Feuer im Wohnheim:Wie kam es zum Brand in der Studentenstadt?

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Ein Feuerwehrmann steht nach einem Brand im vollkommen verrußten Treppenhaus eines Studentenwohnheims im Münchner Stadtteil Freimann. (Foto: Matthias Balk/dpa)

In der Sauna eines Münchner Studentenwohnheims bricht ein Feuer aus. Zwei Menschen schweben in Lebensgefahr, drei weitere wurden leicht verletzt. Über die Ursache herrscht Rätselraten - doch immer mehr Details über die Feuernacht werden bekannt.

Von Julian Hans und Kassian Stroh

Nach einem Brand in der Studentenstadt im Münchner Stadtteil Freimann in der Nacht auf Dienstag schwebt eine 23 Jahre alte Frau in akuter Lebensgefahr. Auch ein 28-jähriger Mann befindet sich in kritischem Zustand. Beide hätten schwere Rauchvergiftungen erlitten, als sie durch das verqualmte Treppenhaus ins Freie fliehen wollten, teilte die Feuerwehr am Dienstag mit.

Das Feuer sei in einer Sauna ausgebrochen, die sich im Keller des sechs Stockwerke hohen Gebäudes in der Christoph-Probst-Straße befand, erklärte der Leitende Branddirektor Christian Schnepf, der den Einsatz in der Nacht koordiniert hatte. "Als ich kurz nach 2.30 Uhr am Einsatzort ankam, standen sehr viele Bewohner auf den Balkonen. An der Fassade hatte sich eine Wand aus Qualm gebildet", sagte Schnepf. Während ein Löschtrupp durch den auf der rechten Seite des Gebäude gelegenen Kellereingang zum Brandherd vordrang, suchten Einsatzkräfte mit Atemschutz und Wärmebildkamera alle Flure und das stark verqualmte Treppenhaus ab.

Wohnheim in Freimann
:Studentin stirbt nach Kellerbrand

In einem Wohnheim der Studentenstadt war vor zwei Wochen ein Feuer ausgebrochen. Eine 23-Jährige erlag nun ihren Verletzungen.

Insgesamt waren 28 Löschtrupps im Einsatz. In einem Flur im Keller fanden sie den schwer verletzten 28-Jährigen. Er musste beatmet werden und schwebt derzeit noch in Lebensgefahr. Im vierten Obergeschoss lag der leblose Körper der 23-Jährigen auf dem Flur. Die Frau wurde sofort ins Freie gebracht und von Notarzt und Rettungsdienst reanimiert. Sie wird die Rauchvergiftung aber wahrscheinlich nicht überleben.

Am Dienstagmittag ist vor dem Gebäude in der Studentenstadt noch immer Brandgeruch zu riechen. Die Polizei hat die Wiese vor dem Kellereingang mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Dort arbeiten gerade die Experten von der Brandermittlung. Das Feuer hat in einer Sauna gewütet, so viel steht fest. Sie ist völlig ausgebrannt. Ob jemand die Sauna trotz Verbots in Betrieb genommen hatte oder ob ein technischer Defekt den Brand verursacht hat, das müssen die Fachleute nun herausfinden.

Die etwa 200 Quadratmeter große Sauna mit zwei Kabinen, zwei Ruheräumen und zwei Tauchbecken wurde von Studierenden selbst verwaltet. Wegen der Corona-Beschränkungen war sie seit Monaten geschlossen. "Der Betrieb war untersagt", sagt Ingo Wachendorfer, der Sprecher des Studentenwerks München. "Generell hätte sich dort niemand aufhalten dürfen."

In kleinen Gruppen stehen Studentinnen und Studenten im Hof, reden leise und schauen auf das Haus, als könnte die graue Fassade eine Antwort auf die Frage geben, wie dieses Unglück geschehen konnte. Sein Nachbar habe ihn über den Balkon geweckt, erzählt ein junger Mann. Sein Zimmer ist im Erdgeschoss, er hätte leicht über den Balkon klettern können. Aber er blieb, hielt die Türe geschlossen und wartete ab. Für die Bewohner der oberen Etagen brachte die Feuerwehr in der Nacht drei Drehleitern in Stellung. Sie konnten dann aber selbständig das Gebäude verlassen, nachdem die Feuerwehr das Treppenhaus entraucht hatte. Drei Personen wurden leicht verletzt. Etwa 25 wurden in einem Großraumrettungswagen betreut. Andere sammelten sich im Lesesaal der Bibliothek. Insgesamt sind etwa 185 Personen an der Adresse gemeldet.

185 Personen sind im Roten Haus gemeldet. Die meisten von ihnen konnten im Morgengrauen wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Das Rote Haus ist Teil der sogenannten Neustadt in der Studentenstadt Freimann, Deutschlands größter Wohnsiedlung für Studierende. Es gehört zu den Häusern, die im vierten Bauabschnitt von 1974 an errichtet wurden, und der bemoosten Fassade ist anzusehen, dass hier bald mal eine Sanierung fällig wäre. Bei der letzten Begehung durch die Experten von der Brandprävention habe es keine größeren Mängel gegeben, sagt Brandoberrat Sebastian Stahn von der Abteilung Vorbeugender Brandschutz. Leider passiere es immer wieder, dass Bewohner bei einem Brand versuchten, durch das verqualmte Treppenhaus zu fliehen. "Wir warnen davor. Bleiben Sie lieber in Ihrer Wohnung und warten Sie auf Anweisungen durch die Polizei."

Ein Feuer sei kein Grund dafür, die eigene Wohnung in Panik zu verlassen. "Ein modernes Gebäude stürzt nicht gleich ein, wenn es im Keller brennt", sagte Stahn. Die Balkone seien über Leitern gut erreichbar und in der Regel ist die Feuerwehr vor Ort, bevor sich die Flammen in die oberen Stockwerke ausbreiten. Der Qualm ist dagegen schneller: Wer sich allein auf den Weg durch ein verrauchtes Treppenhaus oder auch nur die Türe zum Flur öffnet, kann schnell ersticken.

Die meisten Bewohner konnten noch vor dem Morgengrauen wieder zurück in ihre Betten. Lediglich zwei Wohnungen seien durch Qualm und Ruß vorerst nicht bewohnbar, teilte ein Sprecher der Feuerwehr mit. Den ganzen Dienstag über reinigten Männer in weißen Overalls das Treppenhaus und einzelne Zimmer im Erdgeschoss. Der Brandgeruch hat sich in jeder Ritze festgesetzt. "Es stinkt fürchterlich", sagt ein Student. Weil die Hochschulen ihren Betrieb auf Lehre über den Bildschirm umgestellt haben, kann man dem auch nur schwer entkommen. "Seit Monaten sitzen wir in unseren Zimmern." Jetzt kommt auch noch der Geruch dazu, der an die schreckliche Nacht auf den 16. Februar erinnert, in der zwei Menschen von einem Feuer lebensgefährlich verletzt wurden.

© SZ vom 17.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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