"Superbloom"-Festival:München steht ein Groß-Open-Air im Olympiapark bevor

Lesezeit: 5 min

Bayrische Tonangeber: "La Brass Banda" machen die Olympic Stage zur Wirtshausdisco. (Foto: Superbloom)

Ein Festival mit 120 Programmpunkten in einem Dutzend Manegen, bespielt von Musikern, Artisten, Tänzern, bildenden Künstlern, Comedians und Wissenschaftlern: Was am kommenden Wochenende beim "Superbloom" geplant ist.

Von Michael Zirnstein

"All unsere Visionen scheinen Realität zu werden", sagt Fruszina Szep nach den ersten von fünf Aufbautagen, "Wahnsinn! Teamwork makes the dream work." Nur, wer sich nicht näher mit ihrem "Baby", dem "Superbloom", befasst hat, könnte nun sagen: Wieso, das ist doch ein Festival wie viele. Ist es eben nicht. "Superbloom" ist nicht nur das erste Groß-Open-Air im Olympiapark seit dem letzten "Rockavaria" 2016, es ist ein "Experiment", wie Szep es nennt. Dass sie "Festival-Direktorin" genannt wird, zeigt auch, dass hier ein größeres Unternehmen läuft, eine Art Zirkus mit einem Dutzend Manegen. So wird es am Samstag und Sonntag, 3. und 4. September, jeweils von 11 Uhr bis Mitternacht, eben nicht nur etwa 60 Konzerte von internationalen, nationalen und regionalen Musikern geben, sondern in elf "Experience"-Arealen auch Artisten, Tänzer, bildende Künstler, Zauberer, Podcaster, Kinderlieblinge, Comedians, Wissenschaftler und Aktivisten. Kurz gesagt: "Superbloom", hinter dem die Berliner Agentur Goodlife steckt, kommt einem mit seinen 120 sehr unterschiedlichen Programmpunkten vor wie das einmonatige "Tollwood"-Spektakel, allerdings an zwei Tagen. Und das ist kein Wunder, Tollwood hat Fruzsina Szep, die einzige weibliche Leiterin eines Groß-Festivals in Europa übrigens, schon inspiriert, als sie einst in München aufwuchs. Ihre Verbundenheit mit der Stadt und Bayern spiegelt sich auch in etlichen regional verwurzelten Blüten für das "Superbloom".

Die Konzerte

Während die nach der Pandemie allenthalben fehlenden Hilfskräfte von den Bühnentechnikern bis zu den Putzkräften erst auf den letzten Drücker zusammengetrommelt werden konnten, steht das Herzstück beim "Superbloom" schon seit einem halben Jahr (nach einigen Turbulenzen in der Pandemie) fest: das Musikprogramm, ein spannender Mix quer durch alle Pop-Genres. Die Zugnummern auf der "Olympic Stage" im Stadion, der größten von vier Konzertbühnen, sind zwei der bestbezahlten und umtriebigsten Dance-Pop-Produzenten der Welt: Calvin Harris ("Summer") in der Samstagnacht, 22 Uhr, und David Guetta ("Titanium") am Sonntag, 22 Uhr. Vor ihnen spielen internationale Hip-Hop-Stars wie Megan Thee Stallion und Macklemore ebenso wie die Rap-Aufsteiger Schmyt aus Viersen und 01099 aus Dresden. Und deutsche Pop-Größen wie Lea ("Zu Dir"), Annenmaykantereit ("Barfuß am Klavier") und Kraftklub ("Ein Song reicht") treffen hier auf die bayerischen Tonangeber La Brass Banda und Roy Bianco & Abbrunzati Boys.

David Guetta gehört am Sonntag von 22 Uhr an die Bühne. (Foto: Superbloom)

Auch die Superstage (auf dem Tollwood-Gelände) ist aufsehenerregend besetzt, etwa mit Rita Ora ("Let You Love Me"), Electro-Hitmaschine Alan Walker, Grime-Krösus Skepta und dem belgischen Feingeist und Pop-Vordenker Stromae ("Alors On Danse").

Auf der Bloomstage in der Olympiahalle gibt Willow, die Tochter von Hollywood-Schauspieler Will Smith, ihr einziges Deutschland-Konzert in diesem Jahr; hier spielen die Indie-Rocker Glass-Animals ebenso wie der diesjährige britische ESC-Kandidat Sam Ryder; und die Comedians Kurt Krömer und Kaya Yanar werden zeigen, dass man auch mit gutem Humor ein Pop-Publikum unterhalten kann.

Der Feingeist und Pop-Vordenker Stromae spielt auf der Superstage. (Foto: Michael Ferire)

Die Neoneo-Stage will, der Name lässt es vermuten, vor allem die brandheißen Künstler der jüngeren Generation präsentieren. Dafür hat "Superbloom" die Junge-Welle-Experten der BR-Plattform Puls rangelassen, die hier auf der Theatronbühne am Olympiasee Spannendes von Mia Morgan und Sofia Portanet über Lokalheroen wie Die Sauna und Umme Block bis zu den Internet-Laber-Stars BBQ Podcast und Fußball MML präsentieren.

Zirkus und Tanz

Der Name der schwimmenden Bühne im Olympiasee steht für alles, was Superbloom sein will: Spectacular. Speziell läuft hier ein buntes Programm der darstellenden Künste: Cirque nouveau von den Kompanien Analog und Gravity & Other Myths, Tuchakrobatik von Solair, der Nachwuchs von der Staatlichen Artistenschule Berlin, African-Street-Dance von der Compagnie La Mer Noire aus dem Senegal sowie zeitgenössischer Tanz von der ukrainisch-ungarischen Truppe Recirquel ebenso wie von der renommierten Münchner Iwanson International School of Contemporary Dance.

So sieht der Plan aus, mit dem Superbloom den Besuchern Orientierung bietet. (Foto: Superneo)

Wissenschaft

Besonders stolz ist die Festival-Direktorin auf "SuperBrain", das "Experience"-Areal für Forschung und Wissenschaft - "vor allem, weil es so ein Format noch nie auf einem Musikfestival gegeben hat". Auch die Akteure hier seien schon ganz aufgeregt, einige hätten sich ihren Backstage-Bereich schon zeigen lassen: "Und hier könnte ich tatsächlich einen Kaffee mit David Guetta trinken?", so zitiert Fruzsina Szep einen jungen Forscher, der dann beim Festival - ganz Feuer und Flamme - mit Physik das Publikum verzaubern wird. Bei "SuperBrain" treffen Superhirne vieler Institute zusammen: Unter anderem schickt das Deutsche Museum ein Roboterteam für eine Mensch-Maschine-Interaktion; das entstehende Biotopia-Naturkundemuseum baut Mitmach-Experimente auf, das Helmholtz-Zentrum Farb-, Licht- und DNA-Spiele; es fantasieren die Utopisten des "Science Fiction Festivals", es schwadronieren die Physiker des "Methodisch inkorrekt!"-Podcasts; und den Rest von "Wieso, weshalb, warum?" beantwortet Joachim Hecker, der Science-Entertainer von der "Sendung mit der Maus".

Kinderprogramm

Auch mit dem zweitägigen Kinderprogramm ließe sich locker ein ganzer Sommerferienmonat füllen. Die kleinsten Festivalgäste liegen der Leiterin Fruzsina Szep besonders am Herzen, auch weil sie selbst während der Planungsphase Mutter geworden ist. Ein Festival in der Tradition von Woodstock solle "ein Begegnungsort für Generationen", gerade die Jüngsten könnten auf Festivals "das damit verbundene Freiheitsgefühl für sich entdecken" und über die Wunder der Welt staunen. Das können sie im "Minibloom"-Quartier im Kreativcamp, in der Bewegungsarea, im Küchenspaß, der Seifenblasen-Disco, beim Hängematten-Hangout, bei Workshops für Vogelhäuschen-Bau und Zauberei. Hier gibt es auch Wickelstationen, Kinderwagenparkplätze und gesunden, kindgerechten Imbiss. Und auf der "Daisy Stage" im MiniBloom können die Gänseblümchen unter den Festivalgästen abrocken mit der Dino-Metal-Band Heavysaurus, mit den Beatboxern der Razzzelbande auf dem Planeten Aiuk Aiukuck landen und mit der Rapperin Sukini alles auf Schmetterlinkskacke reimen.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Kunst

Die Kunstwerke im Areal "Art Bloom" auf der Wiese neben dem Olympiaturm entstehen zum Teil erst dort - aus den Eindrücken des Festivals heraus. Mit dabei sind Carolina C. Kreusch (Kulturpreis Bayern 2020), der Münchner Textil-Künstler Stefan Wischnewski, die Performerin und Bildhauerin Louisa Abdelkader und der Zeichner und Videokünstler Patrick Borchers.

Gemütlichkeit

"Setz' di hera, samma mehra" - da leiht sich das "Superbloom" doch glatt ein bayerisches Gemütlichkeits-Motto für seine "BearBrass&Beats"-Area. Diese ist eine Art hipper Biergarten am Fuß des Olympiaturms, in der bayerische Schmankerl serviert werden, auch musikalischer Art wie vom Duo Erwin & Edwin oder der 13-Musiker-Truppe Traktorkestar. Und zwischendurch legen die Radio-DJs von Bayern 3 auf. Nur einen Spaziergang weiter über die Kanalbrücke gibt es eine "Kirmes der Spiele" mit Kuriositäten wie "im Budapester Stadtpark der 1920er"; und dahinter die "Weinlaube am See", die von der schwimmenden Bühne "Hideaway" aus mit Liedermachermusik von Oimara, Kirschkernespucken oder Kathy Santos sanft beschallt wird.

Mode und mehr

Alles was in Mode, Trend und Lifestyle ist, finden die Gäste im District4: Modeschauen der Münchner Akademie für Mode und Design wechseln sich hier ab mit den queeren Ballroom-Dances von "The Iconic House of Saint Laurent", Live-Podcasts von Ivanka T, der Frisuren-Show der von Tollwood bekannten Spanier Osadia und Podiumsdiskussionen zu fairer Mode und Diversität im Show-Geschäft. Für Erbauung sorgen ein Musik-Bingo, für Bewegung Rave-Aerobic, Rebellen-Yoga mit Robert Ehrenbrand (auch Hardcore-Bassist von Boy Sets Fire, übrigens) und eine Rollschuh-Disco.

Soziales Engagement

Superbloom soll auch politisch wirken. Deswegen soll die Menschenrechtlerin Tupoka Ogette ("Exit Racism") auf der Hauptbühne den Besuchern ins Gewissen reden. Und dafür gibt es den Bereich "Your Planet". Hier um den 22 Meter hohen GEM-Turm, der Wind- und Sonnenenergie erzeugt, präsentieren - mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung - 30 Organisationen von Amnesty über Juno (für geflüchtete Frauen) bis Fridays For Future ihre Arbeit und Anliegen in Podiumsgesprächen, Live-Podcasts, Performances und Workshops.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAndrea Sawatzki
:"Man strandet auf dem Höhepunkt der Karriere"

Die Schauspielerin und Autorin hat keine Lust mehr, sich zurückzuhalten. In ihrem Schaffen widmet sie sich verstärkt Tabuthemen. Ein Gespräch über Altersdiskriminierung, Bodyshaming und ihre tragische Jugend in Bayern.

Interview von Bernhard Blöchl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: