Im Münchner Stadtrat bahnt sich ein bemerkenswerter Transfer an: Der Volt-Vertreter Felix Sproll verlässt die Fraktionsgemeinschaft mit der SPD und will sich den Grünen/Rosa Liste anschließen – „sofern dem rechtlich nichts entgegensteht“, wie es in der Medienmitteilung von Grün-Rosa heißt. Rechtliche Bedenken hat bereits das Rathaus-Direktorium geäußert: Dort hält man es für „äußerst zweifelhaft“, ob die Voraussetzungen für einen Fraktionswechsel gegeben sind. Diese hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zuletzt verschärft. Als problematisch könnte sich erweisen, inwiefern bei Sproll „eine Abkehr von den bisherigen Positionen“ vorliegt und ob sich sein Übertritt auf die Sitzverteilung in Fachausschüssen auswirkt.
Falls Sprolls Wechsel nicht beanstandet wird, würden Grüne, Rosa Liste und Volt mit dann 24 Mitgliedern wieder die größte Fraktion im Stadtrat stellen. Zuletzt waren Grün-Rosa und CSU/Freie Wähler mit je 23 Vertretern gleichauf. Die SPD ist drittstärkste Kraft mit jetzt noch 18 Stadträten und Stadträtinnen, inklusive des Oberbürgermeisters Dieter Reiter. Für die Sozialdemokraten ist Sprolls Weggang der zweite personelle Verlust innerhalb von einer Woche: Erst am 29. April hatte Nikolaus Gradl seinen Austritt aus Fraktion und Partei erklärt; im Stadtrat will er aber bleiben. An der Mehrheit der Rathaus-Koalition ändert sich dadurch nichts.
Ursprünglich wollten die SPD und Sproll die intern seit Längerem vereinbarte Trennung am Montag gemeinsam bekanntgeben. Dass dem die Grünen mit ihrer Mitteilung zuvorkamen, fanden sie in der SPD nicht so toll. „Wenn man eine neue Ehe eingeht, wäre es gut, wenn man sich vorher scheiden lässt“, monierte Fraktionschefin Anne Hübner. Aber so groß war der Groll dann doch nicht. „Wir haben die Zusammenarbeit mit Felix immer sehr geschätzt und schauen gerne darauf zurück“, sagte Hübner. Auch Sproll sprach von einer „vertrauensvollen Zusammenarbeit“, die „bis zuletzt funktioniert“ habe.
Was ihn dann zum Wechsel zu den Grünen bewegt hat, wird in der Medienmitteilung so erklärt, dass er sich dem auch von ihm unterschriebenen Koalitionsvertrag „nach wie vor verpflichtet“ fühle, aber glaube, „gerade im Bereich Verkehrspolitik noch mehr erreichen“ zu können. Gradl hatte seinen SPD-Austritt ebenfalls mit der schleppend vorangetriebenen Verkehrswende begründet.
Die Grünen hießen den 32 Jahre alten Sproll fast überschwänglich willkommen. „Felix und uns eint ein gemeinsames Verständnis davon, wie man ehrlich, verlässlich und sachorientiert Politik machen kann – und zwar mit einem jungen Stil“, wird die Fraktionsvorsitzende Mona Fuchs zitiert. Ihr Co-Chef Sebastian Weisenburger findet, dass Sproll mit seiner Expertise in Sachen Europa, Digitalisierung und Wirtschaftspolitik „sehr gut zu Grün-Rosa“ passe.
Dass Sproll von seiner Partei zum OB-Kandidaten für die Kommunalwahl im März 2026 gekürt wurde und nun mit dem OB-Kandidaten der Grünen Dominik Krause an einem Fraktionstisch sitzt, sehen die Beteiligten nicht als problematisch. In seiner Zeit im Stadtrat habe er eins gelernt, sagt Felix Sproll: „Wenn man zusammenarbeiten will, findet man für alles eine Lösung.“