Zicklein-Essen mit Stavros Kostantinidis:"Wir Griechen können ja gut Geld einsammeln"

Lesezeit: 3 Min.

Anwalt und Chef-Netzwerker Stavros Kostantinidis und seine Frau Saskia Greipl-Kostantinidis mit Ministerpräsident Markus Söder. (Foto: Florian Peljak)

Seit Jahren veranstaltet Stavros Kostantinidis, Münchens umtriebigster Wirtschaftsanwalt, sein traditionelles Weihnachts-Essen. In weniger als einer Stunde spenden die rund 300 prominenten Gäste insgesamt 1,2 Millionen Euro.

Von Thomas Becker

Von wegen griechischer Wein. Pinot Blanc und Merlot von der Rhone gibt es an diesem Abend, aber ohne den Udo-Jürgens-Klassiker ist das traditionelle Weihnachtsessen von Stavros Kostantinidis nur schwer denkbar. Diesmal hat der Chef-Netzwerker stimmkräftige Mitsänger eingeladen: Florian Silbereisen und Andy Borg legen vor, begleitet vom tönenden Bass des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, der zwar nicht jeden Ton trifft, sich dafür aber textsicher zeigt.

Das kann auch der Gastgeber mit dem Lieblingslied seiner Frau Saskia ("Aber Dich gibt's nur einmal für mich") kaum toppen. Zu schade, dass Markus Söder schon weg ist. Der hat's ja nicht so mit dem Wein, bleibt wie immer beim Wasser, aber dass er wie angekündigt Punkt Viertel nach sieben ins proppenvolle Café Reitschule einläuft: Ehrensache. Wenn Stavros ruft, springt selbst der Ministerpräsident.

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Seit 17, 18 Jahren - so genau weiß er das gar nicht mehr - veranstaltet der umtriebigste Wirtschaftsanwalt der Stadt sein Zicklein-Essen, das nunmehr "Weihnachts-Benefiz-Essen" heißt, weil es diesmal Fischteller und Souvlaki-Filet vom bayerischen Strohschwein gibt. "Angefangen hat es mit 30 Leuten im Calypso in Schwabing", erzählt er - heute sind rund 300 Hochkaräter da: Großindustrielle, Aufsichtsräte, Konzernlenker, Banker, Vorstandsvorsitzende, Generalkonsule, Landtagspräsidentinnen, kurz: Menschen mit viel Geld.

Denn darum geht es letztlich an diesem Abend: Spenden für Bedürftige einzusammeln. Zehn Millionen Euro habe er in all den Jahren schon akquiriert, für verschiedenste Projekte. Heuer soll die Tafel profitieren. "Bei den über 960 Tafeln in Deutschland spüren wir die Not in der Krise deutlich", so der Gastgeber, "mitten in unserem reichen Land wissen Menschen nicht mehr, wovon sie Lebensmittel, Heizung, Miete oder Strom bezahlen können. 60 000 Ehrenamtliche helfen aktuell so vielen Menschen wie nie zuvor in der fast 30-jährigen Geschichte der Tafel. Wir dürfen die Armut vor unserer Tür nicht übersehen. Wir Sonnenkinder haben die Pflicht zu helfen."

Wer will schon knausern, wenn er so charmant angebaggert wird?

Und das tun sie dann auch, nachdem die Söder-Rede überstanden ist, deren Selbstlob-Anteil doch eine klitzekleine Spur zu massiv ausfällt, wie auch immer das passieren konnte. Nur gut, dass Edmund Stoiber in Person von Wolfgang Krebs die Stimmung wieder hochzieht, große Fragen stellt ("Wenn in ein Auto der Blitz einschlägt, ist es dann aufgetankt?") und ewige Wahrheiten formuliert: "Weihnachten ist ja das Pfingsten unter den Osterfesten, wenn Sie meinen, was ich verstehe."

Dann ist erstmal Pause, draußen wird geraucht und frisches Brot angeliefert, drinnen die ersten Schnäpse geordert. Ein bissl Mut antrinken kann nicht schaden, denn jeder weiß, was jetzt kommt: Stavros' Marsch durch die Reihen und an die Geldbörsen der Gäste. "Wir Griechen können ja gut Geld einsammeln", sagt er nur halb im Scherz und droht gar mit seiner Krücke, die er nach einer Hüft-OP noch braucht: "Die kommt zum Einsatz, wenn nicht ordentlich gezahlt wird!" Kleiner Spoiler: Alle bleiben heil - und zahlen ordentlich. Wer will schon knausern, wenn er so charmant angebaggert wird: "Keiner macht mich mehr an: Christian Ehrmann. Was macht Joghurt?"

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10 000 macht Joghurt, und schon ist Kostantinidis beim Nächsten: "Die Verleger? Sind pleite. Oder, Wolfram Weimer?" Mei, 5000 sind schon noch drin. Auch der neue Red-Bull-CEO Franz Watzlawick lässt sich nicht lumpen und gibt fünf große Scheine aus der Privatschatulle, genauso viel wie ein gewisser Andreas Scheuer an Tisch zwei, der das allerdings im Namen eines Vereins tut.

Überhaupt fällt auf, dass der Gastgeber der Politprominenz nicht ans Säckel geht. Wahrscheinlich weil die Summen, die die Otto-Beisheim-Stiftung, KDW- und Schwarz-Gruppe oder die BayWa in Person des "paneuropäischen Revolutionsführers", wie Kostantinidis den aus dem Amt scheidenden Klaus-Josef Lutz nennt, so exorbitant sechsstellig sind, dass man mit 3000 oder 5000 Euro arg mittelständisch dasteht.

Sei's drum, in weniger als einer Stunde kommen tatsächlich 1,2 Millionen Euro zusammen, was nicht nur Jochen Brühl, den Vorsitzenden der Tafel Deutschland e.V. beeindruckt. Mit ein paar Sätzen sagt der Sozialarbeiter mehr und Bedeutsameres als alle Borgs und Silbereisens zusammen. Ein Mann habe sich mal nach einer Essensausgabe per Handschlag bedankt, worauf Brühl meinte, daran hätten ja viele mitgeholfen. "Ist mir egal", habe der Bedürftige gesagt, "ich stinke, und Sie sind der einzige Mensch im ganzen Jahr, der mich berührt hat."

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