Gerichtsverhandlung:Streit um Münchner Stadtportal steuert auf den BGH zu

Ist das Angebot von muenchen.de zu journalistisch und verstößt damit gegen das Gebot der Staatsferne der Presse? Mit dieser Frage wird sich voraussichtlich der Bundesgerichtshof befassen.

Von Stephan Handel

Der Streit zwischen den Münchner Tageszeitungen und dem Stadtportal muenchen.de geht weiter: Nachdem das Landgericht im November für die Zeitungsverlage entschieden hat, kämpft muenchen.de in der Berufung vor dem Oberlandesgericht um eine andere Entscheidung.

Geklagt haben Süddeutsche Zeitung, Abendzeitung, tz und Merkur sowie die jeweiligen Online-Ableger. Sie sind der Meinung, dass das Angebot von muenchen.de zu journalistisch, zu presseähnlich sei und damit gegen den Artikel 5 des Grundgesetzes verstößt, der nicht nur die Pressefreiheit, sondern auch die Staatsferne der Presse konstituiert. Exemplarisch wird ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2018 herangezogen; damals hatten Zeitungsverleger gegen die Stadt Crailsheim in Baden-Württemberg geklagt, die in ihrem Amtsblatt nicht nur über die Termine der Müllabfuhr und die Stadtratssitzungen berichtete, sondern auch über Vereinsfeste, Fußballspiele und ähnliches. Das geht nicht, fand der BGH: Die Kommune mache so der privaten Presse unzulässige Konkurrenz.

Das Portal muenchen.de sieht die Sache naturgemäß völlig anders. Die Seite sei eben kein Online-Amtsblatt, sondern ein Marketing-Instrument für die Stadt. Deshalb sei es zulässig, neben Nachrichten aus dem Rathaus und etwa zur Wirtschaftsförderung auch solche über Veranstaltungen, zur Freizeitgestaltung oder die Gastronomie-Szene zu präsentieren. Die Seite muenchen.de wird betrieben von der Portal München Betriebs-GmbH & Co. KG, zu der die Stadt zu einem kleineren, die Stadtwerke zum größeren Teil beteiligt sind.

Die Verhandlung vor dem 6. Zivilsenat des OLG dauerte am Donnerstag nur etwas mehr als eine Stunde - davon beanspruchte Konrad Retzer, der Vorsitzende Richter, mit seiner Einführung in den Sach- und Streitstand den meisten Raum. Der Rechtsanwalt von muenchen.de meinte danach, der Großteil der Informationen auf der Seite seien nicht journalistischer Natur, so sei etwa die Seite mit den Kinoterminen eine reine Datensammlung. Und wenn es der Stadt zum Beispiel erlaubt sei, ein Online-Branchenbuch bereitzustellen - warum sollte es dann verboten sein, dieses Branchenbuch in das Stadtportal einzubinden? Dem Anwalt der Kläger ging das alles viel zu weit: "Ist Shopping eine kommunale Angelegenheit? Ist Kino eine kommunale Angelegenheit?"

Richter Retzer ließ leise erkennen, dass er das Ersturteil des Landgerichts wohl grundsätzlich für richtig hält. Allerdings meinte er auch, "dass das ja hier nicht zu Ende sein wird" und kündigte an, die Revision zum BGH zuzulassen: "Dann haben wir in vielleicht zwei Jahren eine höchstrichterliche Entscheidung und wissen, woran wir sind." Die Entscheidung seines Senats will Retzer am 30. September verkünden.

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