Mangel an Wohnungen:In fünf Jahren können wieder Studenten einziehen - wenn es gut läuft

Mangel an Wohnungen: Haus 12 in der Studentenstadt in Freimann steht leer. Bis irgendwann wieder Studenten dort wohnen können, werden vermutlich einige Jahre vergehen.

Haus 12 in der Studentenstadt in Freimann steht leer. Bis irgendwann wieder Studenten dort wohnen können, werden vermutlich einige Jahre vergehen.

(Foto: Florian Peljak)

In zwei Hochhäusern der Studentenstadt in Freimann stehen 1056 Apartments leer. Im Landtag nennt das Bauministerium erstmals einen groben Zeitplan für die Sanierung der maroden Wohnheime.

Von Sebastian Krass

Es dauert mehr als eine Stunde und bedarf mehrerer Nachfragen von Abgeordneten, bis der Mann aus dem bayerischen Bauministerium endlich sagt, was er erst nicht sagen wollte, was aber alle im Raum wissen wollen: Nämlich wie lang es ungefähr dauern wird, bis die 1056 leerstehenden Apartments in zwei Hochhäusern in der Studentenstadt wieder bewohnbar sind. In seinem ersten Redebeitrag hatte der Beamte noch erklärt: "Ich kann noch keine Zahlen und Daten nennen." Aber das, so viel wird bald klar, ist dem Wissenschaftsausschuss des Landtags an diesem Mittwoch zu wenig.

"Der Zeitablauf ist abhängig vom Sanierungsumfang", sagt der Ministeriale. Diesen Umfang wolle man so bald wie möglich ermitteln. Und dann kommt es: Man müsse mit "drei bis fünf Jahren" für die Sanierung rechnen. Es ist eine Angabe, die Ursula Wurzer-Faßnacht, Geschäftsführerin des Studentenwerks München, am Rande der Ausschusssitzung bestätigt: "Wir hoffen, dass es bis 2027 klappt." Das würde bedeuten, dass jene gut 1000 Wohnungen mindestens sechs Jahre lang dem ohnehin vom Mangel gezeichneten Wohnungsmarkt in München fehlen.

Denn die zwei Häuser mit den Nummern 9 und 12 wurden schon vor eineinhalb Jahren geräumt, nachdem es in einem weiteren Gebäude der Studentenstadt ein Feuer gegeben hatte, bei dem eine Studentin an einer Rauchgasvergiftung gestorben war. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dazu laufen noch.

An diesem Mittwoch nun waren das Bau- und das Wissenschaftsministerium im Ausschuss vorgeladen, um dem Landtag Bericht zu erstatten zum Thema Studentenstadt, die bei voller Auslastung Wohnraum für etwa 2400 Menschen bietet. Das Leerstands-Debakel hat in den vergangenen Monaten nicht nur das Studentenwerk als Betreiber der Wohnheime, sondern auch die Staatsregierung in Rechtfertigungszwang gebracht. Im August noch wies Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) die Bitte des Studentenwerks um einen Zuschuss von 24,5 Millionen Euro für die Sanierung als "völlig utopisch" zurück, stattdessen solle es darüber nachdenken, Grundstücke zu verkaufen oder Mieten zu erhöhen - es waren Aussagen, an die der SPD-Abgeordnete Volkmar Halbleib im Landtagsausschuss noch einmal erinnerte.

Doch Blume hat über den Sommer offenbar selbst gemerkt, dass seine Linie nicht zu halten war. Ende September verkündete er mit Bauminister Christian Bernreiter (CSU), beide Ministerien würden insgesamt 72,4 Millionen Euro bereitstellen, um die vor 50 Jahren fertiggestellten Häuser 9 und 12 wieder bewohnbar zu machen. Bedingung: Das Projekt wird dem Studentenwerk aus der Hand genommen, die staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim übernimmt.

Das Bauministerium berichtete im Ausschuss, Bayernheim müsse zunächst vom Studentenwerk das Grundstück übernehmen, nur so könne sie den Bau finanzieren und Fördermittel beantragen. Der Übergang des Eigentums solle in den nächsten drei bis sechs Monaten über die Bühne gehen. Wer dann später die Wohnheime betreiben soll, blieb offen. Aber es ist wohl vorgesehen, dass damit dann wieder das Studentenwerk beauftragt wird.

Wären Abriss und Neubau eine Option?

Der Amtschef des Wissenschaftsministeriums, Rolf-Dieter Jungk, berichtete dem Ausschuss von einem runden Tisch zum studentischen Wohnen, der inzwischen zweimal getagt und "wichtigen Input" gegeben habe. Auch eine "interministerielle Arbeitsgruppe" sei ins Leben gerufen worden, um "die Zukunftsthemen sinnvoll anzugehen". Eine solche Gruppe sei auch "bitter nötig" gewesen, kommentierte Verena Osgyan (Grüne). Sie erwartet fortan "einen regelmäßigen Sachstandsbericht". Der stellvertretende Ausschussvorsitzende und ehemalige Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) reagierte noch schärfer, er sei "in höchstem Maße enttäuscht", dass die Staatsregierung konkrete Angaben schuldig geblieben sei. Ulrich Singer (AfD) sagte: "Die schlechteste und teuerste Immobilie ist eine leerstehende Immobilie." Deshalb fragte er nach einem zumindest groben Zeitplan.

Besondere Sorge machte mehreren Ausschussmitgliedern eine Aussage von Studentenwerks-Chefin Wurzer-Faßnacht. Sie bedankte sich für die Unterstützung bei der Studentenstadt, wies aber auf die jahrzehntelange Unterfinanzierung aller bayerischen Studentenwerke hin, die Unterhalt und Neubau von günstigen Wohnungen oft unmöglich mache. Allein das Studentenwerk München, das für ganz Oberbayern zuständig sei, brauche in den nächsten Jahren 30 Millionen Euro, um weitere dringende Bauprojekte umzusetzen.

Ganz am Ende der Debatte warf Heubisch eine, wie er selbst sagt, "provokante Frage" auf: ob Abriss und Neubau der Hochhäuser nicht eine Option seien - so wie man es im Klinikum Großhadern plant. "Das", so antwortet der Beamte aus dem Bauministerium, "kommt in Frage, wenn die Kosten einer Sanierung höher sind. Wir gehen aber derzeit davon aus, dass eine wirtschaftliche Sanierung möglich ist."

Zur SZ-Startseite

SZ PlusImmobilien in München
:Ein Denkmal verschwindet

Wo einst der Dichterfürst Paul Heyse Künstler und Intellektuelle empfing, herrscht heute der Verfall. Seine Villa gilt als letztes Beispiel ursprünglicher Gartenstadt-Architektur in der Maxvorstadt. Nun ist womöglich ihr Ende eingeläutet.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: