Süddeutsche Zeitung

Semesterstart in München:15 000 Studierende warten auf einen Wohnheimplatz

Zu Beginn der neuen Vorlesungszeit suchen vor allem viele Erstsemester noch eine bezahlbare Bleibe. Für die angespannte Lage ist nicht nur Corona-Krise verantwortlich.

Von Linus Freymark

Ein neues Semester beginnt, doch das Problem für viele der mehr als 130 000 Studierenden in München ist ein altbekanntes: Entweder sind ihre Wohnungen so teuer, dass das knappe Geld für das Leben in der auch sonst nicht billigen Stadt kaum reicht - oder sie finden überhaupt keine Wohnung. Vor allem Erstsemester, die neu nach München gezogen sind, haben es auf dem umkämpften Wohnungsmarkt besonders schwer. Und so landen auch in diesem Herbst wieder einige von ihnen vorübergehend in einer der 20 Notunterkünfte des Münchner Studentenwerks. Derzeit sind alle Plätze dort belegt.

Auch durch die Corona-Krise hat man beim Studentenwerk in den vergangenen drei Semestern, die weitgehend nur digital stattfanden, keine Linderung des Wohnungsproblems festgestellt. "Die Nachfrage nach unseren Wohnplätzen war auch während der Pandemie ungebrochen", heißt es. Zum Start des Wintersemesters aber sei die Nachfrage nun besonders hoch. Aktuell stehen etwa 15 000 Namen auf der Warteliste für einen der 11 000 Wohnheimplätze, von denen sich jedoch manche in Freising oder Rosenheim befinden.

Und auch wenn das Studentenwerk darauf hinweist, dass viele Interessenten - gerade jene auf den vorderen Plätzen, die schon seit mehreren Semestern auf der Warteliste stehen - oft ablehnen, wenn die Zusage für ein Zimmer im Wohnheim kommt, ist die Zahl im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten hoch: Im deutlich größeren Berlin etwa sind es nur 4000 Studenten und Studentinnen, die auf einen Platz warten, in Frankfurt am Main rund 3000. Warum die Wohnheimplätze in München besonders begehrt sind, erklärt ein Blick auf die Preise auf dem freien Markt. Während ein herkömmliches WG-Zimmer inzwischen mehr als 650 Euro kostet, liegt die durchschnittliche Miete für ein Zimmer in einem der 31 Wohnheime des Studentenwerks bei 301,80 Euro.

Verschärft wird die Situation auch dadurch, dass in der größten Wohnanlage, der Studentenstadt, in mehreren Häusern Sanierungsarbeiten durchgeführt werden müssen. Nach einem schweren Brand im Februar, bei dem eine 23-jährige Studentin ums Leben kam, wurde bei Überprüfungen festgestellt, dass die Häuser neun und zwölf renoviert werden müssen und für die Dauer der Arbeiten nicht bewohnbar sind.

Generell freut man sich beim Studentenwerk zwar über die ungebrochene Beliebtheit der Metropolregion München bei Studierenden. "Andererseits betrachten wir den Anstieg der Studierendenzahlen immer auch mit Sorge, da die Lage auf dem Wohnungsmarkt in den letzten Jahren nicht besser geworden ist", sagt Pressesprecher Ingo Wachendorfer. "Den angehenden Studierenden sollte bewusst sein, dass die Lebenshaltungskosten in München besonders hoch sind und wir leider nicht alle mit einem günstigen Wohnplatz versorgen können."

Zur Verbesserung der Situation erhofft sich das Studentenwerk mehr Unterstützung von der Politik. Man wünsche sich, "dass die Rahmenbedingungen für ein Studium verbessert werden". Darunter falle auch eine höhere Finanzierung der Studentenwerke. Denn diese seien essenziell dafür, vergleichsweise günstigen Wohnraum für Studierende bereitzustellen. Auch die kostengünstige Verpflegung der Studierenden durch die vom Studentenwerk betriebenen Mensen seien wichtig, um den jungen Menschen das Leben in München finanzierbar zu machen.

Zudem weist das Studentenwerk auf Programme wie "Wohnen für Hilfe" hin. Bei dem Projekt wohnen Studierende mit älteren Menschen zusammen. Die Miete ist kostenlos - dafür revanchieren sich die Studierenden damit, dass sie ihren Mitbewohner im Alltag unterstützen. Doch natürlich sehen sich Studierende primär nach einer Wohngemeinschaft um, in der sie mit gleichaltrigen Mitbewohnern zusammenwohnen. Doch je angespannter der Wohnungsmarkt für junge Menschen in München wird, umso interessanter könnten Projekte wie "Wohnen für Hilfe" bald werden.

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Quelle:
SZ vom 13.10.2021
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