Prozess vor dem Amtsgericht:Schimmelfisch und Mäusekot im Supermarkt

Weil in einem Laden an der Lindwurmstraße unhygienische Zustände herrschen, muss sich ein 58-Jähriger vor Gericht verantworten. Am Ende wird das Verfahren eingestellt - obwohl sein Anwalt die Vorwürfe einräumt.

Von Susi Wimmer

Schimmliger Trockenfisch, Mäusekot neben den Reissäcken und zu warm eingelagerte Hähnchenbrust: In dem Supermarkt mit indischem Essen an der Lindwurmstraße möchte man nicht unbedingt Kunde sein. Oder, wie es die Staatsanwaltschaft ausdrückt: "Die unhygienischen Zustände in dem Betrieb hätten bei einem normal empfindenden Menschen Ekel und Widerwillen ausgelöst." Anisul T. fand sich deshalb vor dem Münchner Amtsgericht wieder - zu Unrecht, wie sich herausstellte.

Die Liste, die die Lebensmittelkontrolle vor mehr als einem Jahr verfasst hatte, ist lang: 19 Punkte sind angeführt, von der dreckigen Knochensäge bis hin zu unetikettiertem und undefinierbarem Fleisch in der Kühltruhe. Vorgelegte Proben von Nüssen oder der Jackfruit wiesen "ein hochgradiges Wachstum von Schimmelpilzen" auf. Juristisch wird das vorsätzliches Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die für den Verzehr durch Menschen ungeeignet sind.

"Die Verstöße", so sagt Rechtsanwalt Alexander Kraffczyk, "werden nicht bestritten". Die schon früher beanstandeten Hygieneverstöße seien ja leider nicht beseitigt worden. Indes: Nicht der 58-jährige Anisul T. sei der Betriebsleiter, sondern seine Ehefrau. Er selbst sei lediglich auf Minijob-Basis angestellt und verdiene brutto 520 Euro. Deshalb habe man gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt.

Bis ins Jahr 2018, so führt der gelernte Montierer Anisul T. aus, habe er einen Laden an der Lindwurmstraße weiter stadteinwärts betrieben. Doch dann habe man das Gebäude räumen müssen. "Es gibt ja schon zwei Bußgeldbescheide gegen Sie", sagt die Richterin dazu. Und die Staatsanwältin ergänzt, dass auch gegen die Ehefrau noch zwei Verfahren laufen würden, "die sind noch nicht bei Gericht".

Da der Strafbefehl den falschen Adressaten betraf und auch mit Blick auf die anstehenden Verfahren gegen die Ehefrau, signalisierte die Staatsanwältin ihr Einverständnis, die Sache gegen Auflagen einzustellen. Anisul T. muss 1000 Euro zahlen, da er laut Gericht auch als Angestellter nicht ganz unschuldig an den Zuständen sei.

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