Was wurde aus ...:Die 94-jährige Stepptänzerin Eva Maria Stolze

Was wurde aus ...: Eva Maria Stolze (im roten Pulli) kann wegen der aktuellen Krise nicht mehr - so wie hier im Bild - steppen. Deswegen macht sie jetzt Gymnastik.

Eva Maria Stolze (im roten Pulli) kann wegen der aktuellen Krise nicht mehr - so wie hier im Bild - steppen. Deswegen macht sie jetzt Gymnastik.

(Foto: Stephan Rumpf)

Wegen Corona muss sie sich momentan aber auf Gymnastik und Gehen beschränken. Ein Gespräch über Gesundheit, Sport im Alter und Trotteltage.

Interview von Gerhard Fischer

Eva-Maria Stolze, 94, ist Stepptänzerin. Sie übte gemeinsam mit Ernestine Stauchner, 99, einmal pro Woche in einem Tanzstudio in der Grillparzerstraße - bis Corona kam. Stolze, die 1926 in Jena geboren wurde, war unter anderem Schauspielerin und Tänzerin. Einmal sei sie mit Johannes Heesters auf der Bühne gestanden, sagt sie, und einmal habe sie mit Marika Rökk getanzt. Stolze lebt seit 1953 in München.

SZ: Frau Stolze, wie geht es Ihnen?

Eva-Maria Stolze: Gut! Aber natürlich hat man mit 94 Jahren einige "Baustellen".

Machen Sie noch Stepptanz?

Ja, natürlich. Aber momentan nicht, weil das Tanzstudio von Sissy Engl wegen Corona geschlossen hat.

War Ernestine Stauchner vor der Schließung des Tanzstudios im März eigentlich auch noch dabei?

Ja. Mit 99 (lacht). Es geht ihr gut, von Corona her, meine ich. Ansonsten hat sie Probleme mit dem Rücken und den Beinen. Ich habe ja einen wahnsinnigen Schwindel wegen einer geringeren Durchblutung im Gehirn. Da hilft nur bewegen, bewegen, bewegen. Das Motto von Ernestine und mir ist: Energie, Bewegung, Disziplin.

Wir hatten uns vor gut einem Jahr im Tanzstudio getroffen. Haben Sie seither Neues einstudiert?

Ja, wir sind weiter gekommen. Eine Sache, die ist sehr nett ... ich weiß nicht, wie sie heißt ... mit Musik. Wir lernen immer weiter. Das ist auch Gehirntraining.

Steppen Sie jetzt zu Hause?

(lacht) Das geht leider nicht. Ich habe eine kleine Wohnung und ich müsste dort auf dem Teppich steppen. Normalerweise bin ich montags beim Stepptanz, mittwochs in der Gymnastik und freitags in der Sauna mit Schwimmen. Das geht jetzt alles nicht.

Gymnastik ...

... mache ich in der Wohnung. Jeden Tag zwanzig Minuten. Arme, Hals, Kopf, Beine - das sind die gleichen Übungen wie in der Gymnastikstunde, die ich sonst mittwochs habe. Und ich laufe jeden Tag draußen, trotz Schwindel.

Laufen heißt gehen?

Ja. Eine halbe Stunde täglich. Länger geht nicht, weil ich Beinschmerzen habe - ein Lendenwirbel drückt auf die Nerven der Beine.

Wie stark beeinträchtigt Corona Ihren Alltag?

Wenig. Ich war nicht verheiratet und habe ein Leben lang alles allein planen und entscheiden müssen. Ich komme mit mir allein hervorragend zurecht. Ich habe keine Minute Langeweile. Natürlich fehlt es mir, ins Tanzstudio zu gehen, oder auch ins Kino, in Konzerte, ins Theater und in Opern. Aber ich habe immer etwas zu tun. Ich gehe hier in der Gegend zum Einkaufen, und ich muss jetzt leider öfter zum Arzt. Ich fahre auch noch Auto. Und manchmal habe ich einen Trotteltag, so wie heute.

Einen Trotteltag?

Ja, ich trottele langsam vor mich hin (lacht). Ich habe gerade etliche Schuhe geputzt. Bei mir dauert mittlerweile alles ein bisschen länger. Aber ich nehme mir bewusst Zeit.

Ich habe kürzlich an Sie gedacht, als die Adoptivtochter von Eduard Zimmermann gestorben ist, dem Erfinder der Fernsehsendung Aktenzeichen XY. Sie waren dort als Produktionssekretärin angestellt. Haben Sie mit der Adoptivtochter Sabine, die die Sendung später geleitet hat, auch noch zusammen gearbeitet?

Nein, das war nach meiner Zeit. Aber ich kannte sie. Eine Bekannte hat mich angerufen und wir haben über den Tod von Sabine Zimmermann geredet. Apropos Bekannte: An meinem 94. Geburtstag am 3. März habe ich 65 Anrufe von Freunden, Bekannten und Verwandten erhalten. Ich kenne sehr viele Menschen, von der Gymnastik, von der Sauna und von verschieden Reisen. Ich habe mit vielen persönlichen oder telefonischen Kontakt. Auch der Bürgermeister von Grünwald, Jan Neusiedl, kommt jedes Jahr zu meinem Geburtstag. Wenn Corona es wieder erlaubt, gehen Frau Stauchner und ich wieder freudig zu Frau Engl ins Studio zum Stepp.

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