München:70 Millionen Euro für marode Wohnheime

München: Haus 9 in der Studentenstadt Freimann steht schon seit einem Jahr leer.

Haus 9 in der Studentenstadt Freimann steht schon seit einem Jahr leer.

(Foto: Florian Peljak)

Wegen eines Sanierungsstaus stehen 1500 Apartments in der Studentenstadt in Freimann leer. Nun schreitet der Freistaat Bayern ein und übernimmt mit seiner Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim selbst den Umbau von zwei Häusern.

Von Ulrike Steinbacher

Bis Studierende auf Wohnungssuche davon profitieren werden, dauert es noch, aber immerhin hat der jahrelange Stillstand jetzt ein Ende: Das bayerische Kabinett hat sich am Dienstag auf einen völlig neuen Ansatz zur Sanierung von zwei großen Wohnheimen in der Studentenstadt Freimann (Stusta) geeinigt. Das Projekt wird dem Eigentümer, dem Studentenwerk, aus der Hand genommen, stattdessen soll die Bayernheim GmbH die Häuser 9 und 12 mit insgesamt 1056 Apartments übernehmen und sanieren. Die Kosten trägt der Freistaat: 32,4 Millionen Euro kommen aus dem Wissenschaftsministerium, 40 Millionen aus bestehenden Mitteln des Bauministeriums.

Während Studentinnen und Studenten an den Münchner Mietpreisen verzweifeln, stehen in Deutschlands größter Studentenwohnanlage derzeit etwa 1500 Apartments leer, mehr als 1200 davon langfristig. Ein Wohnplatz kostet dort durchschnittlich knapp 300 Euro Warmmiete. Wegen der Leerstände hat das Studentenwerk in München und Umgebung derzeit nur knapp 10 000 Apartments zur Verfügung, normalerweise wären es 11 000. Auf der Warteliste stehen etwa 13 000 Menschen.

Die Gebäude in der Studentenstadt sind marode, es fehlt auch am Brandschutz. Dass es massive Probleme gibt, wurde offensichtlich, als im Februar 2021 im Keller von Haus 13, dem roten Haus, ein Feuer ausbrach, eine Bewohnerin an Rauchvergiftung starb und mehrere Menschen verletzt wurden. Das Gebäude mit 180 Plätzen ist seitdem unbewohnt, in der Folge ließ das Studentenwerk wegen ungeklärter Brandschutzfragen auch zwei weitere, deutlich größere Wohnheime sperren: Haus 9 mit 616 Plätzen, das Hanns-Seidel-Haus, wurde im September 2021 leergezogen. Haus 12 mit 440 Plätzen, das orange Haus, steht seit März leer.

Wie es weitergehen soll, wer wann was mit welchem Geld saniert, darüber gab es im Lauf des Sommers eine Kontroverse zwischen dem Studentenwerk, das für seine Sanierungs- und Bauprojekte von Zuschüssen abhängig ist, und seiner Rechtsaufsicht, dem Wissenschaftsministerium. Das Studentenwerk erklärte, ihm fehle das nötige Eigenkapital, die Verantwortlichen forderten einen sofortigen Sonderzuschuss von 24,5 Millionen Euro, um die Planung für die Häuser 9 und 12 möglichst schnell zu starten. Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) wies das als "völlig utopisch" zurück und schlug stattdessen vor, das Studentenwerk solle Grundstücke verkaufen oder seine Mieten erhöhen.

Spitzen Richtung Studentenwerk konnten sich weder Blume noch Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) am Dienstag verkneifen, als sie den alternativen Lösungsansatz der Staatsregierung für die Studentenstadt vorstellten: Der Sanierungsstau sei nicht durch einen Mangel an staatlicher Unterstützung entstanden, so der Tenor. "Das lag und liegt an einem Mangel an Rücklagen", sagte Blume. Und Bernreiter erklärte: "Fördermittel wurden weder beantragt noch abgerufen."

Bei den aktuellen Sanierungsplänen der Staatsregierung spielt das Studentenwerk keine Rolle mehr. Geprüft wird jetzt, ob die staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim die beiden Wohnheime übernimmt und saniert. Gegründet wurde die Bayernheim 2018 mit dem Ziel, im Freistaat 10 000 bezahlbare Wohnungen zu schaffen, und zwar bis 2025. Seitdem gab es Ankäufe, fertig gebaut hat sie bisher nichts.

Als "Witz" bezeichnete es der wissenschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag, Wolfgang Heubisch, dass die Bayernheim ein solches Großprojekt verantworten soll. Blumes Lösungsweg sei "halbgar". Das Studentenwerk, das am Dienstag über die Entscheidung des Kabinetts informiert wurde, reagiert zurückhaltend: "Da es stets das Hauptanliegen des Studentenwerks München ist, den Studierenden in München möglichst viel bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, begrüßen wir jede Lösung, die den Bedarf nach günstigem Wohnraum möglichst schnell deckt."

Finanziert wird die Sanierung in der Studentenstadt mit 32,4 Millionen Euro aus dem Wissenschaftsministerium, das sind fast 25 Prozent mehr als der Sonderzuschuss, den das Studentenwerk gefordert hatte. Hinzu kommen rund 40 Millionen Euro aus der Studentenwohnraumförderung des Bauministeriums.

Offen ließen die Minister am Dienstag, wann die gut 1000 Apartments in der Stusta wieder bewohnbar sein werden. Man werde "nicht im Schneckentempo", sondern "forsch" an die Sache herangehen, sagte Bernreiter. Es handle sich aber um einen "Rückbau bis zum Rohbau" samt neuem Aufbau, und das werde nicht auf die Schnelle nächstes Jahr fertig sein. Das Studentenwerk war für Haus 12 von einer Wiederbelegung 2026 ausgegangen, für Haus 9 hatte es keine Prognose abgegeben, sondern erst die Finanzierung sichern wollen. Kleiner Lichtblick für die Studentinnen und Studenten von heute: Haus 11 mit 246 Plätzen, das blaue Haus, das seit 2019 saniert wird, soll um den Jahreswechsel fertig sein.

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