Man muss kein Sportfan sein, um sich beim American Football unterhalten zu lassen. Während deutsche Fußball-Übertragungen puristisch dem Ablauf „Anpfiff, erste Halbzeit, Pinkelpause, zweite Halbzeit, Abpfiff, Analyse“ folgen, macht die US-Event-Kultur ein breiteres Angebot. Das Endspiel der Profiliga NFL, der „Super Bowl“, ist sozusagen ein Pop-Festival. Übertragen in alle Welt, gesehen von einer Milliarde Menschen - und auch in München machen viele Fans (oder eben keine) dafür seit Jahren die Nacht durch und die Chips-Schalen und Miller-Beer-Dosen leer.
Gerade in München, muss man sagen, denn die bayerische Landeshauptstadt ist auch eine Football-Metropole: Hier spielen und trainieren die Teams der Ravens (Europa League), Rangers und Cowboys. Und München war bereits zweimal Austragungsort offizieller NFL-Auslandsspiele. Ob 2025 wieder solch ein Riesen-Event in der Allianz-Arena steigt, wird wohl erst im Frühjahr bekanntgegeben.
Erst einmal muss der Sieger der laufenden Saison ermittelt werden. Und dies geschieht in der Nacht von Sonntag, 9. Februar, auf Montag, 10. Februar, in der finalen Schlacht zwischen den Kansas City Chiefs und den Philadelphia Eagles in New Orleans: dem 59. Superbowl, wie üblich in römischen Lettern: „LIX“. Für wen soll man die Daumen drücken? Die Frage ist berechtigt, denn in Deutschland haben die wenigsten trotz der beharrlichen NFL-Berichterstattung auf RTL ein Lieblingsteam oder tieferen Einblick in die Szene. Zwei kurze Tipps dazu: Wer stets Sympathien für den Underdog hat, hält diesmal zu den Eagles, die haben erst einmal den Superbowl gewonnen (2017), während die Chiefs eh erfolgsverwöhnt sind: erst 2020, 2023 und 2024 haben sie gesiegt, insgesamt schon viermal.


Taylor-Swift-Fans hingegen sollten für Kansas sein. Wegen der Liaison der Pop-Sängerin mit dem Tight-End-Spieler Travis Kelce. Ob sie wirklich (noch) zusammen sind, darüber allerdings wird medial gerade wieder spekuliert. Nach der Superbowl-Schlacht 2024 jedenfalls standen die beiden wieder einmal im Konfettiregen vor den Kameras nebeneinander und ließen den Triumph Revue passieren: „Das ist keine reale Lebenssituation“, sagte Swift so beherrscht, dass man durchaus an ihrem ernsthaften Interesse zweifeln durfte.
Der Superbowl ist längst eben auch ein globales Klatschereignis. Und ein Pop-Festival mit Pre-Game-Show (bei der diesmal Post Malone rappt, der heuer noch zum „Superbloom“-Festival nach München kommt) und dem Halbzeit-Konzert (diesmal von Grammy-Abräumer Kendrick Lamar), bei dem die wenigsten aufs WC gehen. Ja, selbst die vielen Werbespots von insgesamt einer Dreiviertelstunde Länge bieten keine Gelegenheit, sich zu verdrücken, sind sie doch meist kunstvoll nur für diesen großen Abend gedreht. Superbowl ist ein Fernseh-Ereignis, und tatsächlich auch hierzulande gratis auf RTL zu sehen für die Football-Party daheim. Wer DAZN gebucht hat, kann auch den US-Originalton hören, Superstar Tom Brady als Experten und die echten Werbespots sehen.


Wenn mehr Stadion-Atmosphäre gewünscht ist, muss man hingehen, wo mehr Menschen sind – die meisten kommen in München stets im Backstage und im Werksviertel zusammen, wo man sich um den Titel „beste Superbowl Party der Stadt“ duelliert – im Backstage zusammen mit Spielern von den Munich Rangers, im Werkviertel mit denen der Ravens. Im Backstage ist der meiste Platz, wegen der großen Nachfrage ist man in die Arena (hinter dem Werk) umgezogen. Der größte Vorteil hier: Es kostet keinen Eintritt (wer will, kann sich aber mit einem Reservierungsticket inklusive zwei Getränkegutscheinen einen Platz an einem Tisch sichern, das verfällt um 23.30 Uhr). Auf dem Gelände steht ein Foodtruck, der Burger, Fritten und Donuts brutzelt. Auf einem wandfüllenden Bildschirm wird schon die Vorberichterstattung ab 23.15 Uhr gezeigt und natürlich auch die US-Nationalhymne, gesungen von Oscar- und Grammy-Gewinner John Batiste, und „America The Beautiful“ mit Trombone Shorty.

Wie in einem Sportstadion kann man sich im Theater Werk7 fühlen, dass einst im Werksviertel als Schulturnhalle für das Musical „Fack Ju Göhte“ eingerichtet wurde. Von den Sitzschalen aus verfolgt man das Spiel auf einem „XXL-Videowürfel“. Die Atmosphäre passt also. Ein Rahmenprogramm mit den Profis und den Cheerleadern der Ravens sowie ein Roulette-Tisch der Spielbanken Bayern sollen nach dem Einlass um 20 Uhr die Zeit bis zum Kick-off um 0.30 Uhr vertreiben. Zum Spiel gibt es eine Live-Moderation von Sabrina Gander (Radio Charivari) und Musik von DJ Antyo. Dafür werden allerdings 26 Euro Eintritt fällig. Foodtrucks mit BBQ stehen vor der Halle.
Feiern, wo die Sportstars trinken – das kann man auch im irisch-australischen Doppel-Pub Kilian’s / Ned Kelly’s. Zumindest zeigt die Homepage des Feier-Hotspots hinter der Frauenkirche den Superbowl-Gewinner Cliff Avril und dessen Sportkollegen Aaron Donkor bei einem Besuch im Juli 2022. Im November kam Super-Bowl-Sieger Shaq Barret vorbei und gab Autogramme, berichtet Ned Kelly, „da wir eng mit den Tampa Bay Buccaneers zusammen arbeiten“. Man sieht sich als „Sports Bar“ und überträgt also auch den Big Game Day samt „Pregame-Party“ von 21 Uhr an auf mehreren Großbildschirmen in beiden Sälen zu Chicken-Wings, Nachos und Irish Pale Ale vom Fass (Frauenplatz 11). Dass Pubs Sportorte sind, sieht man auch im Kennedy’s Irish Pub: Nach einem Soccer- und Rugby-Tag mit Bundesliga, Premier League und Six Nations startet hier im Kellerlokal (Sendlinger-Tor-Platz 11) die lange Football-Nacht um 22 Uhr.

Eine Sportbar hat sich das Marriot Hotel (Berliner Straße 93) eingerichtet. Im „Champions“ muss niemand hungrig das Spiel verfolgen: Es gibt ein All-you-can-eat-Buffet mit Chicken-Wings, Wedges, Hotdogs und mehr, Bier, Wein und Softdrinks sind beim Eintrittspreis von 69 Euro inklusive.
In der Bar Sehnsucht (Amalienstraße 26), laut Eigenwerbung ein Ort für „Oldschool Drinking“, berauscht man sich ab 22 Uhr bei der „Super Bowl Watchparty“. Vom Kick-off an wird der „Original-US-Ton“ zugespielt – „perfekt für alle, die sich aufs Spiel konzentrieren wollen“. Man sieht es auf zwei „XXL-Screens“. Wobei die Größe („85 Zoll“) nicht mit denen im Mathäser Filmpalast mithalten kann – dem Saal mit den bequemsten Sesseln und der wohl größten Leinwand der Münchner-Superbowl-Nacht (8 Euro, Bayerstraße 3–5).

Die meisten Fernsehgeräte indes hängen traditionell im Hard Rock Cafe, nämlich eines an jeder Ecke des durchamerikanisierten Entertainment-Restaurants am Platzl. Außer auf Rockstars versteht man sich hier auch auf Orginal-US-Häppchen, die zur „Watch Party – Big Game“ auf einem Fingerfood-Buffet bereitliegen (inklusive des ersten Bieres: 60 Euro). Seltsamerweise sind ausgerechnet hier die deutschen Kommentatoren zu hören. Das Besondere aber: Die Cheerleader der Munich Cowboys zeigen eine Showeinlage und machen, was sie können, nämlich Stimmung. Wer da noch nicht aufwacht: Es gibt unlimitierten Filterkaffee – das kann auch dem letzten Football-Muffel helfen, die Nacht durchzuhalten.