Prozess:Tausende Sparkassen-Kunden hoffen auf Nachzahlungen

Prozess: Der Verbraucherzentrale-Bundesverband hat eine Sammelklage beim Obersten Bayerischen Landesgericht eingereicht, mehr als 3100 Kunden der Stadtsparkasse haben sich ihr angeschlossen.

Der Verbraucherzentrale-Bundesverband hat eine Sammelklage beim Obersten Bayerischen Landesgericht eingereicht, mehr als 3100 Kunden der Stadtsparkasse haben sich ihr angeschlossen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Verbraucherschützer haben eine Sammelklage eingereicht. Sie sind überzeugt, dass auf Prämiensparverträge zu wenig Zinsen gezahlt wurden. Nun lässt das Gericht die Erträge neu berechnen.

Von Bernd Kastner

Wer als Kunde der Stadtsparkasse einen Sparvertrag unter dem Titel "Prämiensparen flexibel" abgeschlossen hat, der weiß jetzt, dass dieser Vertrag tatsächlich sehr flexibel ist - in ganz spezieller Weise. Seit Jahren streiten sich Juristen darüber, was der Vertrag, den es so ähnlich bei etlichen Sparkassen gab, eigentlich bedeutet und welche Rechte Sparer einerseits und Banken andererseits haben. Die Bank der Stadt München hat seit den 90er-Jahren sehr viele solcher Verträge abgeschlossen und seit 2019 nach eigenen Angaben mehrere Zehntausend davon gekündigt. Sie wurden ihr in Zeiten niedrigster Zinsen offenbar zu teuer. Durfte sie kündigen? Und überhaupt, wie viel Zinsen muss sie den Sparern zahlen? Sind Ansprüche bereits verjährt?

Der Verbraucherzentrale-Bundesverband hat eine Sammelklage beim Obersten Bayerischen Landesgericht eingereicht, mehr als 3100 Kunden der Stadtsparkasse haben sich ihr angeschlossen. Erreichen wollen die Verbraucherschützer beträchtliche Nachzahlungen für die Sparer. Auf einen durchschnittlichen Betrag von rund 4600 Euro kommt die Verbraucherzentrale, nachdem sie mehrere Hundert Verträge neu berechnet hat. Das wiederum will die Sparkasse nicht akzeptieren, sie hält ihr Agieren für korrekt. Also muss der Zweite Zivilsenat unter Vorsitz von Hartmut Fischer entscheiden, am Freitag traf man sich zur ersten Verhandlung.

Die umstrittenen Sparverträge funktionierten im Groben so: Der Zinssatz sollte variabel sein; zudem gibt es auf den pro Jahr vom Sparer eingezahlten Betrag eine Prämie, sie steigt auf 50 Prozent im 15. Jahr.

Noch gibt es kein Urteil, die Meinung des Gerichts aber wurde bereits deutlich

Eine juristische Entscheidung ist noch fern, ebenso ein möglicher Vergleich. Aber die vorläufige Rechtsmeinung des Gerichts wurde recht deutlich. Während die Verbraucherschützer sagen, dass die Sparkasse die Verträge gar nicht hätte kündigen dürfen, meint das Gericht, dass das schon erlaubt sei. Aber frühestens dann, wenn die Prämie den Höchstwert von 50 Prozent erreicht hat, also im Münchner Fall nach 15 Jahren.

Dass die Klausel für die variablen Zinsen unwirksam ist, darüber streiten Bank und Verbraucherschützer gar nicht mehr. Schließlich hat der Bundesgerichtshof schon 2004 entschieden, dass der Verweis auf die Zinsaushänge in den Filialen intransparent ist und deshalb nichtig. Woran aber orientiert sich dann der Zins? Welchen Referenzzinssatz nimmt man, und wie soll sich der Sparvertrag dazu verhalten?

Darüber und über viele weitere Details wird weiter diskutiert. "Ergänzende Vertragsauslegung" nennen das Juristen. Sie versuchen zu ergründen, was zwei redliche Vertragspartner, also Sparer und Bank, vor vielen Jahren vereinbart hätten, wenn sie damals gewusst hätten, dass die Zinsklauseln im Vertrag nichts taugen.

In einem wichtigen Punkt folgt das Gericht der Meinung der Verbraucherschützer: Verjährt sind mögliche Nachzahlungsansprüche von Sparern nicht. Sebastian Reiling von der Verbraucherzentrale erwartet, dass es zu Neuberechnungen der Verträge und damit zu Nachzahlungen kommen werde. Allein wie hoch diese ausfallen, ist völlig offen. Das Gericht will einen Sachverständigen beauftragen, der schon mal einen Referenzzinssatz benennen soll. Anschließend dürfte der flexible Sparvertrag weiter diskutiert werden.

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