Heilige Drei Könige:Die indiskreten Einblicke der Sternsinger in fremde Wohnzimmer

Heilige Drei Könige: Überall in Bayern sind wieder die Sternsinger unterwegs - und bekommen besondere Einblicke.

Überall in Bayern sind wieder die Sternsinger unterwegs - und bekommen besondere Einblicke.

(Foto: Thomas Warnack/dpa)

Wie lernt man die Menschen am besten kennen? Wenn man verkleidet als einer der Heiligen Drei Könige an allen Häusern klingelt.

Glosse von Christiane Lutz

Wenn in diesem noch taufrischen Jahr wieder die Sternsinger durch München ziehen, ist das sehr erfreulich. In den vergangenen beiden Jahren war das Geschäft für die Kinderkönige eher mau, Corona. Dafür sind jetzt alle außer Rand und Band: 300 000 Sängerlein sind in Deutschland unterwegs, beim feierlichen Eröffnungs-Event in Frankfurt war eine Sternsingergruppe auf E-Scootern angefahren, angeblich waren auch als Kamele verkleidete Gruppen anwesend. Und in Bayern sandte Kardinal Reinhard Marx höchstselbst die Sänger aus.

Doch auch in diesem Jahr wird den Sternsingern noch davon abgeraten, beim Singen in Hausflure oder gar Wohnzimmer zu treten, aus Sorge vor möglicher Ansteckung. Und diese Draußensing-Empfehlung ist wirklich schmerzhaft, denn das Schönste am Sternsingen ist und war doch immer: 1. Das Herumgucken in fremden Wohnungen. 2. Das wilde Schwenken des Weihrauchfasses. 3. Bedürftigen Kindern helfen. In dieser Reihenfolge.

Das "C+M+B", das die Sternsinger an die Türen schreiben, inzwischen auch manchmal aufkleben, steht ja bekanntlich für "Crash more Buildings", frei übersetzt also für "Guck ruhig mal nach, wie andere so wohnen." Denn beim Sternsingen, das sei hier aus dem privaten Erfahrungsschatz der Autorin verraten, lässt sich so allerhand über Menschen an Feiertagen erkennen. Denn der Mensch zwischen all den Feiertagen ist ein fragiles Wesen, die Begegnung mit den Sternsingern ist für viele der erste ernstzunehmende Kontakt mit der Außenwelt im neuen Jahr.

Manche machen die Tür erst gar nicht auf

Es gibt Menschen, die in Joggingkluft und racletteschwer die Tür öffnen, sich vor Erschöpfung in den Sessel setzen und während man singt, friedlich wegdämmern. Dann jene, die ihre Kinderlein frisiert und nach Größe aufgereiht antreten lassen, damit die den Gesang noch mit einer eigenen Darbietung übertrumpfen. Natürlich gibt es auch einige, die gar nicht aufmachen. Und solche, die sich mit dem Spruch "Wir sind evangelisch" jedweder Verantwortung für bedürftige Kinder entledigen wollen. Die werden selbstverständlich direkt zwangsbeglückt mit ein paar extra Schwenkern Weihrauch.

Apropos Weihrauch: Manche fordern fluchend, das stinkende Zeug doch bitte in Milbertshofen abzustellen, bevor man ihre Schwabinger Gemächer betritt. Andere hingegen entreißen dir das Fässchen und rennen damit durch ihre Wohnung, jedes Zimmer extra einräuchernd.

Es gibt die Mitsinger, die Handy-Filmer, die Plätzchenanbieter, die Kloanbieter, die "Zieht erst mal die Schuhe aus"-Fraktion, die Gerührten, die Gemütlichen vor ihrem Weihnachtsbaum und die mit dem Lachanfall.

Alles in Ordnung, es ist ja das neue Jahr, man ist noch nachsichtig, gerade als Sternsinger. Hauptsache: Man darf rein.

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