Gastronomie am St.-Jakobs-PlatzDas „Nash“ folgt auf das Stadtcafé

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Stühle, der lange Tresen: Vieles bei der Einrichtung will Daniel Gitbud lassen, wie es ist.
Stühle, der lange Tresen: Vieles bei der Einrichtung will Daniel Gitbud lassen, wie es ist. (Foto: Robert Haas)

Daniel Gitbud will dort jüdische Kultur erlebbar machen. Mitte Mai geht es los – zunächst allerdings nur für zwei Jahre.

Von Sarah Maderer

Noch dreht sie sich langsam weiter und erinnert an vergangene Zeiten: die Diskokugel an der Decke des ehemaligen Stadtcafés. Lange wird sie aber nicht mehr funkeln, denn Daniel Gitbud will sie abnehmen. Der 38-Jährige konnte die Ausschreibung der Stadt München für sich entscheiden und ist neuer Betreiber des Cafés im Filmmuseum am Sankt-Jakobs-Platz.

Das Abhängen der Diskokugel wird eine von wenigen Veränderungen sein, die er am Lokal vornehmen will. „Es ist eine große Ehre, wenn man eine Institution wie diese mit neuem Leben füllen darf“, sagt Gitbud im Gespräch mit der SZ zwischen aufgestuhlten Tischen und Kisten voll angebrochener Spirituosen. „Deswegen fände ich es schön, wenn ein bisschen Wiedererkennungswert bliebe.“

Das Abhängen der Diskokugel wird eine der wenigen Veränderungen sein, die Daniel Gitbud am Lokal vornehmen will.
Das Abhängen der Diskokugel wird eine der wenigen Veränderungen sein, die Daniel Gitbud am Lokal vornehmen will. (Foto: Robert Haas)

Die Wände sollen noch um ein paar Poster leichter werden und vielleicht auch einen neuen Anstrich bekommen – das Weinrot des Stadtcafés findet Gitbud zu dunkel. Die Bestuhlung will er aber behalten und auch die langen, schmalen Tresentische, die sich an mehreren Stellen durch den Gastraum schlängeln, werden bleiben. Das hat auch praktische Gründe, denn Gitbud darf vorerst nur zwei Jahre bleiben.

Nachdem der vorherige Pächter Gerhard Knoller im Oktober des vergangenen Jahres Insolvenz anmelden musste und damit das Stadtcafé nach 35 Jahren seine Pforten schloss, prüfte die Stadt, ob die für 2027 geplanten Sanierungsarbeiten vorgezogen werden könnten. Konnten sie nicht, daher die Zwischennutzung. „Es ist alles etwas improvisiert“, sagt Gitbud. „Das ist aber der Charakter des Ladens und entspricht auch meinem Naturell.“

In der Ausschreibung ausdrücklich gewünscht gewesen seien levantinische Speisen und Öffnungszeiten bis 23 Uhr, damit die Besucher des Filmmuseums nach der Vorstellung am Abend noch auf einen Absacker bleiben können. Ob sich der Nachtbetrieb aber wirklich lohnt, müsse man erst austesten, meint Gitbud. Hauptsächlich soll das „Nash“ ein Tagescafé werden, denn mit Kaffee kenne er sich aus. Der gelernte Kameramann hat zuletzt bereits ein Café in der Innenstadt betrieben.

Die Speisekarte und auch die Gerichte selbst entwarf Gitbud nach dem Motto „Klein aber fein“. „Nash“ bedeutet im Jiddischen so viel wie „Snack“ und ist mit dem deutschen Wort naschen verwandt. Zu naschen gibt es zum Beispiel belegte Bagels nach dem Vorbild der Delis in New York.

Dazu kommen Gerichte, die, wie Gitbud sagt, ihn sein Leben lang begleitet hätten: hausgemachter Hummus in verschiedenen Varianten, selbstgebackene Kuchen von seiner Schwester und eine Hühnersuppe nach dem Rezept seiner Oma, die seine Familie nur „jüdisches Penizillin“ nennt. Dabei sollen die Preise „sozialverträglich“ ausfallen, sagt Gitbud. Die Halbe Augustiner Helles werde zum Beispiel auf jeden Fall für unter fünf Euro über den Tresen gehen.

Das Lokal soll zu einem Ort der Begegnung werden

Darüber hinaus ist es dem Wirt ein Anliegen, das „Nash“ zu einem Ort der Begegnung zu machen, an dem jüdisches Leben und jüdische Kultur erlebbar wird. Er ist der Meinung: „Ein modernes und diverses Judentum findet in der Öffentlichkeit nicht statt.“ Deshalb will er in Absprache mit der Stadt, dem Filmmuseum, dem Jüdischen Museum und der jüdischen Buchhandlung am Sankt-Jakobs-Platz ein Kulturprogramm aus Lesungen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Filmvorstellungen und israelischer Live-Musik zusammenstellen.

Auch Kochkurse könne er sich vorstellen, bei denen er beispielsweise zeigt, wie man Hummus selbst macht oder eine Challa (Hefezopf, der an jüdischen Feiertagen und besonders zum Schabbat gereicht wird) bäckt. Hierzu seien alle willkommen, betont Gitbud. „Ich möchte eine kleine Oase schaffen, wo wir uns alle sicher fühlen dürfen.“

Damit das „Nash“ wie geplant Mitte Mai eröffnen kann, sucht Gitbud noch Mitarbeiter (Bewerbungen über www.nashmuc.com). Denn zusätzlich zu den 85 Plätzen drinnen kommen noch zwei Außenflächen dazu: der Innenhof, der bis Ende dieses Jahres genutzt werden kann, und die Freischankfläche auf dem Sankt-Jakobs-Platz, die auch darüber hinaus bis zum Umbau in zwei Jahren bespielt werden darf.

Danach werde die Einrichtung wie bei einem kleinen Flohmarkt verkauft, kündigt Gitbud an; von den Hockern mit dunkelroten Ledersitzen, den Pflanzen und Pop-Art-Postern, bis zum Geschirr und Nippes, der sich über 35 Jahre im Stadtcafé angesammelt hat. Soll aber nicht heißen, dass er kein Interesse daran hätte, nach dem Umbau an selber Stelle mit dem „Nash“ weiterzumachen. Er werde sich jedenfalls erneut auf die Ausschreibung bewerben.

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