Home-Office in der Verwaltung:Stadt will jeden sechsten Büroarbeitsplatz streichen

Home-Office in der Verwaltung: Die Stadt will Büroflächen aufgeben, zum Beispiel hier an der Seidlstraße 27.

Die Stadt will Büroflächen aufgeben, zum Beispiel hier an der Seidlstraße 27.

(Foto: Robert Haas)

Auch Behörden machen sich Gedanken über die Arbeitswelten der Zukunft. In München sollen sie 15 Prozent ihrer Schreibtische abbauen, fordert die Politik. Das könnte Millionen Euro an Mietkosten einsparen - doch nicht alle Referate wollen mitziehen.

Von Anna Hoben

Die größte Arbeitgeberin in München ist die Stadt selbst, und die Corona-Pandemie hat auch dort zu einer neuen Arbeitskultur geführt. Viele Beschäftigte arbeiten nun häufig im Home-Office. Die grün-rote Rathauskoalition hat deshalb bereits vor zwei Jahren die Devise ausgegeben, dass die Verwaltung perspektivisch 15 Prozent ihrer Büroarbeitsplätze streichen soll. Fast jeder sechste Schreibtisch soll also wegfallen - auch um teure Mietkosten zu sparen.

Im Herbst 2021 hat der Stadtrat die Referate beauftragt, Vorschläge zu machen, wo Flächen reduziert werden können. Diese hat das für städtische Immobilien zuständige Kommunalreferat nun bewertet, in einer nicht-öffentlichen Vorlage, die an diesem Donnerstag im Stadtratsausschuss vorgestellt wird. Die Vorlage liegt der SZ vor, sie liefert interessante Einblicke in die Arbeitswelt der Zukunft bei der Stadt.

So zeigt sie, dass die Bereitschaft der einzelnen Referate, Büroarbeitsplätze einzusparen, sehr unterschiedlich ist. Manche erfüllen die geforderten 15 Prozent an Einsparung. Andere übertreffen sie, am deutlichsten das IT-Referat, das angibt, 20 bis 30 Prozent der Büroarbeitsplätze reduzieren zu können - hauptsächlich durch "Desk-Sharing", also die geteilte Nutzung von Schreibtischen.

Dann gibt es jene Referate, die vorrechnen, dass bei ihnen eine Einsparung nahezu nicht oder gar nicht möglich sei. Dazu zählen das Kulturreferat mit einer Quote von 4,7 Prozent und das Planungsreferat mit null Prozent. Und schließlich sind da noch jene Behörden, die zwar angeben, wie gewünscht fast jeden sechsten Büroarbeitsplatz zu streichen, bei denen dies aber hauptsächlich auf die Schaffung von neuen Stellen zurückzuführen ist. Dazu gehören das Gesundheitsreferat und das Referat für Klima und Umwelt.

Acht Bürogebäude hat die Stadt bereits aufgegeben, weitere fünf werden folgen. Die genauen Zeitpunkte hängen von den Verhandlungen mit Vermietern ab. Durch den Wegfall von Mietkosten rechnet das Kommunalreferat mit jährlichen Einsparungen in Höhe von fünf Millionen Euro. Weitere 2,5 Millionen Euro wären möglich, wenn noch mehr, teils sehr zentral gelegene Gebäude aufgegeben würden, heißt es in der Vorlage. Auch dann jedoch wäre die Summe weit entfernt von den 50 Millionen Euro, die der einstige Grünen-Fraktionschef Florian Roth Ende 2020 als mögliche jährliche Einsparungen genannt hatte.

Die grün-rote Rathausmehrheit sieht die Vorlage als Diskussionsanstoß. Das Papier zeige, dass die Stadt beginne, neue Arbeitswelten aufzubauen. Indes lasse es noch viele Fragen offen. Die Koalition will deshalb auf Wunsch der Fraktion SPD/Volt den Beschluss vertagen. So müsse das Kommunalreferat etwa mehr Transparenz schaffen hinsichtlich der Frage, wie viele Quadratmeter pro Mitarbeiter genutzt werden - erst dann könne man die einzelnen Referate besser vergleichen. Aus den Aufstellungen in der Vorlage geht dies bislang nicht hervor. Auch könne es nicht sein, dass eine Behörde eine Einsparung von bis zu 30 Prozent melde, während eine andere die geforderten 15 Prozent nur erreiche, weil sie neue Stellen zugesprochen bekomme. Klar sei: Der reservierte Einzelplatz gehöre der Vergangenheit an.

Die Grünen/Rosa Liste weisen indes darauf hin, dass die Bedingungen in den Referaten eben sehr unterschiedlich seien. Behörden mit viel Kundenkontakt eigneten sich etwa weniger für Home-Office. Dass Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) bei den eher unwilligen Referaten nun mit etwas Druck nachhelfen will, unterstützen aber auch die Grünen. Frank schlägt vor, "bei zukünftigen Personalzuschaltungen grundsätzlich nur dann in die konkrete Flächenbedarfsprüfung einzusteigen, sofern die Einsparquote von 15 Prozent erfüllt wurde". Damit würden alle Referate mittel- und langfristig die geforderte Quote erfüllen, so die Kalkulation.

Auch über die Reduzierung von Archiv- und Lagerflächen haben die Referate sich Gedanken gemacht. Langfristig, heißt es da immer wieder, sei das schon umsetzbar, doch noch könnten die Akten nicht digitalisiert werden. So manche Stadträtin mag da an die Reise nach Venlo und Utrecht denken, die die Kommunalpolitiker 2019 unternommen haben, um neue Büroraumkonzepte in Stadtverwaltungen zu besichtigen. Damals staunten sie, wie schnell die niederländischen Städte, freilich deutlich kleiner als München, nicht nur die räumliche Modernisierung umgesetzt hatten, sondern auch die Digitalisierung.

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