Süddeutsche Zeitung

Umweltpolitik:Kampf der Klimakrise

Dutzende Maßnahmen sollen die Folgen der globalen Erwärmung zumindest lindern, hat der Stadtrat beschlossen. Zunächst sah sich die zuständige Referentin aber gezwungen, etwas klarzustellen.

Von Anna Hoben

Eine Klimaprüfung für Stadtratsvorlagen, die Berücksichtigung der Auswirkungen aufs Klima bei Bebauungsplanverfahren und die Begrünung von Schulhöfen: Das sind drei Beispiele für Schritte, die die Stadt gehen will, um die Klimakrise abzumildern. Sie befassen sich mit den nicht mehr vermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels und sind enthalten in der Fortschreibung des Klimaanpassungskonzepts, das der Stadtrat am Donnerstag beschlossen hat, zusammen mit Dutzenden Einzelschritten aus vier Handlungsfeldern: Stadtentwicklung, Grünräume und Naturhaushalt; Stadtgrün und Gebäude; Niederschlag und Wasser; Gesundheit.

Der Diskussion ging eine ungewöhnliche Stellungnahme von Klimareferentin Christine Kugler voran: Im Moment freue sich niemand über steigende Energiepreise, sagte sie, "das ist nicht meine Haltung". Das einzige, worüber man sich freuen könne, seien die Maßnahmen, die von der kommunalen bis zur Bundesebene ergriffen würden, um Belastungen von den Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden.

Warum sie sich gezwungen sah, das klarzustellen? Kugler hatte in einer Beschlussvorlage zur Klimaneutralität geschrieben, dass die hohen Preise für Fernwärme und Strom und die daraus resultierende erhebliche Belastung bei den Verbrauchern "den Impuls zu einer deutlich höheren Einsparung von Energie" setzen und "sich positiv auf eine schnellere Dekarbonisierung der Energieerzeugung" auswirken könnten. CSU und FDP im Stadtrat hatten dies als "zynisch und höchst verwerflich" sowie als "eiskalt" bezeichnet.

Die CSU wollte überdies von OB Dieter Reiter (SPD) wissen, ob er die "Freude" der Referentin über die steigenden Energiepreise teile. Dieser hatte mitgeteilt, die Formulierung sei tatsächlich "sehr unglücklich gewählt". Da er "im Gegensatz zu den Fachreferaten sämtliche Auswirkungen auf die Stadtgesellschaft im Blick haben" müsse, sehe er die hohen Energiepreise "in erster Linie als extreme Herausforderung für die Münchnerinnen und Münchner".

Eine extreme Herausforderung ist auch die Klimakrise, zu deren Bekämpfung das beschlossene Konzept beitragen soll. 80 Beschäftigte aus zehn Referaten der Stadtverwaltung waren daran beteiligt. "Wir freuen uns ausdrücklich über die Vorlage", sagte Mona Fuchs, Fraktionsvorsitzende der Grünen. In den vergangenen zwei Jahren seien erste Schritte getan worden, etwa mit der Begrünung von städtischen Gebäuden oder mit Baumpflanzungen. Dies müsse nun in eine gesamtstädtische Strategie münden. Julia Schmitt-Thiel, umweltpolitische Sprecherin der SPD, sagte, das Konzept trage dazu bei, dass die Stadt lebenswerter werde. Man müsse künftig von Anfang an, also bei der Stadtplanung, die Klimaanpassung mitdenken.

"Ein bisschen schneller sollte es schon gehen"

Kritik an dem Papier kam aus der Opposition. Nicola Holtmann (ÖDP) räumte ein, es enthalte zwar ein dickes Maßnahmenbündel. Jedoch fehlten konkrete Fristen, bis wann die Schritte umgesetzt sein sollten. Die Klimaprüfung für Stadtratsvorlagen etwa sei im Juli 2021 beschlossen worden; wann sie eingeführt werde, sei immer noch nicht klar. "Das ärgert uns." Auch ein Hearing zum Thema Schwammstadt lasse auf sich warten.

"Ein bisschen schneller sollte es schon gehen", fand auch Sebastian Schall (CSU). Und Frith Roth (FDP) bemängelte, wie die guten Absichten umgesetzt werden sollten, sei "mehr als kompliziert". So solle beispielsweise Geld für eine Studie ausgegeben werden, die klären solle, wie sich Dachbegrünung und Photovoltaik vertragen. "Viel wichtiger wäre, dass Sie mal ins Machen kommen."

Die Vorlage verlasse bei manchen Themen "nicht das Niveau einer mittelgroßen Kreisstadt", so Roth, zudem bekomme man den Eindruck, in München solle das Rad neu erfunden werden. Er sehe nicht, dass man hier von anderen Städten lerne. "Schauen Sie doch mal nach Tübingen", riet er der Klimareferentin. Die versicherte, ihre Behörde sei sehr wohl im Austausch mit anderen Städten, auch auf europäischer Ebene. "Das ist für uns Standard."

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