Studentisches Wohnen:„In München ist die Wohnungssuche ein echter Überlebenskampf“

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Patricia Leuchtenberger engagiert sich im Arbeitskreis für bezahlbares studentisches Wohnen - und sucht selbst nach einem neuen WG-Zimmer. (Foto: Leonhard Simon)

München zieht immer mehr Studierende an – die Nachfrage an günstigem Wohnraum kann aber kaum bedient werden. Für manche bleibt da nur ein Notschlafplatz.

Von Justin Patchett

Erst durchstöberte Patricia Leuchtenberger nur aus Interesse die Mietportale. Für ihr Zimmer in einer Zweier-WG zahlt sie als Untermieterin 700 Euro warm – für München nicht unüblich. Doch dann stieß die 22-jährige Studentin auf ein Inserat aus derselben Wohnanlage. Auch zwei Zimmer, nur etwas teurer als die Miete ihres WG-Zimmers – allerdings für die ganze Wohnung. „Danach fühlte ich mich nicht mehr wohl in unserer WG“, sagt sie. Leuchtenberger kündigte den Untermietvertrag bei ihrer Mitbewohnerin, deren Zimmer sie offenbar mitfinanziert hatte. Nun befindet sie sich auf der Suche nach einem neuen WG-Zimmer. Bisher laufe es „bescheiden“, sagt die Studentin am Telefon.

Patricia Leuchtenberger engagiert sich ehrenamtlich beim AK Wohnen, der sich nach eigenen Angaben „für bezahlbares studentisches Wohnen“ im Raum München einsetzt. Weil es in der Stadt und im Landkreis bis auf Weiteres viel zu wenig davon gibt. Dafür aber immer mehr Studierende.

Allein an der Technischen Universität München sind dieses Jahr bereits 53 000 Studierende eingeschrieben, über 1000 mehr verglichen mit dem Vorjahr. Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) verzeichnet sogar fast 2000 Studierende mehr als im Wintersemester 2023/2024, über 54 500. Zusammen mit den anderen Hochschulen in und um München dürften es also noch mal mehr Studierende als im Vorjahr sein. Laut Studierendenwerk waren es da schon rund 140 000.

„Der Münchner Wohnungsmarkt ist gerade zu Semesterstart für Studierende sehr angespannt“, teilt eine Sprecherin mit. Man empfehle gerade den Erstsemestern, „sich sofort bei Studienantritt auf einen Wohnplatz beim Studierendenwerk zu bewerben“. Fast 11 000 Studierende warten derzeit auf eine günstige Wohnung, die durchschnittliche Warmmiete liege bei ungefähr 360 Euro. Die Wartezeit betrage allerdings „zwischen drei und sechs Semestern“. Viele warten also so lange, wie ein Bachelorstudium dauert. Da bleibt oft nur der reguläre Münchner Wohnungsmarkt mit WGs und privaten Wohnheimen als Alternative. Letztere verlangen für einen Platz gerne um die 1000 Euro Miete.

Mietportale oder doch das gute alte Schwarze Brett? Studierende in München müssen alle Möglichkeiten nutzen, um an eine bezahlbare Wohnung zu kommen. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Ian Martinez studiert Physik an der TUM, der 21-Jährige kommt aus Mexiko und hat sein Mietgesuch für ein WG-Zimmer auf dem Schwarzen Brett der Technischen Universität veröffentlicht. Zusätzlich zu den unzähligen Bewerbungen, die er bereits verschickt hat. „Vielleicht erhält man alle 20 bis 30 Bewerbungen mal eine Rückmeldung, aber die meisten Vermieter ignorieren einen“, erzählt Martinez. Es sei stressig, ständig die Anzeigen im Blick zu haben und dann so schnell wie möglich eine Bewerbung abzuschicken. „Dazu ist man sich bewusst, dass man eine Wohnung unbedingt finden muss. Das ist ja etwas Überlebenswichtiges“.

„Die Budgets der Studierenden sind überschaubar und oft konkurrieren sie mit Menschen, die im Beruf stehen“, sagt Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland. Es benötige schlicht mehr Wohnheime für Studierende. Doch: „Die Bautätigkeit ist in Bayern leider eher rückläufig.“ Das Studierendenwerk teilt mit, es vermiete in München rund 7800 Plätze an Studierende, zusammen mit Freising und Rosenheim seien es ungefähr 9000.

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Ein Blick in die Jahresberichte verrät: So viele waren es bereits im Jahr 2006, als das Studierendenwerk noch 91 000 Studenten betreute. Die Sanierung der Wohnheime in der Studentenstadt, durch die wohl bis 2028 rund 1000 Plätze fehlen, kann das Studierendenwerk auch durch Neubauten in der Maxvorstadt und Schwabing nicht kompensieren.

Das Studierendenwerk rief Münchnerinnen und Münchner deswegen kurz vor Start des neuen Semesters dazu auf, Studierenden ein Zimmer oder eine Wohnung zu vermieten. Bei der Privatzimmervermittlung wurden im September fast 200 Anzeigen aufgegeben, die meisten waren laut Studierendenwerk nur einen Tag online. Außerdem gebe es für „absolute Härtefälle“ sogenannte Notschlafplätze, die Studierende bis Ende November nutzen könnten.

Ian Martinez erhielt auf sein Gesuch am Schwarzen Brett der TUM eine Rückmeldung. 650 Euro zahlt er jetzt für sein WG-Zimmer. „Für München ist das sogar günstig“, sagt er. Allerdings laufe der Vertrag nur ein Semester. Patricia Leuchtenberger sucht derweil noch nach einer Wohnung. Bis Dezember oder Januar hoffe sie, etwas zu finden: „In München ist die Wohnungssuche ein echter Überlebenskampf.“

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