Nach dem Doppel-Wumms, den Bundeskanzler Olaf Scholz im Herbst zum Abmildern der Energiepreis-Explosion verkündete, kommt für die Münchner Haushalte jetzt der Triple-Bums: In drei Tagen, zum 1. Januar 2023, steigen die Preise der Stadtwerke München (SWM) für die drei wichtigsten Energiequellen Gas, Strom und Fernwärme in bisher nie gekannte Höhen.
Beim Erdgas erhöht sich die Belastung für den Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von etwa 20 000 Kilowattstunden von bisher 159 auf 307 Euro im Monat, was Mehrkosten von 1776 Euro im Jahr bedeutet. Beim Strom sind die Aussichten ähnlich, da steigt die Belastung auf mehr als das Doppelte. Bisher zahlte ein Zwei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 2500 Kilowattstunden 752,53 Euro pro Jahr, nun werden aber 1675,67 fällig. Für den Durchschnittshaushalt schlägt allein die Mehrbelastung aus diesen beiden Energiequellen mit etwa 2700 Euro im Jahr zu Buche.

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Eine gewisse Entlastung ist aber in Sicht. Die Gas- und die Strompreisbremse der Bundesregierung werden wohl im Frühjahr in Kraft treten und rückwirkend zum Jahresbeginn greifen. Die Stadtwerke München versichern, man werde die Entlastung dann "in vollem Umfang" an die Kunden weitergeben. Kern der staatlichen Gaspreisbremse ist eine Deckelung bei 12 Cent pro Kilowattstunde für Gas und bei 9,5 Cent für Fernwärme - allerdings nur für 80 Prozent des Verbrauchs. Die Strompreisbremse wird für 80 Prozent des letztjährigen Verbrauchs bei 40 Cent gedeckelt. Der Rest des Stromverbrauchs wird von den Stadtwerken mit 61,89 Cent pro Kilowattstunde berechnet, zum 1. April dann mit 51,89 Cent.
Die Stadtwerke finanzieren die Strompreisbremse mit
In gewissem Umfang finanzieren die Stadtwerke die Strompreisbremse übrigens selbst - durch die von der Bundesregierung verordnete Abschöpfung der Gewinne aus ihren Windparks. Da diese Abschöpfung nun erst im Dezember statt wie geplant im September kommt und auch nicht rückwirkend greift, werden die Stadtwerke den Strompreis zum 1. April 2023 um 10 Cent pro Kilowattstunde senken, "auch wenn der Stromvertrieb der SWM dadurch vorübergehend mit Verlust arbeiten wird", wie es in einer Mitteilung hieß. Die Ersparnis wird für den Durchschnittshaushalt allerdings bloß etwa 50 Euro im Jahr betragen.
Aber damit nicht genug: Es steigen auch die Preise für die Fernwärme, und auch das nicht zu knapp. Die Stadtwerke betonten zwar vor Kurzem, als sie zum 1. Oktober die Fernwärmepreise um 17 Prozent anhoben, von 153,70 auf 180,32 Euro pro Megawattstunde, dass eigentlich ein Preissprung um 74 Prozent nötig gewesen wäre. Und sie wiesen vorsorglich darauf hin, "dass die Energiepreise weiter steigen werden und die SWM diese Anstiege zukünftig nicht in diesem Umfang begrenzen können".
In der Tat: Der Arbeitspreis bei der Fernwärme, der sich am Verbrauch orientiert, steigt zum 1. Januar 2023 von 162 auf 210 Euro pro Megawattstunde. Damit haben die Stadtwerke den Fernwärmepreis innerhalb von zwei Jahren vervierfacht, wie die Linke-Fraktion im Stadtrat kritisiert. Fraktionschef Stefan Jagel, der das Preisgebaren und die Informationspolitik der Stadtwerke schon mehrmals kritisiert hat, hält dieses Vorgehen für nicht akzeptabel. In München zahle man mittlerweile die höchsten Preise für die umweltfreundliche Energie aus dem Rohr - wenngleich auch dafür natürlich die staatliche Preisbremse greift.
Die nächstteure Großstadt bei der Fernwärme werde nächstes Jahr Frankfurt am Main sein, mit 164 Euro pro Megawattstunde. In Hamburg stieg der Preis von 52 auf 106 Euro, in Leipzig von 74 auf 140 Euro. Jagel: "Die Preisformel der SWM entspricht nicht den wahren Kosten der Fernwärmeerzeugung." Er vermutet also, dass die Stadtwerke die Münchner über Gebühr zur Kasse bitten.
Das Unternehmen räumt ein, beim Strompreis bundesweit im oberen Bereich zu liegen
Auf diese und ähnliche Vorwürfe haben die Stadtwerke inzwischen reagiert. Sie stellen auf ihrer Homepage die Preisentwicklung der jüngsten Zeit dar. Und räumen ein, dass sie beim Strom mittlerweile bundesweit im oberen Bereich liegen. "Die Stadtwerke bedauern das sehr", heißt es, auch wenn andere Stromversorger "ähnliche hohe oder noch höhere Preise haben".
Dabei haben die Stadtwerke in den neuen Verträgen das Gewicht fossiler Energieträger "deutlich reduziert", wie sie erklären. Es werden nun auch die Geothermie sowie die Verbrennung von Müll und Klärschlamm berücksichtigt. Und der Anteil erneuerbarer Energien an der Fernwärme steigt, er soll 2030 bei 70 Prozent liegen. Die Geothermie am Heizkraftwerk Süd, Europas größte derartige Anlage, speist schon seit 2021 Energie ins Netz, funktionierte aber bisher vorwiegend im Versuchsmodus. Im kommenden Jahr soll sie in den Regelmodus wechseln und mehr günstige Energie ins Netz pumpen.