Stadtrat:Die Planung fürs Kunstareal beginnt wieder fast bei null

Der Stadtrat lehnt das neue Verkehrskonzept für das Kunstareal München ab

Die geplanten Radwege im Museumsviertel wären nicht so breit gewesen, wie es das erfolgreiche Bürgerbegehren Radentscheid vorsieht.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die sogenannte "modifizierte Alternative 5", das neue Verkehrskonzept für das Museumsareal, ist vom Stadtrat abgelehnt worden.
  • Ursächlich für diese Rolle rückwärts ist der Radentscheid, den der Stadtrat erst kürzlich als Beschluss übernommen hat und der mit der bestehenden Kunstareal-Planung nicht kompatibel ist.
  • Nun werden wohl abermals mindestens fünf Jahre vergehen, bis ein neues Konzept vorliegt.

Von Heiner Effern

Der Autoverkehr wird das Kunstareal mit seinen weltberühmten Museen auch die kommenden Jahre umtosen wie bisher. Radfahrer und Anwohner müssen auf breitere Wege warten. Der Stadtrat hat das geplante neue Verkehrskonzept für die Maxvorstadt in letzter Minute gestoppt. Dafür fand sich in der Vollversammlung am Mittwoch eine breite Allianz, der sich nur die Bayernpartei verweigerte.

Der Hauptgrund dafür ist der Radentscheid, den der Stadtrat erst kürzlich als Beschluss übernommen hat. Dieser schreibt viel breitere und sicherere Wege vor, als es das eigentlich bereits beschlossene neue Verkehrskonzept für das Museumsviertel vorsieht, die sogenannte "modifizierte Alternative 5". Die entsprechenden Umbauarbeiten hätten eigentlich noch in diesem Monat beginnen sollen. Doch nun sind sie gestoppt und die Planung beginnt wieder fast bei null. Da auch die Bürger wieder miteinbezogen werden sollen, rechnet das Planungsreferat mit einer Verzögerung von etwa fünf Jahren.

Trotzdem ist seine Chefin, Stadtbaurätin Elisabeth Merk, nach eigenem Bekunden "froh" über diesen Beschluss. Er hätte aus ihrer Sicht nur gerne früher kommen dürfen, weil das der Verwaltung einige nun hinfällige Arbeit erspart hätte. Denn der gefundene Kompromiss sei für viele und auch für ihr Haus schon immer "unbefriedigend" gewesen. "Ich freue mich, dass endlich mehr möglich ist", sagte Merk nach dem Stadtratsbeschluss.

Insbesondere sieht sie die Chance, das Kunstareal mit den Pinakotheken, der Sammlung Brandhorst, der Glyptothek und weiteren Museen nicht nur besser zu erschließen, sondern auch zu vernetzen. Dabei denkt sie an eine Achse vom Hauptbahnhof bis in die Maxvorstadt und will auch die Idee eines verkehrsberuhigten Kunstboulevards wieder aufgreifen. Diese gibt es schon länger, sie kam aber nie zur Umsetzung. Möglich wäre ein Boulevard in der Arcisstraße und in der Barer Straße.

Als gemeinsame Marke existiert das Kunstareal seit zehn Jahren, doch in entscheidenden Fragen hinkt München der internationalen Konkurrenz hinterher. Es gibt bislang weder ein einheitliches Ticket noch eine durchdachte und dem Besucher entgegenkommende Verbindung der Häuser. Anders als etwa in Wien gibt es wenig Leben drumherum, die oft großen und grünen Vorplätze liegen meist leblos brach. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass sich Stadt und Freistaat als Eigentümer der Museen sowie deren Chefs bisher nicht auf wegweisende Schritte für ein wirkliches Kunstareal durchringen konnten. Ein neues Verkehrskonzept könnte dafür der Ausgangpunkt sein.

An vorderster Stelle sollen aber erst mal die Radwege stehen. Die Forderungen des erfolgreichen Radentscheids zu übernehmen, sei "für die SPD kein Lippenbekenntnis" gewesen, sagte Stadträtin Bettina Messinger. Deshalb müsse man für das Kunstareal nun ein neues Verkehrskonzept entwerfen, das mit dessen Vorgaben im Einklang stehe. Das ist bei der "modifizierten Alternative 5" nicht der Fall. Diese sah grob vor, dass die Einbahnregelung in der Gabelsberger-, der Theresien- und der Türkenstraße im Bereich des Kunstareals aufgehoben wird. Dort sollte künftig der Verkehr in beide Richtungen rollen. Davon versprach man sich eine geringere Geschwindigkeit der Autos.

Die Radfahrer sollten in der Gabelsberger und in der Theresienstraße Wege bekommen, die teils nur 1,85 Meter breit gewesen wären. Der Radentscheid schreibt aber 2,30 Meter vor, plus einen Sicherheitsabstand von 50 Zentimetern. Diese Vorgaben werden die Planer vor knifflige Fragen stellen, da an vielen Stellen zwei Fahrstreifen plus derart breite Radwege kaum Platz finden werden. Eine mögliche Variante wäre, die Einbahnstraßen beizubehalten, jedoch nur noch mit einer Fahrspur.

Für die nun verworfene Variante war ein aufwendiges Bürgergutachten angefertigt worden

Die CSU machte klar, dass sie weiter um jeden Parkplatz im Kunstareal kämpfen wird. Sie hatte auch die nun gestoppten Pläne schon abgelehnt, weil diese 163 Parkplätze gekostet hätte, wie Evelyne Menges, stellvertretende Fraktionschefin, sagte. Sie habe die Hoffnung, dass vielleicht einige der 163 gestrichenen Stellplätze gerettet würden. "Allein der Glaube fehlt", sagte sie. Doch aus der Hoffnung heraus stimmte auch die CSU für einen Neustart.

Einig sind sich fast alle Stadträte darin, dass man die Bürger wieder in die Planung einbeziehe müsse. Diese warteten schließlich seit Jahrzehnten auf bessere Fuß- und Radwege in ihrem Viertel. Dort sei das Radfahren an manchen Stellen "gemeingefährlich", sagte Grünen-Stadträtin Sabine Krieger. Sie äußerte deshalb den Wunsch, dass es trotzdem nicht allzu lange dauern werde, bis ein Ergebnis vorliege. Für die jetzt verworfene Variante war ein aufwendiges Bürgergutachten erstellt worden. FDP-Stadtrat Jörg Hoffmann hält nichts von einem Schnellschuss, weil die Bürger ordentlich beteiligt werden müssten. "Wir müssen wieder von vorne anfangen", sagte er. "Da können wir nicht so tun, als ob das einfach mal schnell gehen würde."

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