in einem recht kleinen Büro. Er suchte es sich selbst aus, sogar die Nordseite ohne Alpenblick - er hatte seine Gründe.

Interview von Elisa Schwarz, München

Wenn es Florian Bieberbach, 46, ein bisschen zu viel wird, steht er von seinem Schreibtisch auf und schaut an die Wand. Unten links: Bilder von Eulen, die seine beiden Kinder gemalt haben. Oben rechts: eine Liste mit Zitaten. Und in der Mitte ein Blatt Papier: "Es kon heit nix so wichtig sei, dass' ned morgen scho wida wurscht waar..." - also: Es kann heute nichts so wichtig sein, dass es morgen nicht schon wieder egal ist. In letzter Zeit schaut Bieberbach immer mal wieder an die Wand.

SZ: Herr Bieberbach, Ihr Büro ist überraschend klein für das eines Stadtwerke-Chefs ...

Florian Bieberbach: Ja, 20 Quadratmeter ungefähr. Das Büro habe ich mir ausgesucht, als ich 2013 in den sechsten Stock gezogen bin. Mir reicht die Größe, ich bin ja oft auch nicht da. Die Büros auf der anderen Seite haben eine schönere Aussicht, weil man die Alpen sehen kann, aber das lenkt natürlich auch ab.

Stattdessen haben Sie ein Plakat von den Alpen im Büro. Das ist ein bisschen widersprüchlich.

Das haben mir meine Kollegen zur Aufmunterung geschenkt. Ich bin begeisterter Bergsteiger.

Wann brauchen Sie denn Aufmunterung?

Die Energiewende oder die Verkehrswende stellen uns schon häufig vor größere Herausforderungen. Dabei gehört die Diskussion um den Steinkohleblock im Heizkraftwerk Nord nicht gerade zu meinen Lieblingsthemen. Hier wird sehr viel emotionalisiert und zum Teil falsch dargestellt. Zum Beispiel, wir hätten gelogen über die Kapazität unserer Heizwerke. Haben wir natürlich nicht. Aber man dringt da kaum noch durch mit Argumenten. Das ist schade.

Gerade mal 20 Quadratmeter groß ist das Büro von Stadtwerke-Chef Florian Bieberbach. Er hätte ein Chefzimmer mit Bergblick haben können. Stattdessen hat er jetzt ein Plakat von den Alpen im Zimmer hängen.

"Es muss wohl sein": Florian Bieberbach bekommt häufig Einladungen zu Veranstaltungen - der jeweilige Stempel hilft seiner Assistentin bei der Antwort.

Im Büro hängen Eulen-Bilder seiner beiden Kinder.

Am längsten begleitet ihn eine kleine Dagobert-Figur:...

..."Für mich ist er der Inbegriff eines kaufmännischen Geschäftsführers", sagt er.

Wenn Sie von einer hitzigen Diskussion im Stadtrat zurückkommen, was machen Sie in Ihrem Büro, um sich abzuregen?

Ich rege mich eigentlich nicht so leicht auf. Und wenn doch, dann schau ich auf meine Pinnwand. Da hängt der Spruch "Es kon heit nix so wichtig sei, dass' ned morgen scho wida wurscht waar...". Oder ich schaue auf meine Zitatensammlung, da stehen ziemlich schlaue Aphorismen drin.

Was sind das denn so für Zitate?

Alles Mögliche: Lichtenberg, Nietzsche, Keynes - eine sehr bunte Mischung.

Bieberbach geht an die Pinnwand und blättert in einer Liste. Titel: "Florians Lieblingsaphorismen und -zitate").

Oder hier, der Satz ist von einem Mitarbeiter: "Die Welt ist in Familien organisiert." Das hat ein Mitarbeiter 2016 gesagt, und den Satz finde ich super. Da steckt viel drin, vor allem die Frage, wie Gesellschaft funktioniert.

Und wozu sind die bunten Stempel auf Ihrem Schreibtisch?

Die benutze ich für die Einladungen, die meist noch in Papierform bei mir landen. Früher habe ich die Post handschriftlich kommentiert für meine Assistentin. Heute stemple ich sie einfach nur noch. Geht viel schneller!

Welchen Stempel benutzen Sie denn am häufigsten?

"Leider nicht möglich!" Aber das bekommen die Absender nicht zu sehen, den Stempel nutze ich natürlich nur intern.

Welcher Gegenstand begleitet Sie denn schon am längsten?

Ich glaube, der kleine Dagobert auf meinem Schreibtisch. Für mich ist er der Inbegriff eines kaufmännischen Geschäftsführers.

Er passt also auf das Geld auf?

Ja, genau wie ich.

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Quelle:
SZ vom 27.08.2019
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