Politik in München:SPD-Führungsduo kann sich behaupten

Politik in München: Wiedergewählt als Fraktionsvorsitzende: Anne Hübner und Co-Vorsitzender Christian Müller.

Wiedergewählt als Fraktionsvorsitzende: Anne Hübner und Co-Vorsitzender Christian Müller.

Anne Hübner und Christian Müller bleiben Chefs der Fraktion SPD/Volt im Münchner Rathaus. Die alten und neuen Vorsitzenden müssen in der Umwelt- und Verkehrspolitik Akzente setzen - und sich zugleich gegenüber den Grünen profilieren.

Von Heiner Effern und Anna Hoben

Die bisherige Doppelspitze der Fraktion SPD/Volt im Stadtrat kann ihre Arbeit fortsetzen: Die Fraktionsmitglieder haben am Montag Anne Hübner und Christian Müller als Vorsitzende mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt. Von 20 Mitgliedern inklusive Oberbürgermeister Dieter Reiter stimmten 18 für das Führungsduo. Es gab jeweils eine Enthaltung und eine Gegenstimme. Damit zeigen die Sozialdemokraten großes Vertrauen in ihre Spitze und den unbedingten Willen, geschlossen als Juniorpartner in einer Koalition mit den Grünen zu bestehen. Gegenkandidaten gab es keine.

"Ich freue mich, dass wir die Fraktion weiterhin transparent und im Team führen dürfen", sagte Hübner nach der Wahl. Man werde auch künftig "zusammen für die Münchnerinnen und Münchner soziale und gleichzeitig fortschrittliche Politik machen". Müller sagte, das erneute Vertrauen der Fraktion sei "Ansporn, unsere Themen - bezahlbares Wohnen, leistungsfähiger ÖPNV, soziale Sicherheit - noch stärker in den Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit der Koalition zu stellen".

Politik in München: Ebenfalls wiedergewählt: der Co-Vorsitzende Christian Müller.

Ebenfalls wiedergewählt: der Co-Vorsitzende Christian Müller.

(Foto: Florian Peljak)

Die Abstimmung war spannender, als es das Ergebnis nun ausdrückt. Hübner und Müller müssen den Spagat schaffen, in der gerade in der Stadt sehr dominanten Umwelt- und Verkehrspolitik Akzente zu setzen, um Zukunftsfähigkeit zu beweisen. Zugleich müssen sie sich vom Koalitionspartner absetzen, um nicht als dessen verzichtbare Kopie, sondern als Partei mit starkem eigenen Profil wahrgenommen zu werden. Auch nach innen müssen sie bei diesen Themen moderieren, was Reibungspotenzial bietet.

In den ersten beiden Jahren dieser Amtsperiode und dieses Führungsduos hat es deshalb schon auch mal gekracht. Nach außen, als die Fraktionsspitze den Grünen schon mal "blinden Autohass" vorwarf, und auch nach innen, wenn es dem einen Teil der Fraktion nicht ökologisch genug zuging, anderen jedoch viel zu grün zumute war. Immer wieder für Aufsehen nach außen und innen sorgte zudem Fraktionschefin Hübner, die mit ihren zum Teil sehr spontanen Äußerungen in den sozialen Medien nicht nur das sozialdemokratische Profil schärfte, sondern auch mehr oder weniger latente Konflikte mit den Grünen.

Zum Ende der vergangenen Amtsperiode waren die Wahlen des Fraktionsvorstands zu einer Art Scherbengericht geraten, bei dem eine sehr unzufriedene SPD mit ihrem Chef abrechnete. Alexander Reissl setzte sich 2018 erst im zweiten Wahlgang durch, knapp eineinhalb Jahre später floh er zur CSU. Diesmal hingegen gelang es der SPD, alle denkbaren Konflikte im Vorfeld zu entschärfen. Der gerade zum Münchner SPD-Chef gewählte Christian Köning trat zum Beispiel gar nicht erst im Kampf um die Spitze an. Sein parteiintern unterlegener Kontrahent Christian Vorländer erhielt nun als stellvertretender Fraktionschef mit 14 Ja-Stimmen zwar kein sehr gutes Ergebnis, konnte aber sein Gesicht wahren. Ebenfalls als Stellvertreterin bestätigt wurde Kathrin Abele mit 15 Stimmen.

Die Vorsitzenden haben ihren beruflichen Mittelpunkt beide im sozialen Bereich

Die bisherige und neue Fraktionsvorsitzende Anne Hübner, 43, arbeitet als Fachreferentin für Altenpflege bei der Arbeiterwohlfahrt, ist 2014 erstmals in den Stadtrat eingezogen und hat in der Fraktion seitdem einen schnellen Aufstieg hingelegt. Nachdem der ehemalige Fraktionschef Alexander Reissl 2019 ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl zur CSU gewechselt war, wurde Hübner Stellvertreterin unter der Doppelspitze Verena Dietl und Christian Müller. Nach der Wahl 2020 wurde Dietl Dritte Bürgermeisterin, und Hübner rückte an die Fraktionsspitze auf. Co-Fraktionschef Christian Müller, 54, arbeitet als Referent und Fachbereichsleiter für Kindertagesstätten bei der Caritas und sitzt seit 2002 im Stadtrat. Er ist Sprecher im Planungsausschuss und stellvertretender Fachsprecher für Wohnungspolitik.

Julia Schönfeld-Knor bleibt Beisitzerin im Fraktionsvorstand. Als neuer Beisitzer gewählt wurde Nikolaus Gradl, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion. Er ersetzt den bisherigen Beisitzer Christian Köning, der als neuer Münchner SPD-Parteichef dem Fraktionsvorstand als beratendes Mitglied angehören wird. Gradl erhielt mit 20 von 20 Stimmen ein eindrucksvolles Lob für seine bisherige Arbeit. "Ich freue mich auf die Arbeit im Fraktionsvorstand. Jetzt gilt es nicht nur bei der Verkehrswende, sondern auch beim Wohnungsbau und einem sozialen München für alle mit anzupacken", sagte er.

OB Dieter Reiter ist mit seiner Fraktion zufrieden

Oberbürgermeister Dieter Reiter stellte seiner Fraktion zur Vorstandswahl ein gutes Zeugnis aus. Sie habe "sehr gute Arbeit geleistet" und die sozialdemokratischen Themen nach vorne gebracht. Es sei gelungen, "aus vielen neuen und durchaus unterschiedlichen Stadträtinnen und Stadträten ein hoch motiviertes Team zu bilden". Auch in der Krisenbewältigung im Zuge der Corona-Pandemie oder jetzt bei der Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine habe die Fraktion "viele Ideen eingebracht, Augenmaß und Empathie bewiesen und auf populistische Wortmeldungen verzichtet".

Bürgermeisterin Verena Dietl sprach von einem "klaren Signal", das die Vorstandswahl aussende. Man setze auf ein "bewährtes und eingespieltes Team, das in den letzten beiden Jahren klare Kante für ein soziales München gezeigt hat". Besonders begrüße sie Nik Gradl als Neuzugang, der als Verkehrsexperte "bestimmt viele neue Akzente in der Vorstandsarbeit setzen" werde.

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