Städtebau-Ideen aus Wien:Schwarz-grüner Flirt in Wahlkampfzeiten

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Das Hochhaus HoHo in Wien besteht zu fast drei Vierteln aus Holz - die Fassade allerdings nicht. (Foto: Anna Hoben)
  • Die Stadtratsfraktionen von CSU und Grünen haben gemeinsam ein Antragspaket eingereicht.
  • Die Projekte - mobile Studentenwohnheime, ein Holzhaus in Hybridbauweise und Energiespeicherung in Beton - sollen den Klimaschutz in München verbessern.
  • Offen blieb am Montag, ob mit dieser Initiative das Klima im Rathausbündnis aus SPD und CSU beeinträchtigt wird.

Von Heiner Effern und Anna Hoben

Mobile Studentenwohnheime, ein Holzhaus in Hybridbauweise und Energiespeicherung in Beton: Diese drei Projekte sollen - nach dem Vorbild Wien - künftig auch in München Realität werden. Dazu haben die Stadtratsfraktionen von CSU und Grünen gemeinsam ein Antragspaket eingereicht. Die Projekte sollen im Bereich Bauen und Wohnen den Klimaschutz in München verbessern. Offen blieb am Montag, ob mit dieser Initiative auch das Klima im Rathausbündnis aus SPD und CSU beeinträchtigt wird. In der traditionellen Montagmittagsrunde der beiden Parteien sollen sich die mächtigen Vertreter trotz angespannter Stimmung vorerst Treue geschworen haben. Daran wird das schwarz-grüne Umwelt-Geflirte wohl nichts ändern. Registriert wird so eine Aktion in Wahlkampfzeiten sehr wohl.

Unter den Anträgen stehen nämlich traditionell die Namen der beteiligten Stadträte. In diesem Fall sind nicht etwa Hinterbänkler aufgelistet, sondern unter anderen CSU-Bürgermeister Manuel Pretzl, die grüne OB-Kandidatin Katrin Habenschaden und Grünen-Stadtchef und -Fraktionsvize Dominik Krause. Das wären zweifellos Schlüsselpersonen für ein eventuelles schwarz-grünes Bündnis nach der Kommunalwahl. Im Hintergrund ist gerade bei der CSU zu hören, dass man außer dem Zwist um die Verkehrswende keine wesentlichen Konfliktpunkte mit der Umweltpartei sehe.

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Nach außen hin geben sich CSU und auch Grüne gelassen. "Warum sollen wir, wenn es inhaltliche Übereinstimmungen gibt, nicht zusammenarbeiten", fragt CSU-Bürgermeister Pretzl. "Von der SPD kam gar nichts, da war es schlüssig, das mit der CSU zu machen. Wenn es inhaltlich passt, passt das", sagt Grünen-Stadträtin Sabine Krieger.

Und die SPD? Die Anträge sind das Ergebnis einer Stadtratsreise des Referats für Gesundheit und Umwelt, sie führte im Herbst in die österreichische Hauptstadt. Auch eine Stadträtin der Sozialdemokraten war dabei, sie spielte für CSU und Grüne danach eher keine Rolle mehr. "Wir wurden nicht gefragt", sagt SPD-Fraktionschef Christian Müller. "Wenn die Grünen versuchen wollen, die CSU ökologischer zumachen, sollen sie das versuchen." Im konkreten Fall sei das ohnehin kein Problem, weil die Anträge "nicht wegweisend sein werden". Immer nur plakative Passivhaus-Forderungen zu wiederholen, werde ökologisch nicht viel bringen.

CSU und Grüne glauben das schon, Wien hat ihre Stadträte schon zum zweiten Mal begeistert. Auch das Planungsreferat hatte zuvor eine Reise unternommen und sich in der Stadt inspirieren lassen, die vieles richtig macht, wenn es um Wohnungspolitik und Mieten geht, aber auch um Architektur. In der Seestadt Aspern, einem der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas, ist in den vergangenen Monaten das 84 Meter hohe Holzhaushaus HoHo in den Himmel gewachsen. Künftig werden Büros und ein Hotel in dem Hybridgebäude aus Holz und Beton untergebracht sein.

Grüne und CSU schlagen nun vor, den Neubau des Referats für Gesundheit und Umwelt ebenfalls in Holzhybridbauweise zu errichten - wenn auch weniger hoch als das HoHo. Durch die besondere Bauweise könne das Gebäude neue Standards in der Innenstadt setzen, heißt es in dem Antrag. Der Holzbauanteil ab dem Erdgeschoss liege beim Wiener Vorbild bei 74 Prozent; dadurch könnten 2800 Tonnen CO₂-Äquivalent gegenüber der Ausführung in Stahlbeton eingespart werden können. Zudem finde sich in dem Gebäude ein ausgeklügeltes Energiekonzept.

Nicht weit vom HoHo befindet sich in der Seestadt Aspern ein sogenanntes Pop-Up-Dorm, ein temporäres Studentenwohnheim. Es wurde als Zwischennutzung aufgestellt, weil die dortige U-Bahn-Linie direkt zu den Wiener Universitäten führt. Wenn das Grundstück verkauft ist und dauerhaft bebaut wird, soll das Wohnheim weiterwandern. Bis zu fünfmal kann die Unterkunft in Containerbauweise und mit Passivhausstandard ab- und wieder aufgebaut werden. In München könnten solche Container auch als Werkswohnungen oder Flüchtlingsunterkünfte eingesetzt werden, schlagen CSU und Grüne vor. Bei ihrem dritten Projekt geht es um Tiefensonden zur Wärme- und Kälteversorgung. Dabei wird auch überschüssiger Strom aus Wind- und Solarenergie in Beton gespeichert. Die Verwaltung soll nun mit den städtischen Wohnungsgesellschaften ein solches Pilotprojekt entwickeln.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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